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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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sich selbst Sorgen, vor allem darüber, was Emil tun würde, sobald er vom Ausgang des Prozesses erfuhr.
    «Wenn ich Mina sehe   …»
    Lina unterbrach Georg. «Du darfst auf keinen Fall jähzornig werden, Georg. Gib ihr keine Möglichkeit, dich in ein schlechtes Licht zu setzen.»
    Er rieb sich das Gesicht. «Du hast ja recht, Lina. Aber es ist einfach zu viel passiert in der letzten Zeit. Die Sache mit Cornelius   … Bertram und ich vermissen ihn schmerzlich in der Gießerei. Seine vielen Bekannten und Geschäftsfreunde haben uns über die Krise gerettet. Was wird nur ohne ihn?»
    «Ihr solltet Eberhard mit in die Geschäftsführung nehmen, statt ihn immer nur herumreisen zu lassen. Er ist jetzt bald Vater und möchte sicher sesshaft werden.»
    Georg nickte. «Das haben Bertram und ich längst beschlossen. Aber es ist schwer, einen Ersatz für ihn zu finden. Wir dachten schon, wir sprechen mit diesem jungen Weigel, der scheint ein heller Kopf zu sein.»
    «Georg, lasst euch nicht mit Weigel ein.»
    Er runzelte die Stirn. «Warum nicht? Weißt du etwas, was ich nicht weiß?»
    «Vertrau mir. Ich kann dir nicht mehr sagen.» Lina griff ihr Umschlagtuch und den Stock. «Bis morgen, Georg. Und sieh zu, dass Aaltje genug Schlaf bekommt.»
     
    Der Prozess war vorbei. Lina saß mit Robert, ihrem Bruder und Justizrat Michel, dem Anwalt der Familie, in der großen Kutsche auf dem Weg zur Aakerfähre.
    Alles war wie erwartet verlaufen. Spätestens nach der Verlesung von Auszügen aus der Akte der Geheimpolizei hatte Mina nicht mehr die geringste Aussicht darauf gehabt, den Richter auf ihre Seite zu ziehen.
    Zuvor hatte ihr Anwalt sie als ehrbare Frau hingestellt, diewegen böser Verleumdungen gezwungen gewesen war, Ruhrort ohne ihre Kinder zu verlassen. Das war recht klug eingefädelt, denn Mina wusste genau, dass weder Robert noch ihr Bruder oder irgendein anderer Ruhrorter öffentlich über das sprechen wollte, was vor sechs Jahren wirklich geschehen war.
    Lina saß neben Robert und Georg in der Bank und hatte Mina genau beobachten können. Ihre Schwester hatte ein schlichtes, dunkles Kleid angezogen, ihr Haar trug sie zum Knoten gebunden, genau wie Lina. Aber während Linas Haar bereits von ein paar wenigen grauen Strähnen durchzogen war, gab es in Minas nur das tiefe Rot – doch es unterschied sich von Linas Haarfarbe. Ihre Schwester färbte sich also ihre Haare, etwas, was in keinem Bürgerhaus geduldet wurde.
    Der Richter befragte Mina nach ihren jetzigen Verhältnissen. Sie sagte aus, dass sie in Frankfurt lebe und kurz vor einer neuen Vermählung stehe mit einem Geschäftsmann, der vielleicht nicht so reich wie Georg sei, aber sie und die Jungen durchaus ernähren könne. Schließlich habe die Familie Bleibtreu schon in viel ärmeren Verhältnissen gelebt.
    Als Mina zurück an ihren Platz ging, sah sie Lina einmal kurz direkt ins Gesicht. Innerlich zuckte sie zusammen angesichts des Hasses, den sie in diesem kleinen Moment von Mina ausgehend spürte. Da war kein Band mehr zwischen ihnen.
    Justizrat Michel rief als Ersten Robert in den Zeugenstand. Dieser sagte aus, dass Mina damals mit dem Maler Reppenhagen, der in dringendem Verdacht stand, mit insgesamt zehn in Ruhrort begangenen Morden an Frauen, Männern und Kindern in Verbindung zu stehen, geflohen sei und ihre Kinder durchaus freiwillig zurückgelassen habe. Dann folgte die Verlesung der Akte.
    Minas Anwalt nahm dies zum Anlass für heftige Angriffe auf Robert und beschuldigte ihn, sein Amt und seine Macht als Polizeichef missbraucht zu haben, was Robert garnicht leugnete, da er zum Wohle der Jungen gehandelt hatte. Minas Gesicht versteinerte, als die Berichte der preußischen Geheimpolizei verlesen wurden. Im Mittelpunkt stand zwar Reppenhagen, aber der durch die Akte belegte Lebenswandel der beiden Flüchtigen war keinesfalls dazu angetan, ihnen Kinder anzuvertrauen.
    Für Lina waren all diese Dinge neu, Robert hatte nie darüber gesprochen, geschweige denn sie die Akte lesen lassen. Mina und ihr Geliebter hatten von kleinen Betrügereien gelebt, und auch wenn es nur angedeutet wurde, so war doch zu vermuten, dass Mina sich mehr als einmal für Geld verkauft hatte.
    Georg sagte als Nächster aus. Er schilderte, wie Justus Bleibtreu, der Vater der Jungen, ihm nach Minas Verschwinden offiziell die Vormundschaft übertragen hatte. Es gelang ihm, dabei ruhig zu bleiben und seinen Zorn auf Mina zu unterdrücken.
    Minas Anwalt schien nur auf diesen Augenblick

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