Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Melko und die Weberin der Düsternis sie zum Verdorren brachten; und die Gondothlim nannten diese Bäume Glingol und Bansil.
Da stand Turgon, König von Gondolin, angetan mit einem weißen Gewand und einem goldenen Gürtel und einem granatgeschmückten Diadem auf dem Haupt, vor seinen Türen und sprach von der obersten Stufe der Marmortreppe, die zu ihnen hinaufführte: ›Willkommen, o Mann aus dem Lande der Schatten. Wisse! Deine Ankunft war aufgezeichnet in unseren Büchern der Weisheit, und es steht geschrieben, viele große Dinge würden sich in der Stadt der Gondothlim zutragen, wenn du dort einträfest.‹
Da sprach Tuor, und Ulmo legte Kraft in sein Herz und Erhabenheit in seine Stimme: ›Höre, o Vater der Stadt aus Stein, er, der dunkle Musik ersinnt in der Meerestiefe, der die Gedanken von Elben und Menschen lesen kann, hat mir aufgetragen, dir zu sagen, dass die Tage der Befreiung näher rücken. Geflüster ist Ulmo zu Ohren gekommen von eurer Behausung und eurem Berg der Wachsamkeit gegen die Bosheit Melkos, und er ist froh. Aber sein Herz ist voller Grimm, und die Herzen der Valar, die in den Bergen von Valinor wohnen und vom Gipfel des Taniquetil die Welt betrachten, sind erzürnt beim Anblick der Leiden und der Knechtschaft der Noldoli und der Wanderungen der Menschen; denn Melko sperrt sie ein in dem Land der Schatten jenseits der Eisenberge. Darum bin ich im Geheimen hergeführt worden, dir zu gebieten, deine Heere zu sammeln und dich zum Kampf bereitzumachen, denn die Zeit ist reif.‹
Da sagte Turgon: ›Das werde ich nicht tun, mögen dies auch die Worte Ulmos und aller Valar sein. Ich will weder das Leben meines Volkes aufs Spiel setzen gegen die Schrecken der Orks, noch meine Stadt durch das Feuer Melkos in Gefahr bringen.‹ Darauf erwiderte Tuor: ›Nein! Denn wenn du jetzt nicht Großes wagst, dann werden die Orks für immer bleiben und am Ende die meisten Gebirge der Erde besitzen und nicht aufhören, Elben und Menschen zu befeinden, selbst wenn es den Valar künftig gelingt, die Noldoli auf andere Weise zu befreien; doch wenn du nun den Valar vertraust, sei der Kampf auch furchtbar, werden die Orks fallen, und Melkos Macht wird auf ein Nichts schrumpfen!‹
Turgon jedoch erwiderte, er sei der König von Gondolin, und kein Wille könne ihn gegen sein besseres Wissen zwingen, die teuren Mühen langer früherer Zeitalter aufs Spiel zu setzen; doch Tuor sagte, denn dies hatte ihn Ulmo geheißen, der dasZögern Turgons befürchtet hatte: ›Alsdann soll ich dir sagen, dass Männer der Gondothlim sich rasch und heimlich den Sirion hinab zum Meer begeben, sich dort Boote bauen und zurück nach Valinor fahren sollen: Höre! die Pfade dorthin sind vergessen und die Straßen von der Welt verschwunden, und die Meere und Gebirge umgeben es, doch noch immer wohnen dort die Elben auf dem Berg von Kôr, und die Götter sitzen in Valinor, wenngleich auch ihre Heiterkeit gemindert ist aus Kummer und Furcht vor Melko, und sie verbergen ihr Land und weben darum undurchdringlichen Zauber, auf dass kein Unheil zu seinen Gestaden gelange. Doch vielleicht können deine Boten dorthin gelangen und ihre Herzen rühren, dass sie sich im Zorn erheben und Melko zerschmettern und die Eisenhöllen vernichten, die er unter den Bergen der Düsternis erbaut hat.‹
Da sagte Turgon: ›Jedes Jahr, wenn der Winter endete, haben Boten sich rasch und heimlich auf dem Fluss, der Sirion genannt wird, zu den Küsten des Großen Meeres begeben, sich dort Schiffe gebaut, sie von Schwänen oder Möwen ziehen lassen oder von den starken Flügeln des Winds, und sie sind über Sonne und Mond hinaus nach Valinor gefahren; doch die Pfade dorthin sind vergessen und die Straßen von der Welt verschwunden, und die Meere und Gebirge umgeben es, und sie, die dort in Heiterkeit sitzen, bekümmern sich wenig um die Furcht vor Melko und um die Leiden der Welt, sondern verbergen ihr Land und umweben es mit undurchdringlichem Zauber, auf dass nie eine Botschaft des Unheils an ihre Ohren dringe. Nein, allzu viele aus meinem Volk sind ungezählte Jahre hindurch hinausgefahren auf die riesigen Wasser, um nie heimzukehren, sondern sind zugrunde gegangen in den Tiefen oder wandern nun verloren in den Schatten, die keine Pfade kennen; und wenn das nächste Jahr kommt, soll keiner mehrsich zum Meer begeben, sondern lieber wollen wir auf uns selbst bauen und auf unsere Stadt, um Melko abzuwehren; und dabei sind die Valar vormalen nur eine geringe
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