Das Chamäleon-Korps
die Treppen hinaufgestürzt und hielt eine brandneue Pistole in der Hand. Die Rausschmeißer warfen sich auf sie, und Rover hüpfte zu Jolson zurück. „Kommen Sie hier entlang. Ich habe einen netten kleinen Privataufzug. Den haben mir ein paar Jungs von der Zweiten Handelskammer bauen lassen. Vier Schlafplätze und eine eigene Bar.“
Rover half Jolson in den weißen Chirurgiekittel. „He, tut mir wirklich leid, daß Ihnen die Drogenetage nicht gefallen hat“, sagte Rover. „Und unser Völlereipavillon auch nicht.“
„Ich hatte schon gegessen, bevor ich herkam“, sagte Jolson.
Sie befanden sich auf der sechzehnten Etage in einem ruhigen, grauen Korridor. Eine androide Krankenschwester kam um die dunkle Ecke. Der bewußtlose Mann auf dem Rolltisch, den sie vor sich herschob, stöhnte. Der Kittel der Krankenschwester war blutbespritzt.
„Wirklich klasse, wie?“ fragte Rover und knuffte Jolson in die Nierengegend.
Der Patient stöhnte noch ein weiteres Mal, bevor er in einen anderen grauen Korridor geschoben wurde.
„Sieht sehr echt aus“, sagte Jolson.
Rover bedeckte seinen lächelnden Mund mit der weißen Gesichtsmaske. „Wir verwenden echtes Blut. Die Kunden ziehen das vor, wie ich Ihnen ja wohl nicht erst zu sagen brauche.“ Er packte Jolson und zerrte ihn mit sich. „Wo gehen wir zuerst hin, Gil? Heute abend haben wir wirklich Glück, eine echte Operation im Chirurgiesaal, bei der wir zuschauen können. Hat etwas mit einem Magengeschwür zu tun, eine wirklich altertümliche Krankheit. Wir mußten den Patienten und den Arzt aus dem Hinterland von Murdstone herteleportieren lassen. Ziemlich umständliche Angelegenheit.“
„Heute abend“, sagte Jolson, „steht mir der Sinn nicht so nach Chirurgie.“
„Ich bin froh, daß das nicht alle sagen. Wir haben hier in der sechzehnten Etage jeden Abend fünfhundert Besucher, und außerdem ist es nicht so saisonabhängig wie Antigrav-Hockey und Zwergen-Basketball.“
„Fünfhundert Leute zahlen dafür, um bei einer Operation zusehen zu können?“
„Wir haben nicht nur Operationen zu bieten“, erklärte Rover. Er zerrte Jolson durch eine Tür mit der Aufschrift ‚Trakt für unheilbare Krankheiten’. „Hier ist unser neuester Lizenzbetrieb. Ich darf zwar keine Zahlen nennen, aber wir sahnen unwahrscheinlich ab damit.“
Dieser Korridor war in mattem, fahlem Braun gehalten. Durch eine offenstehende Tür war ein Mann zu sehen, der auf einem Steifbett lag. Sein weißer Körper war fast völlig von angeschlossenen Drähten und Kanülen übersät. „Dafür zahlt der auch noch?“
„Klar.“ Rover lachte. „Es ist das alte Spiel, vor unheilbaren Krankheiten zu fliehen. Sie wissen doch, wie schön es ist, eine Krankheit überwunden zu haben. Sie denken, jetzt wären Sie endgültig dran, da kommt man und rettet Sie, zerrt Sie vom Abgrund zurück. Danach fühlen Sie sich besser als je zuvor. Aber man kann nicht geheilt werden, wenn man nicht vorher krank war. Die Leute können sich gegen Bezahlung hier einliefern lassen und bekommen irgendeine altertümliche Krankheit verpaßt, an der sie normalerweise garantiert krepieren würden. Ein paar Stunden leiden sie wie verrückt, das genaue Ausmaß hängt davon ab, wieviel sie bezahlen, dann greifen wir ein und kurieren sie. Danach fühlen sie sich wunderbar. In unserem Barnum-System ist es ja gar nicht mehr so leicht, eine wirklich beängstigende Krankheit zu bekommen, bei der ganzen Arbeit der Universalen Gesundheitsorganisation und so.“
In einiger Entfernung schrie eine Frau kurz auf. „Leidet da gerade jemand?“
„Nein“, sagte Rover, und seine Gesichtsmaske zuckte beim Lachen. „Was Sie gerade
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