Das Comeback
aufgenommen. Wenn du zu den Verhörzellen gehst, steckst du in der Sackgasse. Es ist niemand da, und du kannst dort nicht raus.«
Bosch sah wieder, wie sich die Haut auf Powers’ Gesicht spannte. Es begann vor Wut dunkel anzulaufen, doch dann erhellte es sich mit einem Lächeln.
»Das soll ich dir abnehmen? Du hältst dich wohl für ein cleveres Arschloch, Bosch. Vielleicht versuchst du mich jetzt reinzulegen und nicht vorher. Verstehst du mich?«
»Ich sag die Wahrheit. Sie ist nicht da. Wir wollten sie verhaften, nachdem wir deine Aussage hatten. Wir sind vor einer Stunde hochgefahren, aber sie war nicht da. Sie ist gestern weg.«
»Wenn sie noch nicht hier war, wie …«
»Das war keine List. Das Geld und die Fotos waren in deinem Haus. Falls du sie nicht dort versteckt hast, dann war sie es. Sie wollte die ganze Schuld auf dich abwälzen. Warum läßt du nicht die Waffe fallen, und wir fangen wieder von vorne an. Du entschuldigst dich bei Edgar für die Beleidigung und wir vergessen diesen kleinen Vorfall.«
»Ach so, ihr laßt den Fluchtversuch fallen, aber klagt mich weiterhin wegen Mord an.«
»Ich hab dir gesagt, wir werden mit dem Staatsanwalt sprechen. Er wird bald hier sein. Es ist ein Freund von mir. Er wird dich gerecht behandeln. Sie ist diejenige, die wir wirklich wollen.«
»Du verdammtes Arschloch!« explodierte Powers, dann brachte er seine Stimme wieder unter Kontrolle. »Verstehst du nicht, daß ich sie will? Glaubst du, du hast mich geschlagen. Glaubst du, du hast mich gebrochen? Du hast nicht gewonnen, Bosch. Ich hab gesprochen, weil ich sprechen wollte. Ich habe dich gebrochen, nur hast du es nicht gemerkt. Du hast mir vertraut, weil du mich brauchtest. Du hättest mir nie die Handschellen vorne umlegen dürfen.«
Er schwieg einen Moment, um die Wirkung zu erhöhen.
»Nun habe ich eine Verabredung mit der Fotze, die ich auf alle Fälle einhalten werde. Wenn sie nicht hier ist, werde ich sie finden.«
»Sie kann überall sein.«
»Ich auch, Bosch. Und sie wird mich nicht kommen sehen. Ich muß jetzt los.«
Powers nahm den Plastiksack aus dem Abfalleimer und leerte ihn auf dem Boden aus. Er steckte Boschs Waffe hinein und drehte dann die Wasserhähne voll auf. Der Widerhall des herausströmenden Wassers machte einen Höllenlärm in dem gekachelten Raum. Powers hob Edgars Waffe auf und steckte sie ebenfalls in den Sack. Dann wickelte er den Plastiksack mehrmals um die Waffen, so daß sie nicht zu erkennen waren. Die Raven steckte er sich vorne in die Hosentasche, damit sie leicht zu erreichen war. Die Schlüssel für die Handschellen warf er in die Pißbecken und zog dann ab. Ohne sich noch mal nach den auf dem Boden liegenden Männern umzusehen, ging er zur Tür.
»Adios, ihr kleinen Scheißer«, rief er ihnen noch über die Schulter zu. Dann war er weg.
Bosch schaute Edgar an. Niemand würde sie hören, falls sie schreien würden. Es war Sonntag, die Verwaltungsbüros waren leer, und in der Fahndungsabteilung saßen nur Billets und Rider. Ihre Schreie würden über das laute Rauschen des Wasser nicht zu verstehen sein. Billets und Rider würden wahrscheinlich denken, daß die Rufe aus der Ausnüchterungszelle kamen.
Bosch drehte sich um und stemmte sich mit seinen Füßen gegen die Wand. Er ergriff das Abflußrohr, um es mit seinen Füßen als Hebel loszureißen. Aber das Rohr war brennend heiß.
»Scheiße!« schrie er und ließ los. »Er hat den Heißwasserhahn angedreht.«
»Was machen wir? Er entkommt.«
»Deine Arme sind länger. Sieh, ob du hochreichen und das Wasser abdrehen kannst. Es ist zu heiß. Ich kann das Rohr nicht anfassen.«
Obwohl Bosch seinen Arm fast bis zum Ellbogen durch die Rohrkrümmung zwängte, konnte Edgar nur mit Mühe den Wasserhahn erreichen. Er brauchte mehrere Sekunden, bis er das Wasser abdrehen konnte.
»Dreh jetzt das kalte Wasser an«, sagte Bosch. »Damit sich das Rohr abkühlt.«
Es dauerte wieder mehrere Sekunden, aber dann konnte Bosch es wieder versuchen. Er packte des Rohr und drückte sich mit beiden Beinen von der Wand ab. Edgar tat das Gleiche. Mit vereinter Kraft schafften sie es, das Rohr unten vom Waschbecken loszureißen. Wasser ergoß sich über sie, als sie die Handschellen durch die Lücke zogen. Sie standen auf und bewegten sich zum Pissoir, wo Bosch seine Schlüssel im Becken liegen sah. Er nahm sie heraus und fummelte mit ihnen herum, bis sich seine Handschelle öffnete. Er gab Edgar die Schlüssel und rannte durch das
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