Das Doppelgrab in der Provence
jemanden heilen. Humbug, absoluter Schwachsinn.«
Matzbach nickte. »Das weiß ich wohl. Ich frage mich aber, wozu sie diesen Zirkus veranstalten.«
Pennec zuckte mit den Schultern.
Sylvie Ladurie schlug vor: »Vielleicht, um etwas zu verbergen, was sie an der gleichen Stelle getan haben ...«
»Sie meinen, sie haben dort etwas vergraben?«
»Könnte das nicht sein?«
Matzbach nickte nachdenklich. »Ich habe mir das auch schon überlegt. Aber wozu dieser Aufwand? Selbst wenn die arme Haushälterin nicht an einer Fischvergiftung gestorben ist, sie ist auf jeden Fall auf dem Friedhof von Lacaze beerdigt worden. Natürlich könnten die Druiden da oben Bronner vergraben haben; aber wozu dieser Hokuspokus?«
Ariane zog an ihrem erlöschenden Zigarillo. »Wenn sie tatsächlich Bronner umgebracht haben, wo sollten sie ihn denn besser vergraben als da?«
»Aber damit schreien sie doch laut: Hier ist etwas Besonderes!«
»Eben. Sie rechnen vielleicht damit, daß alle so reagieren wie du – hier ist ein Hinweis, also kann die Leiche hier nicht sein, denn niemand wäre so blöd, die Stelle auch noch zu markieren, etwa durch Megalithreihen.«
Matzbach schwieg. Pennec zwinkerte Ariane zu, und Sylvie Ladurie lächelte.
»Könnte sein«, gab Baltasar schließlich widerwillig zu. »Aber es gefällt mir nicht.«
»Es würde aber einiges erklären«, sagte Pennec. »Außerdem stützt das die Behauptung, eine Fischvergiftung habe stattgefunden und Demlixh sei krank.«
»Kommen wir zurück auf Phérex und seine Druiden«, sagte Baltasar. »Was weißt du darüber?«
Pennec zupfte wieder an seiner Nase. »Du weißt, daß in Europa zur Zeit ungefähr fünf Millionen Druiden organisiert sind, nicht wahr? Vor allem in England und Frankreich. Ich kann nicht jeden einzelnen kennen.«
Baltasar beugte sich vor, nahm Pennec den Schürhaken aus der Hand und setzte ihm die rußige Spitze auf die weiße Hemdbrust.
»Lügner«, sagte er ruhig, »schweigsamer Druidenschützer, alberner alter Onkel.«
Pennec nickte. Verdrossen sagte er: »Jajaja. Ja.«
»Also, du kennst Phérex?«
»Hmpf.«
»Persönlich?«
»Hm-hm.«
»Was will er?«
Pennec seufzte. »Na gut. Also, ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich habe einen gewissen Verdacht ...«
Sylvie Ladurie lachte plötzlich laut auf. »Onkel«, sagte sie fröhlich, »so kenne ich dich ja gar nicht. Ich danke Ihnen, Monsieur Matzbach, für diese Offenbarung.«
»Wollen wir nicht die Madames und Messieurs weglassen?« sagte Baltasar.
»Gern, Baltasar. Sie haben mir hier einen ganz neuen Onkel gezeigt.«
Pennec richtete sich empört zu seiner stattlichen Größe von ein Meter sechzig auf. »Ich bin immer noch derselbe«, murrte er »aber ich denunziere nicht gern Druidenbrüder, selbst wenn ...«
»Wenn was?« Baltasar blickte ihn an, als wollte er ihn hypnotisieren.
»Na gut. Also, dieser Phérex ist ein ehrgeiziger Mann. Er hat so ungefähr sämtliche traditionellen Prüfungen abgelegt und dem Vernehmen nach längst die Schwelle zwischen einfacher Anwendung druidischer Kenntnisse und Magie überschritten. Wir brauchen jetzt hier nicht über Magie zu diskutieren, an die ich auch nicht glaube; ich sage nur, was ich gehört habe. Jedenfalls scheint Phérex sich in den Kopf gesetzt zu haben, alle europäischen Druiden wieder in einer einheitlichen Organisation zusammenzufassen.«
»Was heißt wieder?«
»Das ist eine gute Frage. Sagen wir also, erstmalig. Und das Projekt ist auf keinen Fall uninteressant, denn mit den Druiden ist es ähnlich wie mit den Freimaurern, eher noch schlimmer. Was glaubst du, wie viele Regierungschefs, Minister, Manager, Parteifunktionäre, Wissenschaftler und so weiter dem einen oder anderen druidischen Zirkel angehören? Und was man erreichen könnte, wenn man alle unter einen Hut brächte?«
»Und das hat dieser Phérex vor?«
»Angeblich. Vermutlich. Ich weiß es nicht genau. Das Projekt ist für
einen
Mann in
einem
Jahrhundert zu groß, aber er könnte es vorantreiben. Dazu kommt, was du nicht vergessen darfst, der allgemeine Wiederaufschwung der Irrationalität. Vor allem die jungen Leute wollen doch wieder an allen denkbaren Unsinn glauben, sogar an Demlixhs Theorien über außerirdische Genetiker. Bhagwan. Mun. Scientologie. Hare Krishna. Was du haben willst. Manche glauben sogar wieder an den Kapitalismus, und an den Sozialismus sowieso. Sogar an den Frieden, neuerdings, obwohl nach all den Jahrtausenden klar sein sollte, daß dazu der
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