Das Comeback
trocknete sie mit einem Papierhandtuch. Dann setzte er seinen rechten Fuß auf den Rand des Waschbeckens, um seinen Schuh zu binden.
»Neue Schuhe«, sagte Edgar. »Die Riemen lösen sich immer am Anfang, nicht wahr?«
Bosch konnte Powers’ Gesicht nicht sehen, weil der Cop seinen Rücken zur Tür gedreht hatte. Aber Powers schaute Edgar an.
»Fuck you, Nigger.«
Edgars Gesicht füllte sich sofort mit Abscheu und Wut, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen. Er schaute zu Bosch hinüber. Ein kurzer Blick, ob Bosch ihn davon abhalten würde, Powers zu schlagen. Mehr Zeit brauchte Powers nicht. Er sprang vom Waschbecken zurück und warf sich auf Edgar, hielt ihn mit seinem Körper gegen die weiß gekachelte Wand gepreßt. Seine gefesselten Hände fuhren hoch, die linke packte Edgar oben am Hemd und die rechte drückte dem verblüfften Detective den Lauf einer kleinen Pistole gegen die Kehle.
Bosch war schon auf halbem Weg zu ihnen, als er die Waffe sah, und Powers rief.
»Zurück, Bosch. Zurück, oder dein Partner stirbt. Willst du das?«
Powers hatte seinen Kopf gedreht, so daß er Bosch ansah. Bosch blieb stehen und hielt seine Hände seitlich hoch.
»Okay«, sagte Powers. »Ich sag dir jetzt, was du machst. Hol deinen Revolver langsam raus und laß ihn in das erste Waschbecken da fallen.«
Bosch machte keine Bewegung.
»Tu’s. Sofort.«
Powers sprach mit verhaltenem Nachdruck, bedacht, nicht zu laut zu sprechen.
Bosch schaute auf die kleine Pistole in Powers’ Hand. Er sah, daß es eine Raven .25 war. Ein Fabrikat, das Streifenpolizisten für den Fall dabei hatten, daß sie vorschnell auf einen unbewaffneten Verdächtigen geschossen hatten, den sie dann im Nachhinein ›bewaffneten‹. Sie war klein und sah wie eine Spielzeugpistole in Powers’ Hand aus, war jedoch tödlich und paßte problemlos in Strümpfe oder Stiefel. Wenn die Hosenbeine heruntergezogen waren, konnte man sie nicht sehen. Bosch begriff, daß Edgar und Rider Powers nicht gründlich durchsucht hatten und daß ein aufgesetzter Schuß aus der Raven Edgar mit Sicherheit töten würde. Es widersprach all seinen Instinkten, seine Waffe abzugeben, aber er sah keine Alternative. Powers war in einer verzweifelten Lage, und Bosch wußte, daß verzweifelte Männer ihre Handlungen nicht voll durchdachten. Sie ließen es darauf ankommen. Sie waren Mörder. Mit zwei Fingern zog er langsam seine Waffe heraus und ließ sie ins Waschbecken fallen.
»Sehr gut, Bosch. Leg dich jetzt unter die Waschbecken auf den Boden.«
Bosch tat, wie ihm geheißen, ohne seinen Blick von Powers abzuwenden, während er sich bewegte.
»Edgar«, sagte Powers. »Jetzt bist du dran. Zieh sie einfach raus und laß sie auf den Boden fallen.«
Edgars Waffe knallte auf die Fliesen.
»Okay, leg dich jetzt zu deinem Partner. Los.«
»Powers, du bist verrückt«, sagte Bosch. »Wo willst du hin? Du kannst nicht einfach weglaufen?«
»Wer redet von weglaufen, Bosch? Nimm deine Handschellen und lege eine Seite um dein linkes Handgelenk.«
Nachdem Bosch es getan hatte, befahl ihm Powers, den anderen Ring der Handschelle hinter den Wasserrohren des Waschbeckens hindurchzureichen. Dann befahl er Edgar, sich den zweiten Ring ums rechte Handgelenk zu legen. Er tat wie ihm geheißen, und Powers lächelte.
»So ist es gut. Das sollte euch für ein paar Minuten aufhalten. Gebt mir eure Schlüssel, beide. Werft sie her.«
Powers nahm Edgars Schlüssel vom Boden, schloß seine Handschellen auf, und begann sich sofort die Handgelenke zu massieren, um die Durchblutung anzuregen. Er lächelte. Aber Bosch fragte sich, ob er sich dessen überhaupt bewußt war.
»Nun, laß mal sehen.«
Er griff ins Waschbecken und holte Boschs Revolver heraus.
»Der ist echt gut, Bosch. Schönes Gewicht und gut ausbalanciert. Besser als meine Waffe. Hast du was dagegen, wenn ich sie mir für ein paar Minuten ausleihe?«
Bosch wußte jetzt, was er vorhatte. Er wollte sich Veronica vornehmen. Bosch dachte an Kiz. Sie saß am Mord-Tisch, mit dem Rücken zum Eingangsschalter. Billets saß in ihrem Büro. Sie würden ihn nicht sehen, bis es zu spät war.
»Sie ist nicht hier, Powers«, sagte er.
»Was? Wer?«
»Veronica. Es war eine List. Wir haben sie noch nicht mal verhaftet.«
Powers schwieg, das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Man sah, wie er sich ernsthaft zu konzentrieren versuchte. Bosch wußte, was er dachte.
»Die Tonbandaufnahme war von einem ihrer Filme. Ich habe es vom Video
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