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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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und dafür sorgen, daß Euer Aldobrandino Euch wiedergegeben werde. Ich hoffe, Ihr sollt vor morgen abend willkommene Neuigkeiten darüber hören. Habe ich indessen, wie ich wohl denke, noch heute gute Nachrichten über seine Rettung, so sollt Ihr mich diese Nacht zu Euch kommen lassen, damit ich sie Euch mit größerer Bequemlichkeit erzähle, als ich es jetzt tun könnte.«
    Darauf bekleidete er sich wieder mit Pilgermantel und Hut, küßte die Dame noch einmal und ging, nachdem er sie mit guten Hoffnungen getröstet hatte, dahin, wo Aldobrandino gefangen saß und mehr der Furcht vor dem bevorstehenden Tode als der Hoffnung auf Rettung nachsann. Tedaldo trat als ein geistlicher Tröster mit Zustimmung der Gefangenenwärter ein, setzte sich neben ihn und sagte: »Aldobrandino, ich bin dein Freund, von Gott, dessen Barmherzigkeit deine Unschuld erweckt hat, gesandt, um dich zu retten, und so sollst du, wenn du mir aus Ehrfurcht vor ihm ein kleines Geschenk gewähren willst, das ich von dir fordern werde, vor morgend abend, wo du dein Todesurteil erwartest, deinen Freispruch hören.« »Wackerer Mann«, erwiderte jener, »weil du um meine Rettung bemüht bist, so mußt du, obgleich ich dich nicht kenne und mich nicht erinnere, dich je gesehen zu haben, mein Freund sein, wie du sagst. In der Tat, die Sünde, wegen welcher ich, wie die Leute sagen, zum Tode verurteilt werden soll, habe ich nie begangen; wohl aber andere genug, um derentwillen Gott mich vielleicht in meine jetzige Lage brachte. Aber ich sage dir: hat Gott jetzt Erbarmen mit mir, so will ich gern aus Ehrfurcht vor ihm Größtes und wieviel mehr Geringes auf mich nehmen, vom Versprechen nicht zu reden. Darum fordere nur, was dir beliebt, und unfehlbar werde ich mein Wort halten, wenn ich glücklich davonkomme.«
    Der Pilger erwiderte darauf: »Ich verlange nichts weiter, als daß du den vier Brüdern des Tedaldo vergeben sollst, weil sie dich in dem Glauben, du seiest an dem Tode ihres Bruders schuld, in eine solche Lage gebracht haben, und daß du sie, wenn sie dich um Verzeihung bitten, als deine Freunde und Brüder behandeln sollst.« Aldobrandino antwortete ihm: »Niemand weiß, wie süß die Rache ist und wie sehnlich man nach ihr verlangt, als wer selbst Beleidigungen erlitten hat. Dessenungeachtet aber will ich, damit Gott meine Rettung bewirkt, ihnen gern vergeben und vergebe ihnen hiermit. Auch will ich, wenn ich erst lebendig aus diesem Gefängnis heraus bin und allen Gefahren entgehe, mich in dieser Sache so benehmen, wie es dir belieben wird.« Diese Antwort genügte dem Pilger, und ohne ihm weitere Auskunft zu geben, bat er den Aldobrandino, guten Mutes zu sein; denn er könne, noch ehe der nächste Tag zu Ende gehe, gewiß sein, die bestimmtesten Nachrichten über seine Befreiung zu erhalten.
    Darauf verließ er ihn, um auf die Signorie zu gehen, wo er insgeheim dem Edelmann, der an diesem Tage die höchste Stelle einnahm, folgendes sagte: »Gnädiger Herr, ein jeder soll mit Freuden dazu beitragen, daß der wahre Hergang einer Sache erkannt werde, vor allem aber sollen es diejenigen, die den Platz einnehmen, auf den Ihr gestellt seid, damit die Strafe nicht die Unschuldigen, sondern die Schuldigen treffe. Damit dies also zu Eurer Ehre und zum Unheil derer geschehe, die es verdient haben, bin ich hierher gekommen. Ihr wißt, wie hart man gegen Aldobrandino Palermini verfahren ist, und Ihr glaubt nun, in Wahrheit gefunden zu haben, daß er den Tedaldo Elisei umgebracht hat, und steht im Begriff, ihn zu verurteilen. Gewiß aber ist Eure Meinung falsch, und ich gedenke den vollständigen Beweis dafür noch vor Mitternacht zu erbringen und Euch die wahren Mörder in die Hände zu liefern.« Der treffliche Mann, der großes Mitleid mit Aldobrandino hatte, lieh den Worten des Pilgers ein williges Ohr, und nachdem er mit ihm genauer über die Sache gesprochen hatte, auch von ihm in jenes Haus geführt worden war, ließ er die beiden Brüder, die Gastwirte waren, und ihre Diener im ersten Schlafe ohne Widerstand gefangensetzen. Er wollte sie foltern lassen, um den wahren Hergang der Sache zu erfahren; aber sie ließen es nicht dazu kommen, sondern bekannten alle einzeln und nachher gemeinschaftlich unverhohlen, sie seien es gewesen, die Tedaldo Elisei, ohne ihn zu kennen, getötet hätten. Als sie um die Ursache gefragt wurden, antworteten sie, weil er die Frau des einen von ihnen, während sie nicht zu Hause gewesen seien, sehr geplagt und mit

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