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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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Laurelin erstaunlich, ja sogar bedenklich; die Hitze und Strahlkraft der Sonne bringt selbst die Valar zum Staunen, die durch das, was geschehen ist, von Ehrfurcht erfüllt und beunruhigt sind (die Götter wussten, »dass sie etwas Größeres geschaffen hatten, als sie anfangs geahnt hatten«, S. 309); und der Zorn und der Kummer einiger Valar über das brennende Licht der Sonne verstärkte das Gefühl, mit der letzten Frucht von Laurelin sei eine furchtbare und unvorhergesehene Kraft freigesetzt worden. Und dieser Kummer findet sich auch noch im Silmarillion (S. 114), in den Klagen von Lórien und Este nämlich, »Schlaf und Ruhe seien nun von der Erde verbannt und die Sterne verborgen«; doch in unserer Geschichte ist die sengende Kraft der neuen Sonne in eindrucksvollen Bildern wiedergegeben: In den Gärten Lóriens »flirrte die Hitze über den Bäumen«, waren die Nachtigallen verstummt, die Mohnpflanzen und Abendblumen verdorrt.
    In der frühen Geschichte findet sich eine mythische Erklärung für die Mondphasen und die Spuren auf seiner Oberfläche: die Geschichte vom Zerbrechen des verdorrten Astes von Silpion und dem Fall der Mondblüte – eine Geschichte, die zu der im Silmarillion (S. 112f.) in völligem Gegensatz steht. In unserer Geschichte fiel die Frucht zu Boden, als Aule strauchelte, und ihr Gewicht war so groß, dass Tulkas sie nicht allein tragen konnte: Die Bedeutung dieses Vorfalls wird nicht ganz deutlich, doch es scheint, dass Aule, wäre die Frucht nicht geborsten, ihre Beschaffenheit nicht hätte erkennen und das Sonnenschiff nicht hätte ersinnen können.
    Wie weit diese beträchtlichen Unterschiede in den verschiedenen Fassungen auf eine spätere Verdichtung zurückzuführen sein mögen,es bleibt doch eine große Anzahl wirklicher Widersprüche übrig, von denen ich hier nur einige der wichtigeren nennen will. So steigt im Silmarillion der Mond als Erster auf und war »von den beiden neuen Lichtern das ältere, wie Telperion der ältere von den Bäumen gewesen war« (S. 113); während in der frühen Geschichte genau das Gegenteil zutraf. Im Silmarillion (S. 113f.) ist es Varda, welche die Bewegung von Sonne und Mond festlegt und ihren Plan auf Bitten von Lórien und Este ändert; in unserer Geschichte dagegen ist es der Kummer Lóriens über das Sonnenlicht, der zur letzten Blüte Silpions und zur Schaffung des Mondes führt. Die Valar spielen hier überhaupt andere Rollen; dem Tun Vánas und Lóriens wird eine weit größere Bedeutung beigemessen, und ihre Beziehungen zu Sonne und Mond sind von Anfang an tiefer und offenkundiger, als sie es später wurden; im Silmarillion war es Nienna, die die Bäume mit ihren Tränen wässerte (S. 111). Im Silmarillion standen Sonne und Mond Arda näher als die »alten Sterne« (S. 112), doch hier bewegen sie sich in ganz anderen Regionen des Firmaments.
    Ein Element, in dem die spätere Verdichtung deutlich erkennbar wird, ist die ausführliche Beschreibung des Mondes als »Insel aus reinem Glas«, als »schimmernde Insel« mit kleinen Seen von Telimpes Licht, gesäumt von leuchtenden Blumen und mit einer Kristallschale in der Mitte, in welche die Mondblüte gesetzt wurde; nur von hier aus wird der Bezug zu Tilion deutlich, der »die Insel des Mondes lenkte« ( Das Silmarillion, S. 112). Der bejahrte Elb Uole Kúvion (den manche »tatsächlich den Mann im Mond genannt« haben) scheint fast aus einer anderen Konzeption in die Geschichte geraten zu sein; sein Auftauchen ist auf jeden Fall problematisch, da gerade mitgeteilt wurde (S. 313), dass Silmo nicht mit dem Mondschiff fahren konnte, weil er keines der Kinder der Luft war und sich nicht »von seiner Erdhaftigkeit zu befreien« vermochte. – Eine einzelne Überschrift »Uole und Erinti« in dem kleinen Notizbuch lässt zweifellos darauf schließen, dass eine Geschichte über Uole geplant war; vgl. die Erwähnung einer Geschichte von Qorinómi über Urwendi und Erintis Bruder Fionwe (S. 350). Von diesen Geschichten fand sich keine Spur, und sie wurden vermutlich nie geschrieben. In einer weiteren Anmerkung in dem Notizbuch wird Uole Mikúmi (der frühere Name von Uole Kúvion, vgl. S. 321) »König des Mondes« genannt; und in einer dritten wird ein Gedicht »Der Mann im Mond« erwähnt, das von Eriol gesungen werden sollte (»Er sagte, er wolle ein Lied singen von einer Sage unter den Menschen über Uole Mikúmi«). Mein Vater schrieb im März 1915 ein Gedicht über den Mann im Mond, doch hätte

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