Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
der Aratar, auf neun angewachsen, doch bevor es zu dieser Zahl kam, gab es in der Hierarchie viele Verschiebungen. Die charakteristischen Neigungen Aules und seine besondere Bindung an die Noldoli sollten, so wie sie hier erscheinen, erhalten bleiben, obgleich ihm hier eine »Freude an Sprachen und Schriften« beigelegt wird, die im Silmarillion (S. 48) zwar nicht geleugnet, aber eher als besondere Begabung und Kunstfertigkeit der noldorischen Elben ausgewiesen wird; in den Verschollenen Geschichten (S. 233) heißt es später, Aule selbst habe »mit der Hilfe der Gnomen Alphabete und Schriften erdacht«. Ulmo, den Solosimpi besonders zugetan (den späteren Teleri), zeigt sich hier als jemand, der mehr als Manwe »auf eignen Ruhm [bedacht] oder so besorgt um seine Macht« ist; und er wohnt in Vai. Vai ist aus Ulmonan hervorgegangen, doch handelt es sich nicht um die einfache Ersetzung eines Namens durch einen anderen: Ulmonan war der Name von Ulmos Hallen, die sich in Vai befanden, dem Äußeren Ozean. Die Bedeutung Vais als wichtiges Element der ursprünglichen Kosmologie wird im nächsten Kapitel deutlich werden.
Auch andere göttliche Wesen erscheinen: Fionwe-Úrion und Erinti, die Sprösslinge Manwes und Vardas. Erinti wurde später Ilmare, »Vardas Zofe« (Das Silmarillion, S. 37), doch nie wird Näheres über sie erzählt (vgl. S. 327). Fionwe, dessen Name viel später zu Eonwe umgebildet wurde, blieb erhalten und wurde Manwes Herold, als die Vorstellung von den »Kindern der Valar« aufgegeben wurde. Es tauchen göttliche Wesen auf, die Ulmo untergeordnet waren: Salmar, Osse und Ónen (später Uinen); obgleich sie alle im Kreis der Götter verblieben, dauerte es noch viele Jahre, bis die Maiar eingeführt wurden, und Osse wurde lange den Valar zugerechnet. Die Valar werden hier als »Götter« bezeichnet (auf Eriols Frage »Sind sie Götter?« gibt Lindo in der Tat eine bejahende Antwort; S. 86), und dies wurde lange beibehalten, während die Mythologie weiterentwickelt wurde.
An dieser Stelle wird ausdrücklich festgestellt, dass die Elben in ihren Kindern wiedergeboren werden und dass Elben und Menschen verschiedene Schicksale haben. In diesem Zusammenhang sei auf folgenden merkwürdigen Sachverhalt hingewiesen. Ziemlich am Anfang heißt es: »… obgleich es heißt, dass eine weit gewaltigere Musik, ersonnen von den Chören der Ainur und der Söhne der Menschen, sich nach dem Großen Ende zu Füßen Ilúvatars erheben wird«; der Schlusssatz lautet: »Während jedoch die Söhne der Menschen nach dem Hinschwinden der Dinge gewisslich in die Zweite Musik der Ainur aufgenommen werden, hat Ilúvatar nicht enthüllt, was er den Eldar nach dem Ende der Welt für ein Schicksal bestimmt hat; nicht einmal die Valar wissen es, und Melko hat es nicht herausgefunden.« In der ersten Revision der Ainulindale (aus den 30er Jahren) ist der erste dieser Sätze geändert in: »… von den Chören der Ainur und der Kinder Ilúvatars nach dem Ende der Tage«; dagegen blieb der zweite Satz im Wesentlichen unverändert, und dies bis zur letzten Fassung. Es ist möglich, dass die Veränderung im ersten Satz ohne besondere Absicht erfolgte, sondern lediglich die Einführung einer anderen gebräuchlichen Bezeichnung war, und dass dies nachträglich nie wieder aufgegriffen wurde. Dennoch habe ich beide Passagen im veröffentlichten Werk in dieser Form belassen (Das Silmarillion, S. 21, 51).
III. DIE ANKUNFT DER VALAR UND DIE GRÜNDUNG VALINORS
W ie ich bereits bemerkte, ist diese Geschichte bruchlos mit der Musik der Ainur verbunden; sie trägt im Manuskript keinen Titel. Die Geschichte ist auf drei Textbücher verteilt; auf dem Umschlag des Heftes, in dem sich der Teil befindet, welcher auf Die Musik der Ainur folgt, heißt es: »enthält auch die Ankunft der Valar und den Anfang von der Gründung Valinors«. Der Text ist mit Tinte über ein ausradiertes Bleistiftmanuskript geschrieben.
Als dann Rúmil ans Ende seiner Erzählung gelangt und verstummt war, sagte Eriol nach einer Weile: »Voll Größe ist diese Geschichte, und sehr neu und sonderbar klingt sie an mein Ohr, doch es scheint, das meiste, wovon du bis jetzt berichtet hast, hat sich außerhalb der Welt ereignet; und wenn ich nun auch weiß, wie sie ins Leben trat und ihren Gang nahm, und den letzten Grund ihrer Geschichte kenne, so möchte ich doch noch manches über die Ereignisse hören, die sich in früher Zeit in ihren Grenzen zutrugen: Ich möchte etwas
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