Das Dekameron
überzeugen, mir den Kopf abschneiden zu lassen, wenn du sie jemals dazu bewegen kannst, dir in dieser Weise irgendwie zu Willen zu sein. Gelingt es dir aber nicht, so verlange ich von dir nichts als eine Buße von tausend Goldgulden.«
Ambrogiuolo, der sich über der Angelegenheit schon erhitzt hatte, erwiderte: »Bernabo, ich weiß nicht, was ich mit deinem Blut anfangen sollte, wenn ich gewänne. Hast du aber Lust, die Probe auf das zu machen, was ich dir gesagt habe, so setze gegen meine tausend Goldgulden fünftausend andere, die dir doch wohl nicht minder wert sein müssen als dein Kopf. Dann will ich nach Genua reisen und, obwohl du mir keine Zeit vorgeschrieben hast, binnen drei Monaten, von dem Tage meiner Abreise aus Paris an gerechnet, bei deiner Frau meinen Willen erreicht haben. Und zum Zeugnis will ich dir Dinge mitbringen, die sie besonders wert hält, und dir so viele Umstände und Beweise mitteilen, daß du selbst an der Wahrheit nicht mehr zweifeln sollst. Dabei bedinge ich mir nur das eine aus: daß du während dieser Zeit weder nach Genua kommst, noch ihr irgend etwas über diese Angelegenheit schreibst.«
Bernabo versicherte, damit völlig zufrieden zu sein, und so sehr die übrigen anwesenden Kaufleute sich bemühten, die Sache zu verhindern, weil sie das große Übel erkannten, das daraus entstehen konnte, so hatten sich jene beiden die Köpfe doch so erhitzt, daß sie sich wider den Willen der ändern in förmlichen, eigenhändig geschriebenen Urkunden einander verpflichteten.
Nachdem diese Verschreibung gemacht war, reiste Ambrogiuolo nach Genua, so schnell er konnte, während Bernabo in Paris zurückblieb. Jener hatte aber kaum einige Tage in Genua zugebracht und sich unter vieler Vorsicht unter der Hand nach dem Namen der Straße und nach den Sitten der Frau erkundigt, als er nicht allein das, was Bernabo ihm gesagt, sondern noch viel mehr Gutes von ihr vernahm und die Fürwitzigkeit seines Unternehmens erkannte. Nichtsdestoweniger schloß er Bekanntschaft mit einem armen Weibe, das häufig in jenes Haus zu kommen pflegte und bei Bernabos Frau besonders wohlgelitten war. Da sich die Alte zu keinem weiteren Dienste verstehen wollte, bestach er sie endlich dahingehend, daß sie ihn in einer Kiste, die er künstlich zu seinen Zwecken eingerichtet, nicht allein in das Haus, sondern in das Schlafzimmer der Frau selbst tragen ließ. Die Alte mußte nämlich vorgeben, sie wolle über Land reisen, und jener die Kiste für einige Tage zum Aufbewahren empfehlen.
Als die Kiste in dem Zimmer stehengeblieben und die Nacht gekommen war, öffnete Ambrogiuolo zu einer Stunde, wo er vermuten konnte, daß die Frau schlief, das Behältnis durch den Druck einiger Federn und betrat leise das Gemach, das von einer Lampe erhellt wurde. Nun betrachtete er die Form des Raumes, die Malereien, welche ihn schmückten, und was sonst darin bezeichnend schien, aufs genaueste und prägte alles seinem Gedächtnis ein. Darauf näherte er sich dem Bett, und da er bemerkte, daß die Frau und das kleine Töchterlein, das neben ihr lag, fest schliefen, deckte er sie völlig auf und sah, daß sie nackt ebenso schön zu nennen war wie bekleidet. Doch wußte er an ihrem Körper kein anderes Zeichen zu entdecken, das er ihrem Gatten anführen konnte, als ein Mal unter der linken Brust, um das ein paar goldgelbe Härchen standen. Sobald er dies gesehen, deckte er sie leise wieder zu, so großes Verlangen sich auch beim Anblick ihres schönen Körpers in ihm regte, sein Leben daran zu wagen und sich zu ihr zu legen. Da er aber gehört hatte, daß sie in solchen Dingen so übermäßig streng und ungefügig sei, wollte er es doch nicht darauf ankommen lassen. So verweilte er den größten Teil der Nacht nach seiner Bequemlichkeit in dem Zimmer, nahm sich aus einem Schreine noch eine Tasche, ein Staatskleid und ein paar Ringe und Gürtel, tat dies alles in seine Kiste und verschloß diese, nachdem er sich selbst hineinbegeben hatte, ganz wie zuvor. Dasselbe wiederholte er in der folgenden Nacht, ohne daß die Frau das mindeste bemerkt hatte.
Am dritten Tage kam das arme Weib nach der getroffenen Verabredung wieder, um ihre Kiste abzuholen, und trug sie dorthin zurück, woher sie diese gebracht hatte. Ambrogiuolo aber stieg sogleich heraus, belohnte das Weib seinem Versprechen gemäß und kehrte mit den genommenen Sachen noch vor Ablauf der bestimmten Frist nach Paris zurück. Hier rief er die Kaufleute zusammen, die bei dem Streit
Weitere Kostenlose Bücher