Das Dalai-Lama-Prinzip fuer Kollegen
damit zu tun, dass die Tätigkeiten in diesen Berufen mit zwischenmenschlichen Extremsituationen verbunden sind. Der Umgang mit kranken und gebrechlichen Menschen, mit Kindern, Obdachlosen oder Verbrechern erfordert ein Höchstmaß an Einfühlungsvermögen und Engagement und ist oftmals dadurch gekennzeichnet, dass positives Feedback ausbleibt. Jeder von uns kennt Lehrer und Erzieher, die hoch motiviert in ihr Berufsleben starteten und nach Jahren des Frusts irgendwann resignieren. Das Gleiche gilt für Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte, die in ihrem täglichen Kampf gegen schwere Erkrankungen und den Tod irgendwann ausbrennen.
Ebenfalls stark gefährdet sind Menschen auf höheren Hierarchieebenen. Bei Managern und Führungskräften liegen gleich mehrere Faktoren vor, die einen Burn-out wahrscheinlicher machen: große Verantwortung, hoher Arbeitsaufwand und die permanente Forderung nach mehr Leistung. Nicht selten kommt noch die Belastung durch Aufgaben in der Familie dazu. Viele Menschen in leitenden Funktionen haben Kinder, die am Abend oder am Wochenende ihrerseits hohe Erwartungen an sie stellen. Interessanterweise ist Deutschland eines der Länder mit den meisten vorzeitig geschassten Führungskräften. Und der Druck nimmt weiter zu: Inzwischen gibt es Unternehmen, die ihren Führungskräften sogar Tagesvorgaben für die Erreichung ihrer Ziele machen. Eine Sechstagewoche mit bis zu 16 Arbeitsstunden täglich ist keine Seltenheit.
Menschen, die das Risiko eines Burn-outs tragen, zeichnen sich also häufig durch eine Persönlichkeitsstruktur aus, die im Berufsleben im Allgemeinen sehr vorteilhaft ist. Sie sind ehrgeiziger und verantwortungsbewusster als der Durchschnitt und glänzen durch besondere Verlässlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Diese Eigenschaften können aber unter Umständen schnell ins Negative umschlagen, vor allem dann, wenn auf anderen Gebieten der Persönlichkeit große Defizite vorhanden sind. Dann lassen Einsatzwille und Verantwortungsbewusstsein den betreffenden Menschen in eine Spirale der Überforderung geraten.
Warum Unkenntnis und falsche Selbsteinschätzung in den Burn-out führen
Dreht sich in Ihrem Leben alles nur um Ihren Job? Dann müssen Sie aufpassen! Eine gesunde Struktur des Lebens umfasst viel mehr als nur die Arbeit: eine funktionierende Familie, vertrauensvolle Freundschaften, Sport und intellektuelle Betätigung. Wir können uns nur wohlfühlen, wenn wir unsere unterschiedlichen Bedürfnisse ausleben. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass der Mangel an Freunden und echter Zuwendung in einer Partnerschaft durch Erfolge im Beruf oder finanzielle Anreize kompensiert werden kann. Im Gegenteil: Je stärker Defizite im privaten Bereich über den Beruf kompensiert werden sollen, umso mehr nimmt die Zeit, die für die anderen Bereiche notwendig wäre, ab. Viele Menschen glauben, dass hohes Engagement für ihren Erfolg entscheidend ist. Das ist sicher auch richtig. Aber viele Menschen schießen dabei über das Ziel hinaus. Sie opfern sich sozusagen für eine Tätigkeit auf. Dieses Aufopfern kann von anderen gar nicht angemessen gewürdigt werden. Einsatz und Belohnung dieses Einsatzes müssen logischerweise in einem krassen Missverhältnis stehen. Dies führt am Ende unausweichlich zu Enttäuschung und persönlicher Verunsicherung. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich in ihrem Beruf für unentbehrlich halten. Irgendwann müssen sie feststellen, dass auch sie ersetzbar sind. Die Veränderung der Anforderungen und der Strukturen der Arbeitswelt überholt jeden von uns früher oder später.
All diesen Verhaltensweisen, die den Weg in den Burn-out ebnen, liegt unsere Unkenntnis und eine Fehleinschätzung der Realität zugrunde, die im ersten Kapitel dieses Buches thematisiert wurden. Indem wir unsere eigene Leistungsfähigkeit überschätzen, setzen wir uns selbst unter Druck, eine Leistung abzugeben, die wir vielleicht gar nicht erfüllen können. Diese Unfähigkeit, unseren eigenen Ansprüchen zu genügen und unsere Versprechen zu erfüllen, steigert die Angst zu versagen, vor sich selbst und vor anderen. Unterschätzen wir hingegen unsere Fähigkeiten, untergraben wir damit unsere Motivation, was zu Resignation und Selbstzweifeln führt. Selbst einfachste Tätigkeiten können wir dann kaum noch bewältigen, obwohl wir dazu eigentlich die notwendigen Fähigkeiten besitzen.
Eine realistische Einschätzung der eigenen Person und der Bedeutung in der Welt ist für viele Menschen
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