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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Kommentar, der ihm auf der Zunge lag. Statt dessen instruierte er Ducros, dessen Nietzsche-Kenntnisse gering waren.
    »Wie auch immer – was machen wir?« sagte der Kommissar. Er schien unzufrieden mit der Lage und ratlos.
    Baltasar nahm ihm die Entscheidung, die ausländischen Amateure in ihre Schranken zu weisen, ab, indem er verkündete: »Und selbst wenn Sie jetzt meinen, wir sollten die ganze Sache sausen lassen und uns in den Norden absetzen – nichts da, Genosse Kommissar. Es geht um meinen Freund Bronner, der mich um einen letzten Dienst gebeten hat. Da kann ich aus Gründen der Sentimentalität nicht kneifen. Selbst wenn ich wollte, aber ich will nicht, denn diese ganze Affäre ist dermaßen undurchsichtig und verwurstelt, daß sie mich über alle Maßen interessiert. – Übrigens, was die Skorpione angeht: Haben Sie nicht gesagt, daß dieser Grimaud einen Privatzoo hat?«
    Sie besprachen gewisse Vorsichtsmaßregeln, und Ducros schlug ein improvisierbares Informationsnetz vor, das sich auf Gendarmerie und Telefon erstreckte; dann sammelten Ariane und Baltasar ihre Habseligkeiten, beglichen die Hotelrechnung und brachen gen Nordosten auf. Ohne übertriebene Eile erreichten sie mittags Draguignan. Außerhalb des Orts fanden sie nach kurzem Suchen das von Bronner benutzte Hotel, eine Mischung aus Landgasthaus, Motel und Relais Routier; es lag in einem langgezogenen Tal, dessen Hänge bald in
maquis
übergingen. Das Hotel, bestehend aus einem Hauptgebäude, einer Dépendance und mehreren Schuppen, Garagen und Lagerhäuschen oder Ställen, schien noch vom Ende des 19. Jahrhunderts zu stammen. Um den Platz vor dem Restaurant standen Platanen; hinter dem Hauptgebäude fiel eine Weide, auf der drei Ponys ästen, zu einem unbegradigten Bach ab, der sich von Norden kommend zu Füßen des Osthangs vorwärts quälte.
    Baltasar und Ariane nahmen ein leichtes Mittagsmahl zu sich. Matzbach verschob die Befragung des Hotelpersonals nach Bronners Aufenthalt und Umtrieben auf den Abend. Am Fuße ihrer Kaffeetassen beschlossen sie, das Essen sei ausreichend gut, um ein Zimmer riskieren zu können, und schafften ihr Gepäck hinauf. Sie hatten auf Baltasars ausdrücklichen Wunsch ein Zimmer ohne Balkon erhalten, das auf die Straße hinausblickte.
    »Mit Balkon und Blick auf Bach wäre schöner; aber ohne Balkon und von vorn ist das Einsteigen böser Menschen von außen schwieriger. Und siehe da, welch ein Glück, man hat hier in diesem Jahrhundert schon mal die Türen renoviert.«
    Der Zimmertrakt war modern, die Wände vor nicht mehr als zwei Jahren tapeziert worden, Fenster- und Türrahmen hatte man zur gleichen Zeit erneuert, die Türen waren dick und schalldämmend, und sie verfügten über Sicherheitsschlösser.
    Die Straße nach Lacaze war nicht leicht zu finden. Sie begann in einer Kurve im Tal; das Hinweisschild war von Efeu überwuchert. Eine enge Steinbrücke führte über den Bach. Die Straße aus antikem Asphalt mit groben Poren und Charakterfalten schlängelte sich zwischen Büschen und Baumkrüppeln himmelwärts, überwand den östlichen Hügelzug und fiel in das nächste, ähnliche Tal ein, in dem sich nur ein paar verstreute Gehöfte fanden. Lacaze lag ein Tal weiter nach Osten.
    »Das muß ja früher eine Weltreise gewesen sein bis Draguignan«, sagte Ariane, als sie nach einer halben Stunde Fahrt das Dorf erreichten.
    Um die Kirche herum standen gedrängt einige Häuser; aus dem von ihnen gebildeten Dreiviertelkreis führte, der Kirche gegenüber, eine Kopfsteinstraße zwischen der Bäckerei und einem alten Wohnhaus zur Place de la République. Baltasar, den seine Hand kaum noch behinderte und der daher längst wieder selbst fuhr, parkte die Pallas unter den Platanen vor der alten
Mairie
.
    »Da wir uns hier ohnehin bei irgendwem erkundigen müssen, wie man zu Demlixh kommt, können wir uns ja auch kurz diese Weltstadt ansehen«, sagte er.
    Sie stiegen aus. Auf der Fläche zwischen den beiden Platanenreihen, die den Platz säumten und die Straßen begrenzten, spielten die obligatorischen alten Herren Boule, ohne den Eindringlingen aus der Welt den geringsten Blick zu gönnen. Kühnen Schrittes näherte Matzbach sich ihnen.
    Summend blieb er neben den Männern stehen und sah ihnen bei ihrer schwierigen, geometrisch anspruchsvollen und ballistisch ausgereiften Tätigkeit zu. Er bezeugte ihnen den nötigen Respekt, indem er langsam leiser summte und schließlich verstummte. Als sie unter gegenseitigen

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