Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
steht der Turm der Perle, in späteren Tagen erbaut und in Liedern viel besungen; die Dämmerinseln jedoch werden zu den Äußeren Landen gerechnet, wozu noch Arvalin und Valinor gezählt werden, und Tol Eressea gehört weder zu den Äußeren Landen noch zu den Großen Landen, wo später Menschen umherschweiften. Doch das allerfernste Gestade dieser Schattenmeere ist Arvalin oder Erumáni im tiefen Süden, doch weiter nördlich bespülen sie gar die Küsten von Arvalin, und hier sind sie breiter für den, der sie nach Westen befährt. Hinter Arvalin ragen die ungeheuren Gebirge Valinors empor, die sich in einem großen Ring allmählich nach Westen krümmen, doch die Schattenmeere bilden im Norden Arvalins eine weite Bucht, die sich unmittelbar bis an die schwarzen Sockel der Berge erstreckt, so dass diese hier ins Meer und nicht ins Land auslaufen; und dort, im Innersten der Bucht, steht Taniquetil, prächtig anzuschauen, höchster aller Berge, bedeckt mit reinstem Schnee, halb nach Süden über Arvalin, halb nach Norden über diese gewaltige Feenbucht blickend, und so bis über die Schattenmeere hinaus, ja so weit, dass alle Segel auf den sonnenhellen Wassern des Großen Meeres und all das Gewimmel in den westlichen Häfen der Länder der Menschen in späteren Tagen (als die Götter jene Lampe geschaffen hatten) von seinem Gipfel zu sehen waren; und doch ist diese Entfernung nur in ungezählten Wegstunden zu messen.
Nun aber kommt diese sonderbare Flotte in die Nähe dieser Regionen, und scharfe Augen halten Ausschau. Dort steht Taniquetil, und auf einer Seite ist er purpurn und dunkel von der Düsternis Arvalins und der Schattenmeere und auf der anderen durch das Licht der Bäume von Valinor prachtvoll erleuchtet. Wo nun die Wasser an diese alten Gestade schlugen, wurden ihre Wogen, lange bevor sie sich brachen, plötzlich von Laurelin erleuchtet, wenn es Tag war, und von Silpion bei Nacht, und die Schatten der Welt verschwanden fast auf der Stelle, und die Wellen strahlten. Doch eine Öffnung in den Bergen an diesen Küsten erlaubte einen raschen Blick auf Valinor, und dort stand der Hügel von Kôr, und der weiße Sand lief ihm entgegen den Meeresarm hinauf, doch seine Füße umspült grünes Wasser, und dahinter setzt sich der goldene Sand fort, weiter als das Auge reicht; und in Wirklichkeit breiten sich hier die dunklen Wasser der Äußeren Meere aus, die nur Ulmo erblickt hat, noch über Valinor hinaus: Gezeitenlos sind sie und sehr kühl und so dünnflüssig, dass keine Boote auf ihnen fahren und wenige Fische ihre Tiefen durchschwimmen können.
Doch nun herrscht auf dem Hügel von Kôr ein Gerenne und fröhliches Gedränge, und alle Teleri und Noldoli strömen aus den Toren und warten darauf, die Flotte bei ihrer Ankunft am Ufer willkommen zu heißen. Und nun verlassen die Schiffe die Schatten, tauchen ein in das helle Licht über der inneren Bucht, und nun werden sie hoch auf den Strand gesetzt, und die Solosimpi tanzen und flöten, und der Gesang der Teleri und die zaghafte Musik der Noldoli mischen sich darein.
Weit hinten lag Tol Eressea im Schweigen, und seine Wälder und Küsten waren stumm, denn fast die ganze Schar der Seevögel war den Eldar nachgeflogen und schrie nun über den Küsten von Eldamar: Osse jedoch war verzagt, und seine Silberhallen in Valmar standen lange leer, denn er näherte sichihnen nur bis zum Rande der Schatten, wohin aus weiter Ferne das Schreien seiner Seevögel drang.
Nun hielten sich die Solosimpi nicht oft in Kôr auf, sondern hatten sonderbare Behausungen zwischen den Uferfelsen, und Ulmo kam und saß bei ihnen wie einst in Tol Eressea, und dies war die Zeit seiner größten Heiterkeit und Milde, und all seine Kunde und Liebe zur Musik ließ er in sie einströmen, und sie nahmen sie begierig auf. Sie ersannen Musik, woben Gespinste einschmeichelnder Klänge, geflüstert von den Wassern in den Höhlen oder den Spitzen der Wellen, die von sanften Winden gestreift wurden; und diese verknüpften sie mit den klagenden Schreien der Möwen und dem Widerhall ihrer eigenen lieblichen Stimmen an den Orten ihrer Heimstatt. Die Teleri und Inwir jedoch gewannen Kenntnis von Dichtkunst und Gesang und weilten am häufigsten unter den Göttern, tanzten zum Entzücken Vardas, der Herrin der Sterne, in den himmlischen Hallen Manwes, oder sie erfüllten die Straßen und Höfe Valmars mit der eigentümlichen Schönheit ihrer Umzüge und Feste; sie tanzten für Orome und Nessa auf dem
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