Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
von Silpion, und nur einen einzigenwinzigen Tropfen des Lichts von Laurelin ließ er hineinfallen; und all dieses magische Licht fing er in einem so vollkommenen gläsernen Körper ein, wie nur er ihn herstellen konnte und selbst Aule es nicht vermochte; und mit der kunstsinnigen Geschicklichkeit seiner Hände schuf Feanor einen Edelstein – und dieser leuchtete in der tiefsten Dunkelheit … 10 aus sich selbst; und er stellte ihn ins Dunkel und saß sehr lange Zeit davor und bestaunte seine Schönheit. Darauf schuf er zwei weitere, bevor ihm der Stoff ausging; und er holte die anderen Noldoli herbei, sein Werk anzuschauen, und sie waren aufs äußerste verwundert; und diese Edelsteine nannte er Silmarilli oder, wie wir heute in der Sprache der Noldoli sagen, Silubrilthin. 11 Wenngleich die Solosimpi immer glaubten, dass keine der Gemmen der Noldoli, nicht einmal der prachtvolle Glanz von Diamanten, ihre edlen Perlen übertraf, gestanden doch alle zu, die sie je sahen, dass die Silmaril Feanors die schönsten Edelsteine seien, die jemals ihren Glanz verbreiteten.
Nun erstrahlt Kôr in der Pracht seiner Edelsteine und leuchtet höchst wunderbar, und die Schönheit des Geschlechtes der Eldalie wird durch die Freigebigkeit der Noldoli noch vermehrt und das Verlangen der Götter nach der Schönheit der Steine zur Gänze befriedigt. Manwe erhielt Saphire von wundersamer Pracht, und sein Gewand war damit überzogen; Orome hatte einen Gürtel aus Smaragden, Yavanna hingegen liebte alle Steine, und Aule fand seine Freude an Diamanten und Amethysten. Einzig Melko erhielt keinen der Steine, denn er hatte seine zahlreichen Untaten nicht gebüßt, und er gierte außerordentlich nach ihnen, doch sagte er nichts und tat so, als hielte er sie für weniger wertvoll als die Metalle.
Nun aber hat das ganze Geschlecht der Eldalie seine größte Wonne gefunden, und die Würde und der Ruhm der Götterund ihrer Heimstatt haben sich zum größten Glanz gesteigert, den die Welt gesehen hat, und die Bäume bescheinen Valinor, und Valinor wirft ihr Licht in einem Funkenregen gleißender Farben zurück; doch die Großen Lande waren stumm und dunkel und sehr öde; und Osse saß außerhalb der Grenzen und sah den Mondglanz Silpions in den zahllosen Diamanten und Kristallen flimmern, welche die Gnomen verschwenderisch an den Rand der Meere warfen, und die Glasstückchen, die bei ihrer Arbeit absplitterten, glitzerten an der Seeseite von Kôr; aber die Lachen inmitten der dunklen Felsen waren mit Edelsteinen angefüllt, und die Solosimpi, deren Gewänder mit Perlen besetzt waren, umtanzten sie; und diese war die schönste aller Meeresküsten, und die Musik der Wasser an diesen Silbergestaden war berückender als jeder andere Klang.
Dies waren die Felsen von Eldamar, und vor langer Zeit habe ich sie gesehen, denn Inwe war der Vater meines Großvaters; 12 und er war der älteste der Elben und hätte sein Leben in Würde vollendet, wäre er nicht bei jenem Auszug in die Welt zugrunde gegangen, doch Ingil, sein Sohn, kehrte vor langer Zeit nach Valinor zurück und ist bei Manwe. Und auch ich bin mit den Tänzern an den Küsten verwandt und weiß, dass die Dinge, die ich dir erzähle, die Wahrheit sind; und der wunderbare Zauber der Feenbucht ist so mächtig, dass niemand, der ihn erlebt hat, wie er damals war, davon sprechen kann, ohne den Atem anzuhalten und die Stimme zu senken.«
Damit beschloss Meril, die Königin, ihre lange Geschichte, doch Eriol sagte nichts, blickte in die langen Strahlen der tiefstehenden Sonne, die zwischen den Stämmen der Apfelbäume schimmerten, und träumte vom Land der Feen. Schließlich sagte Meril: »Kehre nun heim, denn der Nachmittag ist vergangen, und das Erzählen der Geschichte hat unsere Herzen sehnsuchtsschwer gemacht. Doch übe dich in Geduld undbedenke es wohl, bevor du Gemeinschaft suchst mit dem traurigen Geschlecht der Insel-Elben.«
Doch Eriol erwiderte: »Gleichwohl bewegt es mein Herz, wie es dazu kommen konnte, dass all diese Schönheit verging oder die Elben dazu gebracht werden konnten, von Eldamar fortzugehen.« Doch Meril sagte: »Nein, die Liebe zu jenen Zeiten hat mich die Geschichte über Gebühr verlängern lassen, und viele große Dinge liegen zwischen der Erschaffung der Edelsteine und der Rückkehr nach Tol Eressea: Doch darüber wissen viele andere ebenso gut Bescheid wie ich, und Lindo oder Rúmil aus Mar Vanwa Tyaliéva würden die Geschichte kunstreicher erzählen als ich.« Damit
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