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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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über dieses Problem geschrieben“, sagte Magnussen zu mir.
    „Wir kennen Ihre Veröffentlichungen gut“, fügte Wilhelm hinzu, damit ich mich heimisch fühlen sollte.
    „Ein amerikanischer Wissenschaftler wird mehr nach dem beurteilt, was er veröffentlicht, als nach dem, was er leistet. Die meisten von uns erhalten staatliche Subventionen, und ein Stück bedrucktes Papier scheint die Bürokraten davon zu überzeugen, daß wir etwas für das Geld liefern, das sie uns zuwerfen.“
    „Genau wie hier“, sagte Wilhelm mürrisch.
    Wir durchquerten Räume für encephalographische Untersuchungen, ein Behandlungszimmer, das leer stand – wir kamen auch an einem Schwimmbad vorbei, in dem Kinder sich unter Aufsicht ihrer Eltern lärmend tummelten.
    „Kinder des Personals“, erklärte Wilhelm. „Wir haben hier zweitausendfünfhundert Patienten.“
    Ich hatte höchstens zwei Dutzend gesehen.
    „Sie halten sich meistens in den Bungalows auf“, sagte Nemeth, der meinen Gedanken erriet. „Möchten Sie ihre Unterkünfte sehen?“
    Ich wollte allein sein, um meine Gedanken zu ordnen.
    „Lassen Sie uns erst die Isolierzelle besichtigen“, sagte ich. „Wenn ich mich nicht irre, haben Sie die Erforschung der Isolierung in Schwimmbecken oder Zimmern so gut wie aufgegeben“, sagte Wilhelm.
    Woher wußte er das? Hatte ich darüber geschrieben? Hatte er Astrid gesehen? – Nur sie konnte es ihm erzählt haben. Seine Frage beunruhigte mich.
    „Sie erfüllen Ihren Zweck“, sagte ich. „Wir bringen Astronauten in den Zustand der Schwerelosigkeit bei gleichzeitiger Ausschaltung der Sinnesreize, um festzustellen, wie Menschen im Weltraum reagieren.“
    Wir traten in einen kleinen Raum voller Instrumente. Eine schwere, schalldichte, über einen halben Meter dicke Tür führte in eine etwa vier Quadratmeter große Kammer mit wabenartig verkleideten Wänden, hinter denen Schalltrichter jeden Laut verschluckten. Über einer bequemen, verstellbaren Couch hing ein Mikrofon von der Decke.
    Wilhelm zeigte auf die verschiedenen Installationen. „Das Richtmikrofon, das wir von außen einstellen können. Über der Tür befindet sich eine Infrarotkamera, der Monitor steht im Vorraum. Lautsprecher sind vorhanden, um mit der Testperson auf der Couch zu reden, auch eine Videorecorder, Oszilloskope und ein Grass-Offner-Polygraph. Der Patient kann keine Bewegung machen, die nicht aufgezeichnet und gemessen wird; wir können die Augenbewegung, die Hauttemperatur, den Pulsschlag, das Enzephalogramm, den galvanischen Hautwiderstand und andere Variablen einzeln oder im Zusammenhang ablesen.“
    Er war so stolz auf die Einrichtung, daß ich vermutete, er hatte sie selbst entworfen.
    „Sehr durchdacht und konzentriert. Darf ich es einmal ausprobieren?“ fragte ich.
    Wilhelm sah überrascht aus und willigte dann hastig ein.
    „Aber selbstverständlich. Hier ist der Panikknopf, sobald Sie wünschen, daß wir die Tür aufmachen. Wir können Sie sehen und hören, und Sie können mit uns sprechen.“
    „Das werde ich nicht tun,“ sagte ich. „Mir gefallen Isolierzellen. Die Stille ist inspirierend.“
    Magnussen lachte.
    „Wir haben ein paar Filmproduzenten, die sich gern ein bis zwei Stunden einsperren lassen. Sie glauben, daß sie in völliger Dunkelheit besser denken können, und bitten uns, ihre Monologe aufzunehmen. Aber was kommt dabei raus? Reiner Quatsch!“
    Ich legte mich hin, und Wilhelm stellte die Couch so ein, daß ich mich sobequem wie möglich fühlte.
    „Haben Sie etwas dagegen, daß ich Sie an den Grass-Offner anschließe?“ fragte er. „Ich hätte gern die Gehirnwellen und den Pulsschlag des berühmten Dr. Bolt für mein Archiv.“
    „Bitte keine Aufzeichnungen!“ sagte ich. „Sonst könnte ich feststellen, daß mein Pulsschlag unregelmäßig ist und meine Beta-Wellen sprunghaft sind. Als professioneller Hypochonder würde ich mir dann einbilden, daß es mit mir zu Ende ginge. Und auch keine Tonaufzeichnungen. Ich möchte mich einfach entspannen.“
    Ich wollte einfach allein sein. Zu viele Gedanken mußten abgewogen und geordnet werden. Ich stand kurz vor einer wichtigen Auswertung meiner Forschungen. Völlige Stille wirkte wie ein Stimulans auf mein Denken.
    „Wie schade“, sagte Magnussen scherzend. „Ich habe schon die Reagenzgläser für Urin und Magensäfte bereitgestellt.“
    „Ich glaube, daß mir eine halbe Stunde nichts schaden kann“, sagte ich. „Aber keine Kontrolle! Das Wissen, beobachtet zu werden,

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