Das Comeback
sprechen.«
»Mit mir? Was für einen Grund könnten Sie dafür haben?«
»Würden Sie uns bitte reinlassen? Es ist hier draußen so heiß.«
Sie öffnete die Tür mit einem resignierten Gesichtsausdruck.
»Es ist auch hier drinnen heiß. Ich kann es mir nicht leisten, den Thermostat tiefer als siebenundzwanzig Grad zu stellen.«
Bosch und Rìder traten ein und gingen ins Wohnzimmer. Er stellte Rider vor, und sie nahmen Platz. Diesmal setzte sich Bosch auf die Sofakante. Er erinnerte sich, wie er beim letzten Mal eingesunken war.
»Okay, worum geht es? Warum wollen Sie mit mir sprechen?«
»Ich wollte Sie nach der Mutter Ihrer Enkelin fragen«, sagte Bosch.
Der alten Frau fiel das Kinn herunter, und Rider blickte verwirrt drein.
»Ihre Mutter?« fragte Dorothy. »Ihre Mutter ist lange weg. Sie hatte nicht den Anstand, ihr eigenes Kind aufzuziehen. Die Mutter können Sie vergessen.«
»Wann ist sie gegangen?«
»Vor langer Zeit. Gretchen hat noch in den Windeln gesteckt. Sie schrieb einen kurzen Abschiedsbrief und wünschte mir Glück. Sie ging einfach.«
»Wo ist sie hin?«
»Keine Ahnung. Ich will es auch nicht wissen. Von mir aus kann sie zum Teufel gehen. Sie hat ihr wunderschönes kleines Mädchen verlassen. Sie hatte noch nicht mal den Anstand anzurufen oder sich ein Foto schicken zu lassen.«
»Wieso wissen Sie, daß sie noch lebt?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie schon die ganze Zeit tot. Es ist mir egal.«
Sie war eine schlechte Lügnerin.
»Sie wissen es«, sagte Bosch. »Sie schickt Ihnen Geld, nicht wahr?«
Die Frau schaute lange mürrisch auf ihre Hände und bestätigte damit seine Vermutung.
»Wie oft?«
»Ein- oder zweimal im Jahr. Es entschädigt bei weitem nicht für das, was sie getan hat.«
Bosch wollte fragen, wieviel genug gewesen wäre, ließ es aber.
»Wie kam das Geld?«
»Mit der Post. In bar. Ich weiß, es kam von Sherman Oaks, California. Das stand auf dem Poststempel. Was hat das alles mit der Gegenwart zu tun?«
»Sagen Sie mir den Namen Ihrer Tochter, Dorothy.«
»Sie war das Kind aus meiner ersten Ehe. Mein Mann hieß Gilroy und das war auch ihr Nachname.«
»Jennifer Gilroy«, sagte Rider und wiederholte Veronica Alisos wahren Namen.
Die alte Frau sah Rider überrascht an, fragte aber nicht, woher sie es wußte.
»Wir nannten sie Jenny«, sagte sie. »Egal … Als sie Gretchen bei mir ließ, war ich wieder verheiratet und hatte einen neuen Namen. Ich gab ihn Gretchen, damit die Kinder in der Schule sie nicht aufziehen würden. Alle Leute glaubten, ich sei ihre Mama, und das war uns recht. Niemand mußte die Wahrheit wissen.«
Bosch nickte. Er hatte die Kette geschlossen. Veronica Aliso war Laylas Mutter. Tony Aliso war von der Mutter zur Tochter gewechselt. Es gab nichts mehr zu fragen oder zu sagen. Er dankte der alten Frau und berührte Rider am Arm, daß sie als erste hinausgehen solle. Auf der obersten Stufe vor der Tür blieb er stehen und drehte sich um. Er wartete, bis Rider ein paar Schritte entfernt war, und sagte dann zu der alten Frau: »Wenn Sie von Layla – ich meine Gretchen – hören sollten, sagen Sie ihr, sie soll nicht nach Hause kommen. Sagen Sie ihr, sie soll so weit wie möglich weggehen.«
Er schüttelte den Kopf.
»Sie sollte nie wieder nach Hause kommen.«
Die alte Frau sagte nichts. Bosch wartete einen Moment und schaute auf die abgetretene Fußmatte. Dann nickte er und ging zum Auto.
Rider saß vorne, und Bosch setzte sich hinter Edgar auf den Rücksitz. Edgar fuhr die Auffahrt rückwärts hinunter. Rider drehte sich um und schaute Bosch an.
»Harry, wie bist du bloß darauf gekommen?«
»Veronicas letzte Worte. Sie sagte, ›Laß meine Tochter laufen.‹ Irgendwie wußte ich es dann. Layla erinnerte mich an jemanden. Ich wußte vorher nur nicht, an wen.«
»Du hast sie nie gesehen.«
»Ich habe ihr Bild gesehen.«
»Was?« sagte Edgar. »Was ist los?«
»Glaubst du, Tony wußte, wer sie war?« fragte Rider, Edgar ignorierend.
»Schwer zu sagen«, erwiderte Bosch. »Falls ja, ist der Mord leichter zu verstehen, leichter hinzunehmen. Vielleicht hat er es Veronica unter die Nase gerieben. Vielleicht hat sie das in Rage gebracht.«
»Und Layla alias Gretchen?«
Edgar schaute verwirrt zwischen ihnen und der Straße hin und her.
»Ich glaube, daß sie es nicht wußte. Andernfalls hätte sie es ihrer Großmutter erzählt. Und die alte Dame wußte nichts davon.«
»Falls er sie nur benutzt hat, um Veronica eins
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