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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Turney
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Sorte Männern, die mit der erstbesten Frau schliefen, wenn sich ihnen die Gelegenheit bot! Es war wieder einmal typisch für Ellen, sich eine derart boshafte Lüge auszudenken!
    Wieder lächelte sie und berührte mich am Unterarm.
    »Es wird bestimmt schön, wenn wir mal wieder einen Tag zusammen verbringen können, Han«, sagte sie. »Ich habe dich vermisst.«
    Ich rang mir ebenfalls ein Lächeln ab und sagte: »Ich habe dich auch vermisst.«
    An dem vereinbarten Tag stand Mr   Brecht im Morgengrauen auf und wurde von einem Taxi abgeholt. Ellen erzählte uns, sie habe ihm von der Türschwelle aus nachgewinkt und so getan, als wäre sie noch schläfrig, auch wenn ihr Herz wie wild pochte. Mrs   Todd hatte im Esszimmer für sie das Frühstück vorbereitet. Während Ellen ein Croissant mit Marmelade aß und Kaffee trank, saß Mrs   Todd am Fenster und strickte. Ellen achtete darauf, so zu tun, als ginge sie wie jeden Tag zur Arbeit, wobei sie bereits ihren Badeanzug unter ihrer Kleidung trug. Wie jeden Tag, wenn sie den Bus nach Polrack nahm, verließ sie um zehn nach acht das Haus. Doch kaum war sie jenseits der Hügelkuppe und außer Sichtweite von Thornfield House, rannte sie die Straße hinab zu unserem Haus, wo Jago und ich auf sie warteten.
    Mir entging nicht, wie sie ein Lächeln austauschten, sie verzichteten aber darauf, sich vor mir zu berühren. Fast hatte ich Mitleid mit ihnen, weil sie nicht wussten, dass ich sie längst durchschaut hatte, aber ich schluckte meine Eifersucht herunter, jedenfalls versuchte ich es. Ich hatte mir vorgenommen, an diesem Tag die Wahrheit zu verdrängen. Ich wollte, dass es wie früher war, als die Dinge noch einfach waren, entweder schwarz oder weiß, und wir unseren Spaß hatten. Ich wollte mich wieder so jung und glücklich wie damals fühlen. Wenigstens für diesen einen Tag wollte ich frei sein von dem dumpfen Groll, der mich seit einiger Zeit beherrschte.
    Wir fuhren mit dem Fahrrad den Hügel hinauf und über die Feldwege in Richtung Strand. Ellen saß auf dem Gepäckträger von Jagos Rad. Wir stellten unsere Fahrräder hinter einem alten Wohnwagen am Parkplatz des Kynance Cove ab und gingen zu Fuß zu der gewohnten Stelle zurück, wo wir über den Zaun kletterten, um dann über den verborgenen Pfad in den Klippen zu unserem Strand zu gelangen. Das Meer war sanft an diesem Tag, das Wasser blaugrün und so ruhig, dass wir tief unten die Fische sehen konnten und das Seegras, das wie Haar im Wasser wehte, und die Krabben, die auf dem Meeresboden krabbelten. Die Wellen schwappten sachte an den Fuß der Klippen. Ellen war völlig aufgedreht, freute sich über alle Maßen, endlich wieder an unserem Strand zu sein. So flink wie früher kletterte sie an der Klippenwand zu einem Felsvorsprung hinauf und sprang mit einem lauten Freudenschrei ins Wasser, das nach allen Seiten spritzte. Lachend tauchte sie wieder an der Oberfläche auf, schüttelte den Kopf und rief Jago zu, es ihr gleichzutun. Dann tauchte sie wieder unter, sodass nur noch ihre Füße bis zu den Fesseln aus dem Wasser ragten. Jago stürzte sich ebenfalls ins Wasser, und dann tollten sie wie Kinder herum.
    Mich hatten sie bereits vergessen.
    Doch dann rief Jago: »Komm auch rein, Hannah.« Er winkte mit dem Arm, der glitzernde Wassertropfen versprühte. »Es ist überhaupt nicht kalt.«
    »Lügner!«
    »Bitte, Hannah, komm rein.«
    »Nun komm schon, Hannah«, bat auch Ellen. »Es macht keinen Spaß, wenn du wie eine alte Frau allein am Strand herumhockst.«
    Schließlich riefen sie im Chor: »Hannah! Hannah! Hannah!«, und klatschten dazu. Mir blieb nichts anderes übrig, als nachzugeben, sonst hätten sie ewig so weitergemacht.
    Ich zog Shirt und Shorts aus und legte sie auf die Felsen. Dann ging ich, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, ins Wasser und hüpfte ein paar Mal auf den von Muscheln durchsetzten Kieseln auf und ab, um mich an das kalte Wasser zu gewöhnen. Als es die empfindliche Haut an meinem Bauch und den Brüsten erreichte, kreischte ich. Plötzlich kam Jago auf mich zugeschwommen, spritzte mich nass und zog mich vollends hinein. Ich schrie und schimpfte, aber in Wahrheit gefiel es mir, dass er mich neckte, und ich kostete es in vollen Zügen aus, im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit zu stehen. Mehr als ich es unter normalen Umständen getan hätte, wehrte ich mich und kämpfte mit ihm, und während wir eine Weile im Wasser balgten, fühlte ich mich beschwingt und frei und lebendig wie

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