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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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Mädchen und Frauen wohnen, und dort wärest du angenehmer und besser aufgehoben.‹ So geschah es denn, dass Níniel bei den Waldläufern 13 wohnen blieb, und nach einer Weile zog sie in das Haus von Bethos, der ein wackerer Mann war und, obgleich damals noch ein Knabe, in der Schlacht der Ungezählten Tränen gekämpft hatte. Von dort konnte er entrinnen, doch sein Weibwar, wie die Geschichte sagt, ein Noldo-Mädchen von großem Liebreiz, und schön waren auch seine Söhne und Töchter, ausgenommen sein ältester Sohn, Tamar Lahmfuß.
    Als nun die Tage verflossen, gewann Turambar Níniel überaus lieb, und das ganze übrige Volk liebte sie wegen ihrer Schönheit und Anmut, doch sie war immer ein wenig traurig und oft im Geist abwesend wie jemand, der etwas an einen falschen Platz gelegt hat, das er rasch wiederfinden will, so dass die Leute sagten: ›Würden doch die Valar den Zauberbann von ihr nehmen, der auf ihr liegt.‹ Gleichwohl war sie die meiste Zeit glücklich bei diesem Volk und im Hause von Bethos, und mit jedem Tag wurde sie schöner, und Tamar Lahmfuß, der wenig Ansehen genoss, liebte sie, obgleich vergeblich.
    Nun kamen Tage, in denen das Leben für Turambar wieder Freude bereitzuhalten schien, und die Bitterkeit der Vergangenheit wurde schwach und entrückt, und neue Liebe zog in sein Herz ein. Da dachte er daran, sein Schicksal für immer von sich abzuschütteln und sein Leben hier in der Waldheimat zu verbringen, umgeben von Kindern, und er wünschte sich Níniel zur Frau. Oft bedrängte er sie nun mit seinem Antrag, doch obgleich er ein tapferer Mann von hohem Ansehen war, vertröstete sie ihn und sagte weder ja noch nein; sie wusste nicht warum, denn ihrem Herzen schien es, dass sie tiefe Liebe für ihn empfand, um ihn bangte, wenn er fort war, und Glück erfuhr, wenn er in ihrer Nähe war.
    Nun war es bei diesem Volke Brauch, dass es einem Führer folgte, und er wurde unter den tapfersten Männern auserwählt, und er bekleidete dieses Amt, bis er es aus eigenem Willen wieder niederlegte, weil er krank oder zu alt geworden war, oder wenn er getötet wurde. Und zu dieser Zeit war Bethos ihr Anführer; doch dieser wurde kurz darauf durch einen unglücklichen Zufall bei einem Überfall erschlagen – denn trotzseines Alters ritt er noch immer hinaus –, und ein neuer Anführer musste gewählt werden. Am Ende bestimmten sie Turambar dazu, denn seine Sippe – sie wussten nämlich, dass er der Sohn Úrins war – stand in Achtung unter diesen tapferen Widersachern Melkos, und außerdem 23 war er durch seine weiten Wanderungen und seinen Umgang mit den Elben ein überaus tatkräftiger und ein für sein Alter sehr kluger Mann geworden.
    Als sie darum die Liebe ihres neuen Anführers zu Níniel sahen und zu wissen glaubten, dass auch sie ihn liebte, fingen die Leute davon zu sprechen an, wie gern sie ihren Herrn vermählt sehen würden und dass es töricht sei, ohne triftigen Grund mit der Heirat zu warten; doch diese Worte kamen Níniel zu Ohren, und schließlich willigte sie ein, Turambars Gattin zu werden, und alle waren froh darüber. Ein prächtiges Fest wurde abgehalten, und es gab Gesang und Fröhlichkeit, und Níniel wurde die Herrin der Waldläufer und wohnte danach in Turambars Haus. Groß war da ihr Glück, obgleich sich zuweilen eine bedrückende Vorahnung in Níniels Herz schlich, doch Turambar jubelte und sagte bei sich: ›Es war gut, dass ich mich Turambar genannt habe, dadurch nämlich habe ich das Unheil, das mich verfolgte, abgestreift.‹ Das Vergangene schob er beiseite und sprach nicht viel zu Níniel von vergangenen Dingen, außer über seinen Vater, seine Mutter und seine Schwester, die er nicht kannte, doch jedes Mal, wenn er davon sprach, wurde Níniel traurig und wusste nicht warum. 24 Jedoch von seiner Flucht aus den Hallen Tinwelints, dem Tode Belegs und seiner Rückkehr nach Hisilóme sagte er nie ein Wort, und der Gedanke an Failivrin lag, fast vergessen, tief verschlossen in seinem Herzen.
    Niemals konnte Níniel ihm etwas über ihr früheres Leben erzählen, und wenn er sie danach fragte, malte sich Qual aufihrem Gesicht, als habe er die Oberfläche dunkler Träume aufgerührt, und zuweilen empfand er darüber Kummer, doch dieser lastete nicht schwer auf ihm.
    So verfließen nun die Tage, und Níniel und Turambar leben in Frieden, doch Tamar Lahmfuß wandert durch die Wälder, die Welt scheint ihm ein böser und bitterer Ort, und er liebte Níniel über die Maßen und

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