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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Kunst«, irgendwelche Gemälde und »Trophäen« gab es unzählige Interpretationen. Eva von Barths Wohnung enthielt nichts Vergleichbares. Und auf abenteuerliche Hypothesen wollte Raupach sich noch nicht einlassen.
    Er ließ ihre Hinterlassenschaft überprüfen, vielleicht stießen sie auf Schließfächer oder Depots, und die Ermordete war reicher, als Schwan annahm. Oder vorgab anzunehmen. Dieser Zusammenbruch, als die Beweislast übermächtig geworden war, wirkte nach wie vor suspekt.
    Wenn sich Erben der Ärztin meldeten, was nach dem bisherigen Kenntnisstand allerdings unwahrscheinlich war, könnten diese Leute Licht in die Sache bringen – oder weitere Ermittlungen erschweren. Wie Raupach und Photini es auch wendeten: Sie mussten mehr über die Frau in Erfahrung bringen. Über ihre Vergangenheit.
    Diesmal dauerte es länger, bis sich die Haustür öffnete. Viktoria Brehm schlug den Blick zu Boden, als sie die beiden Polizisten sah.
    Raupach machte sich bekannt.
    »Dass Sie mich zu zweit besuchen, verheißt nichts Gutes«, sagte sie. »Was ist mit Eva?«
    Sie setzten sich an den Wohnzimmertisch. Mit knappen Worten erläuterte Photini die näheren Umstände des Leichenfunds.
    Es gab keinen Mokka, nur langes Schweigen. Viktoria Brehm machte kein Licht, obwohl der Himmel bleischwer war und keine Sonne hereindrang. Suppengeruch lag in der Luft, vermutlich noch vom Mittagessen. Der Gehstock pendelte an der Tischplatte, dort hatte sie ihn hingehängt. Manchmal, wenn sie eine kleine Bewegung machte, stieß sie dagegen. Er fiel nicht herunter.
    »Die Kehle?«, fragte sie schließlich und wies an ihren Hals. Im Gegensatz zu ihrem Gesicht war er faltig. »Und ein Stich, sagen Sie?«
    »Sie wollten alles wissen.« Photini war nicht gut im Überbringen schlechter Nachrichten.
    »Das bereue ich jetzt.« Sie hob den Kopf, sah zwischen den beiden Ermittlern hindurch. »Warum Eva? Wer tut so etwas?«
    Raupach war von Photini über Viktoria Brehm informiert worden. Er hatte sie sich ungefähr so vorgestellt. Eine eindrucksvolle Erscheinung, wie eine Festung.
    »Wer hat sie umgebracht?«, beharrte Viktoria Brehm.
    Raupach sah ihre Trauer. So würde es ihm auch bald gehen. Bebende Lippen, eine irrationale Wut. »Nach unserem Anfangsverdacht sind wir nicht mehr sicher.«
    »Meinen Sie Doktor Schwan?«
    »Wie kommen sie auf ihn?«
    »Halten Sie mich bitte nicht für dumm, Herr Kommissar. Die Rosinsky hält zwar den Mund, aber ich weiß, wie ich zu fragen habe.«
    »Glauben Sie, Schwan war es?«, fragte Photini.
    »Spricht nicht alles dafür? Der Mann ist nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Warum?«
    »Haben Sie das nicht schon selber herausgefunden?« Viktoria Brehm griff nach dem Stock und hielt ihn am Schaft, als wolle sie damit drohen. »Unfassbar, wie man sich in den Menschen täuschen kann. Aber bei Frauenmördern ist das wohl so, da weiß man es erst hinterher.«
    »Kennen Sie sich mit der Thematik aus?« Raupach gab Photini ein Zeichen: keine falsche Rücksichtnahme.
    »Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als gewisse Ehrbegriffe noch etwas galten. Das Vertrauen leicht verführbarer Menschen auszunutzen ist das schlimmste Verbrechen, was ich mir vorstellen kann.«
    »Wozu ließ sich Eva von Barth verführen?«
    »Ich habe keine Ahnung!« Viktoria Brehm erhob sich ruckartig und stakste mit ihrem Stock zu dem großen, völlig im Dunkeln liegenden Kamin. »Schwan hätte niemals in die Villa einziehen dürfen. Ich habe Eva seinerzeit gewarnt. Sie wollte nicht hören.«
    Mit geübten Bewegungen entfachte sie ein Feuer. Das brauchte sie jetzt, den beruhigenden Anblick der Flammen, es lenkte sie ab von den Seitenblicken dieser Polizisten. Unter Zuhilfenahme eines Grillanzünders und einer alten Zeitung brannten die Holzscheite sofort wie Zunder.
    Raupach fühlte sich an den Kamin von Tante Luise versetzt, seiner einzigen Verwandten, mit der er regelmäßig in Kontakt stand.
    Er musste sie mal wieder besuchen, sie war etwa im gleichen Alter wie Viktoria Brehm, aber quirlig und beweglich wie ein Affe. Stattdessen versuchte er hier, eine Vernehmung zu lenken.
    »Mit Vorverurteilungen kommen wir in unserer Arbeit nicht weiter«, sagte er. »Haben Sie gestern Nacht etwas von dem Einbruch in der Villa bemerkt?«
    Viktoria Brehm fuhrwerkte mit dem Schürhaken herum. »Was sagen Sie da?«
    Raupach erläuterte, jemand sei in Evas Haus eingedrungen und habe nach Wertsachen gesucht. Da sich Bernhard Schwan in Haft befand, konnte er es nicht

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