Das Comeback
einen zu einem Tatort einladen, lassen die sich nicht lumpen.«
Sie hatten schon alle ihre Aussage gemacht. Sie waren nicht mehr Teil der Ermittlungen, sondern nur noch Zeugen und jetzt Zuschauer.
Der Special Agent, der für den Bezirk Las Vegas zuständig war, war anwesend und leitete die Ermittlungen. Das FBI hatte ein Campingmobil mit vier separaten Vernehmungszimmern gebracht, worin Zeugen der Schießerei vernommen wurden. Die Leichen lagen noch auf dem Asphalt und im Wagen, bedeckt mit gelbem Plastik. Die hellen Farbtupfen machten sich gut auf den Photos der Fernsehhubschrauber, die über ihnen kreisten.
Bosch hatte ein paar Informationen über den Fahndungsstand von Lindell bekommen können. Die Fahrgestellnummer des Cadillacs, in dem sich Powers mindestens vier Stunden lang versteckt gehalten hatte, war vom FBI überprüft worden. Der Wagen gehörte einem Mann aus Palmdale, einer Stadt in der Wüste nordöstlich von Los Angeles, der schon in den Akten als Neo-Nazi geführt wurde, und an den letzten zwei Unabhängigkeitstagen auf seinem Land Versammlungen für Gesinnungsgenossen abgehalten hatte. Er hatte auch versucht, Gelder für den Verteidigungsfond der zwei Männer zu spenden, die angeklagt waren, vor zwei Jahren das Gebäude der Bundesverwaltung in Oklahoma City gesprengt zu haben. Lindell hatte Bosch gesagt, daß man gegen den Mann wegen der Hilfe, die er Powers gegeben hatte, einen Haftbefehl wegen Verschwörung zum Mord ausgestellt hatte. Powers’ Plan war ausgezeichnet gewesen. Der Kofferraum des Cadillacs war mit einem dicken Teppich und mehreren Decken ausgelegt. Die Kette und das Vorhängeschloß konnten von innen geöffnet werden. Und durch die Rostlöcher an den Kotflügeln und in der Kofferraumklappe konnte Powers alles beobachten und schußbereit auf den richtigen Moment warten.
Es hatte sich herausgestellt, daß der Bohrer wirklich Maury Pollack war. Es war ihm eine Freude, mit der Polizei zu kooperieren. Es war ihm besonders eine Freude, nicht unter einer der gelben Plastikplanen zu liegen. Er hatte ausgesagt, daß Joey Marks ihn am Morgen abgeholt habe. Laut Anweisung trug er Handwerkerkleidung und brachte seinen Bohrer mit. Er habe nicht gewußt, was ablief, weil in der Limousine wenig gesprochen wurde. Er habe nur bemerkt, daß die Frau Angst gehabt habe.
In der Bank habe Veronica Aliso eine Kopie des Totenscheins, Tony Alisos Testament und einen Gerichtsbescheid, ausgestellt am letzten Freitag in Las Vegas, der ihr als Alleinerbin Zugang zum Bankschließfach zusprach, vorgelegt. Die Geschäftsführerin der Bank gab ihre Zustimmung, und das Schließfach wurde aufgebohrt, weil Mrs. Aliso sagte, daß sie den Schlüssel ihres Mannes nicht habe finden können.
Laut Pollack gab es ein Problem, als sie das Schließfach aufgebohrt hatten. Es war leer.
»Kannst du das glauben?« fragte Lindell, als er es Bosch erzählte. »Alles für die Katz. Ich hatte gehofft, die zwei Millionen in die Hände zu kriegen. Natürlich hätten wir es mit L. A. geteilt. Fifty-fifty, Bosch.«
»Klar«, sagte Bosch. »Hast du die Unterlagen angesehen? Wann war Tony zum letzten Mal am Schließfach?«
»Das ist auch ein Ding. Erst vorige Woche Freitag. Nur zwölf Stunden, bevor er getötet wurde. Er muß es geleert haben. Wahrscheinlich hatte er eine Vorahnung. Er wußte es, Mann.«
»Vielleicht.«
Bosch dachte an das Streichholzheft vom La Fuentes, das er in Tonys Zimmer im Mirage gefunden hatte. Tony rauchte nicht. Aber Bosch erinnerte sich an die Aschenbecher in dem Haus, wo Layla aufgewachsen war. Wenn Tony sein Schließfach am Freitag geleert und im La Fuentes gegessen hatte, war die einzige Erklärung für Streichhölzer in seinem Hotelzimmer, daß er mit jemandem im Restaurant gewesen war, der sie brauchte.
»Jetzt stellt sich die Frage, wo ist das Geld?« sagte Lindell. »Wir können es beschlagnahmen, wenn wir es finden. Der alte Joey wird es nicht mehr brauchen.«
Lindell schaute zur Limousine hinüber. Die Tür stand noch offen und eines von Marconis Beinen schaute unter dem Plastiktuch hervor. Hellblaue Hosen, ein schwarzer Slipper und eine weiße Socke. Das war alles, was Bosch von Joey Marks sehen konnte.
»Kooperieren die Bankangestellten oder verlangen sie für jeden Scheiß einen Durchsuchungsbefehl?« fragte Bosch.
»Nein, die machen voll mit. Die Geschäftsführerin zittert wie Espenlaub. Man hat nicht jeden Tag ein Massaker vor der Tür.«
»Bitte sie, ihre Unterlagen durchzusehen,
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