Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Fingerabdrücke dagelassen. Das
nützt uns allerdings nur etwas, wenn die Person schon einmal aktenkundig
geworden ist. Die wichtigste Frage ist jetzt, wer würde Miri so etwas antun?
Ich weiß, wir haben sie schon einmal gefragt und sind auf keine Antwort
gekommen. Aber Tatsache ist, dass so persönliche Drohbriefe selten von
unbekannten Personen geschrieben werden. Zumal sie keine Berühmtheit ist. Ein
enttäuschter Groupie können wir demzufolge ausschließen“, versuchte er die
Stimmung ein wenig zu lockern.
Kaja und
Sierra lächelten kurz. Die Anspannung gewann aber gleich wieder die Oberhand.
„Was ist denn mit...“ Kaja räusperte sich. „Na ja, ich will jetzt niemanden
grundlos verdächtigen...“
„Sprich
es ruhig aus, wenn du einen Verdacht hast. Es wird ja nicht automatisch gleich
in der Tagesschau gesendet.“
Kaja war
sichtlich unwohl in ihrer Haut. „Was ist denn mit ihrem Onkel? Auf mich hat der
nicht sonderlich gesund gewirkt. Geistig meine ich. Und religiös ist er auch.
Es würde also nicht so schlecht auf den Inhalt der Briefe passen.“ Unsicher sah
sie von Simon zu Sierra.
Simon
überlegte. „Vielleicht. Allerdings hätte er auch die Möglichkeit, Miri direkt
zu konfrontieren. Es scheint mir ein wenig kompliziert, das via Drohbrief zu
erledigen.“
„Ich
habe Miri beim letzten Brief bereits gefragt. Aber sie kann sich das nicht
vorstellen.“
„Hm. Was
Miri sich vorstellen kann und was den Tatsachen entspricht, sind zwei
verschiedene Paar Schuhe. Miri tendiert dazu, das Gute in jedem Menschen zu
sehen“, befand Sierra düster.
Simon
schüttelte den Kopf. „Du sagst das, als wäre es etwas Schlechtes.“
„Im
Moment ist es das auch. Findest du nicht? Es ist eine Sache, naiv durchs Leben
zu laufen, wenn alles bestens ist. Aber sobald ein Irrer in dein Leben tritt,
wäre es vielleicht an der Zeit, etwas kritischer zu sein.“
Simon
wollte etwas erwidern, um des Erwiderns willen, ließ es dann aber bleiben, weil
es wirklich nichts mehr zu sagen gab. Er stand auf. „Miri sollte Anzeige
erstatten. Wegen der Wohnung hat das natürlich auch der Hausbesitzer bereits
erledigt. Aber die Briefe gehen nur Miri etwas an.“
„Muss
sie dafür nach Zürich?“
„Im
Prinzip kann sie dafür zu jeder beliebigen Polizeistation gehen. Wenn sie die
Zeit hat, nach Zürich zu fahren, würde ich ihr allerdings das empfehlen. Dort
haben die Kollegen schon alle Informationen. Hier. Alles Weitere findet sie auf
diesem Zettel. Wenn sie Fragen hat, kann sie auch mich jederzeit anrufen.“
In
diesem Moment rollte, von Simon gänzlich unbemerkt, ein violett-pink
schillernder Kugelblitz zur Tür hinein und explodierte zu einem Drachen in
voller Indoor-Größe. „Kann mir eine von euch zwei Super-Freundinnen erklären,
weshalb Miri heulend in ihrem Zimmer sitzt und wahllos Kleider in einen Koffer
stopft?“
Kapitel 21
Nach Maxis dramatischem
Auftritt beeilten sich Kaja und Sierra, Simon freundlich aber bestimmt
loszuwerden. Nachdem sie ihm nochmals versprochen hatten, dafür zu sorgen, dass
Miri zur Polizei gehen würde, machte er sich auf den Weg. Jetzt war sowieso
erst einmal Weihnachten. Montagabend würde er wieder hier sein, um Truthahn und
Co. zu verspeisen.
Sierra
blickte dem Abend mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits freute sie sich
total auf ein Weihnachtsessen mit ihren besten Freundinnen. Leider war Markus
auch eingeladen. Überraschenderweise hatte er sogar zugesagt. Wenn auch mit den
Worten ‚dann müssen wir niemanden einladen, schon wieder Geld gespart’. Sie
vermutete, dass sie in letzter Zeit ein paar Mal zu oft hier auf den Randen
verschwunden war. Das passte ihm gar nicht. Das, gemischt mit ihrer offensichtlichen
Unfähigkeit, mit Simon ein normales Gespräch zu führen, hatte das Potential für
ein großes Desaster.
Sie wurde
von Kaja aus ihren Gedanken gerissen. „Der Tee ist fertig. Lass uns hochgehen.“
Maxi war bereits wieder oben bei ihrem Schützling. Sie hatte den beiden tüchtig
den Kopf gewaschen und war wieder verschwunden. Sie hatten beide ihre ganze
Schauspielkunst aufwenden müssen, um sich ihre Betroffenheit vor Simon nicht
anmerken zu lassen. Im Miris temporärem Zimmer herrschte Chaos. Miri versuchte
gerade, ihren überquellenden Koffer zu schließen. Tränen liefen ihr über das
Gesicht. Sie schien es nicht einmal zu merken. Kaja stellte die Teetasse auf
das Fensterbrett.
Sierra
schloss vorsichtshalber die Tür. „Miri? Was machst du denn? Wo
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