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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gefasst. Sie trug ein dunkelrotes Wollkleid mit weitem Rock, und ihr Haar war mit ziemlichem Aufwand hochgesteckt worden, wofür ihre Zofe mindestens eine halbe Stunde gebraucht haben musste. Sie betrachtete Monk höflich, aber ohne jedes Interesse.
    Argyll zog die Tür hinter sich zu und wartete, bis seine Frau sich gesetzt hatte.
    Monk bekundete auch ihr seine Anteilnahme.
    »Danke«, sagte Mrs. Argyll knapp. »Mein Mann sagt, dass Mary von der Waterloo Bridge gestürzt ist. Toby war bei ihr. Vielleicht hat er versucht, sie davor zu bewahren, und ist gescheitert. Armer Toby. Ich glaube, dass er sie immer noch liebte – trotz allem.« Erneut schwammen ihre Augen in Tränen, doch sie ignorierte das und beherrschte auch ihre Gesichtszüge. Wie viel Mühe sie das kostete, ließ sich nicht erkennen. Sie sah ihren Mann weder an, noch griff sie nach seiner Hand.
    Monk hätte die in ihren Worten enthaltene Antwort akzeptieren sollen, und doch weigerte er sich – gegen alle Vernunft. Als Hesters Vater sich wegen seiner erdrückenden Geldschulden, die durch Betrug entstanden waren, erschossen hatte, war sie von der Krim zurückgekehrt, wo sie als Krankenschwester bei der Armee gedient hatte, und ab dieser Zeit galt es, die Familie zu stärken und das Unrecht zu bekämpfen, dem sie in der Heimat begegnete. Es waren ihre Kraft und Entschlossenheit gewesen, die Monk darin bestärkt hatten, gegen die eigene Bürde anzukämpfen, die ihm unüberwindbar vorgekommen war. Hester hatte eine spitze Zunge – das war zumindest sein erster Eindruck gewesen -, sie war stur, temperamentvoll, schnell mit Vorurteilen zur Hand und verbrannte sich oft den Mund, doch selbst Monk, der sie zunächst als penetrant empfunden hatte, hatte schon damals nie an ihrem Mut oder ihrem eisernen Willen gezweifelt.
    Natürlich hatte er seitdem auch ihre Leidenschaft erlebt, ihre Fröhlichkeit und ihre Verletzlichkeit. Schrieb er nun Mary Havilland etwas zu, was sie nie gehabt hatte? Was immer es Mrs. Argyll kosten mochte, er musste es wissen.
    »Ich habe gehört, dass Ihr Vater erst kürzlich den Tod gefunden hat«, sagte er ernst. »Es soll Miss Havilland sehr schwergefallen sein, darüber hinwegzukommen.«
    Sie sah erschöpft zu ihm auf. »Sie hat es einfach nicht geschafft. Sie konnte sich nicht damit abfinden, dass er sich das Leben genommen hat. Dazu war sie nicht bereit, obwohl alles gegen ihre These sprach. Ich fürchte, sie war richtig … besessen davon.« Sie blinzelte. »Mary hatte einen sehr … starken Willen, um es gelinde auszudrücken. Sie fühlte sich Vater sehr nahe und konnte nicht glauben, dass bei ihm etwas nicht stimmen könnte und er sich ihr nicht anvertrauen würde. Ich fürchte, sie … waren einander vielleicht nicht so nahe, wie sie sich das vorstellte.«
    »Wäre es möglich, dass der Bruch ihres Verlöbnisses mit Mr. Argyll sie zu sehr bekümmerte?«, erkundigte sich Monk in dem Versuch, wenigstens einen gewissen Sinn dahinter zu entdecken, dass eine gesunde junge Frau eine solche Verzweiflungstat beging. Und hatte sie von vornherein beabsichtigt, Mr. Argyll mit in den Tod zu reißen, oder hatte er versucht, sie zu retten, selbst wenn es ihn das Leben kostete? Hatte er sie noch so sehr geliebt? Oder steckten Schuldgefühle dahinter, weil er sie verlassen hatte, möglicherweise wegen einer anderen? Sie mussten unbedingt mit dem Leichenbeschauer sprechen, um Sicherheit darüber zu gewinnen, ob sie ein Kind in sich trug. Damit ließe sich womöglich vieles erklären. So entsetzlich dieser Gedanke war, vielleicht hatte sie Selbstmord wirklich für die einzige Lösung gehalten und beschlossen, den Mann mit in den Tod zu reißen, der sie nicht heiraten wollte. Er wäre ja gewissermaßen die Ursache ihrer Sünde gewesen. Allerdings ergab diese Theorie nur einen Sinn, wenn sie tatsächlich schwanger gewesen war und das auch gewusst hatte.
    »Nein«, sagte Mrs. Argyll mit flacher Stimme, »sie war diejenige, die die Verlobung gelöst hat. Wenn jemand verzweifelt war, dann Toby. Sie … wurde immer merkwürdiger, Mr. Monk. Sie schien sich gegen uns alle zu stellen. Sie versteifte sich auf die Idee, dass in den Abwasserkanälen, die die Gesellschaft meines Mannes baut, eine schreckliche Tragödie geschehen würde.« Ihr Gesicht nahm einen müden Ausdruck an, als stellte sie sich zum wiederholten Mal einem alten Schmerz, gegen den sie schon oft vergeblich angekämpft hatte. »Mein Vater hatte eine krankhafte Angst vor geschlossenen

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