Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Boden gesetzt hatte und
eines der großen Ohren streichelte.
„Sie kommt
sogar mit auf die Spaziergänge und jetzt halt dich fest! Weißt du, wer auch
noch?“
„Keine
Ahnung.“
„Lance.
Er war schon zweimal dabei.“
„Donnerwetter.
Den hat es auch tüchtig erwischt.“
„Das
kann man wohl sagen.“ Maxi zog es vor, derartige Spekulationen nicht weiter zu
kommentieren. Insgeheim freute sie sich über die Aussage von Kaja. Konnte das
wirklich sein? Ihre Ohrenspitzen kribbelten freudig. Das neue Jahr fing
vielversprechend an, stellte sie zufrieden fest.
Sierra
hatte inzwischen ihre ganz eigenen Probleme. Nachdem sie ihren Bruder an
Neujahr nur so kurz zwischen Tür und Angel gesehen hatte, noch dazu ganz
offensichtlich sehr schlecht gelaunt, machte sie sich Sorgen um ihn. Schlechte
Laune war ein sehr seltener Gemütszustand für ihn. Meistens hatte er einen sehr
positiven Ansatz im Leben. Selbst Schwierigkeiten meisterte er im Normalfall
mit einem selbstironischen Lächeln. Diesmal nicht. Sie hatte ihn seither
zweimal gesehen. Jedes Mal war er sehr kurzangebunden gewesen, sichtlich darauf
bedacht, sie auf Abstand zu halten. Es fehlte ihm nur noch ein T-Shirt mit dem
Satz drauf: Ich will nicht darüber reden. Einfach, damit jeder gleich Bescheid
wusste. Vielleicht sollte sie Miri bitten, ihr so eines zu fabrizieren. Miri
konnte schließlich alles fabrizieren. Die beiden waren ähnlich talentiert mit
ihren Händen. Während Miri mehr künstlerisch veranlagt war, holte Mathias das
Beste aus alten Häusern heraus. Schon seltsam, dass die beiden sich immer noch
nicht kannten. Beide waren ihr sehr nahe, kannten einander aber nur aus ihren
Erzählungen.
Wie in
einem Paralleluniversum, überlegte sie und kippte die letzte Karre Mist auf den
Misthaufen. Jetzt noch den Boden wischen und Mathias in die Ecke treiben, wenn
er denn endlich vorbei kam. Sie hatte ihn gebeten, Futter für sie in der
Landwirtschaftlichen Kooperative abzuholen. Das hätte sie zwar auch selbst
erledigen können. Sie war heute alleine auf dem Hof. An diesen Tagen kam sie
mit ihrer Arbeit immer wunderbar voran. Doch sie hatte einen Vorwand gebraucht,
um ihn hierher zu locken. Der Satz ‚komm vorbei, ich will wissen was los ist’
hätte definitiv nicht den erwünschten Erfolg gebracht. Deshalb waren ihre
Schuldgefühle über ihre kleine Notlüge nicht allzu groß. Sie pfiff Joker zu
sich, die erfolglos versucht hatte, die Maus in der Futterkammer zu erwischen.
Dort gab es einfach zu viele Cattle Dog-sichere Verstecke für eine Maus. Da
hatte der Hund keine Chance.
Im Haus
wusch sie sich die Hände und setzte Kaffee auf.
„Hallo
Schwesterchen! Wo willst du das Futter hin haben?“ Mathias stand in der Tür zum
Hof, einen vierzig Kilogramm schweren Sack Hafer über der Schulter.
„Warte,
ich zeige es dir.“ Schnell schlüpfte sie in ihre ausgetretenen Cowboystiefel
und eilte hinaus. Sie wollte vermeiden, dass er ihn einfach abstellte und
wieder verschwand. Sie lief vor ihm in die Futterkammer und deutete auf eine
Holzpalette, die ein wenig abseits stand.
Er sah
sie misstrauisch an. „Das konntest du mir nicht erklären?“
„Ich
hatte gerade keine Worte im Kopf“, antwortete sie lahm. „Trinkst du einen
Kaffee mit?“
„Ich
habe eigentlich keine Zeit“, wich er aus.
„Bitte.
Ich war schon den ganzen Tag über alleine hier. Ein bisschen Sozialkontakt wäre
ganz nett“, spielte sie ihre Trumpfkarte aus. Mathias war, wie die meisten
ihrer Freunde, kein Fan von Markus. Aber dass sie so oft ganz alleine hier war,
störte ihn fast noch mehr. Er wusste schon, dass sie auf sich aufpassen konnte.
Das war es nicht. Aber er fand, sie werde hier komplett zur Eigenbrötlerin.
Sierra selbst war froh um diese Atempausen, wenn sie alleine auf dem Hof war.
Auch ein Detail, das sie nicht zu genau analysieren wollte. Nun ja, es ging
heute schließlich auch um ihren Bruder und nicht um sie. Sie erkannte den
Augenblick, als er sich ihr zuliebe einen Ruck gab.
„Also
gut. Ich kann aber nicht lange bleiben.“
Kein
Problem. Sierra hatte nicht vor, ihm lange Zeit zu geben, damit rauszurücken,
was ihn stresste. Sie hängte sich bei ihm ein und zerrte ihn fast in die Küche.
Joker begrüßte ihn freudig. Ihr Bruder war einer der wenigen Männer, denen ihre
Cattle Dog-Hündin freundlich gesinnt war. Sie schenkte ihm eine Tasse Kaffee
ein, stellte sie vor ihm auf den Tisch und lehnte sich selber gegen die
Küchenzeile.
„So.
Raus mit der Sprache.
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