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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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wenigsten erwartete. In diesem Fall war der eklige, nach Hund stinkende Trank Michaels erste Wahl.
    Oder war das zu offensichtlich? Hatte der Knochenmann nicht annehmen müssen, dass ein Besucher automatisch die auf den ersten Blick unwahrscheinlichste Lösung für die richtige halten würde? Wäre es nicht viel raffinierter, wenn die Flüssigkeit, die am wenigsten gefährlich wirkte, auch tatsächlich ungefährlich war? In diesem Fall würde Michael sich für die Rubinglasflasche und die nach Limonade riechende Flüssigkeit entscheiden.
    Aber dann blieb immer noch der kleine Metallflakon übrig. Der nach gar nichts roch. Wie passte er in die Gleichung? Und wenn er es recht bedachte: Mussten nicht auch die Gefäße selbst in Betracht gezogen werden? – Ein Tonkrug, eine Glasflasche, ein Metallflakon. Was bedeutete das? Oder lag des Rätsels Lösung in der Anordnung der Gefäße auf dem Tisch?
    Gib’s zu, sagte Michael sich, du hast keine Ahnung, welches Gesöff das richtige ist.
    Ganz leise murmelte er: »Ene, mene, muh …« Dann verstummte er peinlich berührt.
    Triff die Wahl , befahl er sich stumm. Du musst nur eine Wahl treffen. Jetzt mach schon!
    Er zog den Korken aus dem Tonkrug und kippte ihn so, dass die Öffnung nach unten in den Kelch zeigte. Seine Hände zitterten und er musste den Krug mit dem Körper stützen. Langsam, fast widerwillig, rutschte stinkender, grüngelber Schleim in den Kelch. Michael starrte hinein. Wie sollte er das trinken? Dafür brauchte er einen Löffel. Oder eine Gabel.
    Als Michael den Kelch an die Lippen hob, musste er sich die Nase zuhalten, um nicht zu würgen. Er sah, wie der Schleim schmatzend auf seinen Mund zukroch. Ihm war klar, dass er eine Dummheit beging. Wenn er mehr Zeit hätte, könnte er die Lösung finden. Er war nur froh, dass Kate ihn nicht sehen konnte, oder Dr. Pym oder sein Vater oder G. G. Greanleaf, der Verfasser von Alles über Zwerge …
    Abrupt setzte Michael den Kelch ab. Der grüngelbe Schleim war nur noch eine Haaresbreite von seinen Lippen entfernt gewesen.
    Michael zog das Handbuch für Zwerge aus seiner Tasche. Er wusste genau, in welchem Kapitel er suchen musste, und schlug das Buch auf. Dann las er: Rätsel sind seit jeher Bestandteil einer magischen Quest, und es muss niemanden verwundern, dass Zwerge darin wahre Meister sind.
    Michael fühlte, wie sich Erleichterung in ihm breitmachte. Der gute alte G. G. Greanleaf!
    Der Schlüssel für des Rätsels Lösung ist der Erschaffer des Rätsels selbst. Man muss sich in ihn hineinversetzen. Was bezweckte er mit dem Rätsel? Wer soll es lösen? Wer nicht? Es ist von großer Bedeutung, sich genau an die Anweisungen zu halten – sie wurden nicht ohne Grund geschrieben. Und wenn gar nichts hilft, sollte man das Rätsel einfach mit der Axt zertrümmern. Das ist manchmal sehr hilfreich.
    Michael klappte das Handbuch zu und betrachtete das Skelett. Der Mann war einer der letzten Wächter der Chronik gewesen. Er hatte das Buch beschützen wollen. Daher hatte er gewollt, dass die meisten Leute den Test nicht bestehen. Aber wenn jemand einfach nach einem der drei Gefäße greifen würde, hätte er immer noch eine 1:3-Chance, den richtigen Trank zu erwischen. Dieses Risiko war in Michaels Augen zu hoch. Der Wächter hätte nicht gewollt, dass einer von drei Halunken, die hierherkämen und nach der Chronik suchten, Erfolg haben würde. Vielleicht einer von Hundert. Der eine. Der wahre Hüter.
    Michael war sich plötzlich sicher, dass keine der drei Flüssigkeiten die richtige Antwort bereithielt. Wenn er den grüngelben Schleim getrunken hätte, wäre er jetzt tot.
    »Michael!«
    Emmas Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er konnte Fackelschein in dem kleinen Durchschlupf flackern sehen.
    »Was ist? Was ist los?«
    »Du musst da rauskommen!« Sie klang verzweifelt. »Sie kommen! Es sind Dutzende!«
    »Wer? Wovon …?«
    »Kreischer! Ich hab sie gesehen! Beeil dich!«
    »Aber wir wissen immer noch nicht, wo das nächste Buch ist! Ich kann …«
    »Michael«, ließ sich jetzt der Zauberer vernehmen. »Wir finden einen anderen Weg, das Buch aufzuspüren. Komm jetzt zurück. Das ist ein Befehl!«
    Aber Michael hatte sich schon wieder dem Tisch zugewandt. Er hatte das sichere Gefühl, dass sie das Buch nie finden würden, wenn er jetzt kniff. Alles hing von seiner Entscheidung ab. Alles hing von ihm ab. Er klappte das Handbuch für Zwerge noch einmal auf und las den Absatz zum zweiten Mal: Es ist von großer

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