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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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bestimmt auch Kommunist.“
    „Haben Sie denn nichts vom Regime bemerkt?“, fragte Maarten.
    „Nein. Das Einzige, was man merkt, ist, dass die Menschen dort etwas ärmer sind, aber das Gehalt der Professoren ist genauso hoch wie hier, und die wissenschaftlichen Mitarbeiter werden zwar etwas schlechter als bei uns bezahlt, aber immer noch ganz ordentlich. Ich bin noch nie in einem Land gewesen, wo die Intellektuellen eine solche Wertschätzung genießen.“
    „Merkwürdig.“ Er stellte die Schreibmaschine auf seinen Schreibtisch.
    „Warum ist das merkwürdig?“
    „Weil Intellektuelle doch Profiteure sind? Und man sollte meinen, dass das nichts für Kommunisten ist.“
    Die Bemerkung amüsierte Beerta. „Du hast doch merkwürdige Auffassungen.“
    „Was halten die Arbeiter davon?“ Er setzte sich ans Ende des Tisches und sah Beerta an.
    Beerta griff zu einem Stapel Papiere und trug ihn von seiner Seitedes Tisches zum Schreibtisch. „Mit Arbeitern habe ich nicht gesprochen. Außer mit dem Chauffeur meines Autos, und der fand den Unterschied tatsächlich zu groß für einen kommunistischen Staat, aber das war, wie gesagt, ein Chauffeur.“
    „Was verdiente der denn?“
    „Dieser Chauffeur verdiente 4800 Mark pro Jahr, ein Professor verdient 36.000 Mark und der Rector magnificus sogar 180.000 Mark, habe ich mir sagen lassen, aber er ist natürlich ein hohes Parteimitglied, das lässt sich also schon erklären. Aber er hatte Recht, der Unterschied ist ein bisschen groß.“
    „Das meine ich auch.“
    „Aber das ist doch nicht so erstaunlich?“ Er unterbrach den Transport seiner Stapel einen Moment und sah Maarten an. „Es ist doch völlig klar, dass jeder versucht, zu bekommen, was er bekommen kann! Ich finde es nur wichtig, dass es in diesem Fall die Intellektuellen sind, die daraus einen Vorteil schlagen. In Westdeutschland sind es die Kapitalisten, die sind ihnen da auch alle zuwider.“ Sein Gesicht wurde ernst. „Ich habe einen Professor gesprochen, einen sehr gebildeten Mann mit einem tadellosen Ruf, der hat mir gesagt: Was wir den Westdeutschen übelnehmen, ist die Tatsache, dass die alles abgreifen und im Luxus baden, während wir für das büßen müssen, was wir Deutschen verbrochen haben. Du wirst verstehen, dass mich das sehr angesprochen hat.“
    „Aber glauben Sie das?“, fragte Maarten, reichlich irritiert.
    „Natürlich glaube ich das. Warum sollte ich es nicht glauben? Ich würde genauso darüber reden, wenn ich Deutscher wäre.“
    Die Tür ging auf. Fräulein Veldhoven trat ein.
    „Tag, Frau Veldhoven, kommen Sie herein“, sagte Beerta und richtete sich auf. Er nickte.
    Maarten stand auf. „Tag, Fräulein Veldhoven.“ Er gab ihr die Hand.
    „Tag, Herr Koning“, sagte sie. „Tag, Herr Beerta.“ Sie hatte eine etwas gekünstelte Art zu sprechen und ein zartgeschnittenes Gesicht mit einer kleinen, spitzen Nase und war sehr akkurat gekleidet.
    „Wie läuft es in der Frans van Mierisstraat?“, fragte Beerta.
    „Darüber wollte ich gerade mit Ihnen sprechen“, sagte sie rasch, „denn es sieht jetzt doch so aus, dass wir dort recht bald wieder weg müssen.“
    Beerta nickte. „Ich hatte darüber ein Gespräch mit van der Haar. Im Hauptbüro überlegt man, ob man hier im Garten nicht eine Baracke für Sie bauen lässt.“
    „Glauben Sie, dass das die Lösung ist?“, fragte sie besorgt.
    „Dessen bin ich mir sicher“, sagte Beerta mit Nachdruck.
    „Wenn Sie es sagen, wird es natürlich schon so sein“, sagte sie zögernd, „aber bei Baracke denkt man doch sofort wieder an eine zeitlich befristete Unterbringung.“
    „Sie können mir vertrauen.“
    „Davon muss ich dann wohl ausgehen.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr, eine kleine Uhr an einem zarten Handgelenk. „Sie haben noch nicht angefangen. Kann ich noch kurz etwas mit Fräulein Bavelaar besprechen?“
    „Wir fangen in fünf Minuten an“, sagte Beerta und hob einen Stapel vom Tisch. Er drehte sich zu seinem Schreibtisch.
    Fräulein Veldhoven stellte ihre Tasche auf den Tisch und verließ den Raum. Sofort darauf trat Fräulein Haan ein. „Tag, Herr Koning“, sagte sie, ohne Maarten anzusehen. Ihr Blick richtete sich auf Beerta. „Du hast natürlich wieder deinen Spaß gehabt.“ In ihrer Stimme lag ein wenig Sarkasmus.
    Beerta drehte sich um. „Ich habe meinen Spaß gehabt.“
    „Das habe ich mir schon gedacht.“ Sie nahm ihren Platz neben dem Ofen ein.
    Balk kam gehetzt herein. „Und? Spaß gehabt?“ Mit

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