Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Netzwerkkomponenten analysieren. Vor hundert Jahren wurde eine Dateisuche durchgeführt. Und eine Quanten-Atom-Überprüfung der Memorycell bestätigt ein komplettes Auslesen zum entsprechenden Zeitpunkt.«
    »Also ist sie es.«
    »Die Accelerators müssen wirklich sehr verzweifelt sein.«
    »Das wussten wir bereits.«
    »Dies ist nicht die Cat, die ausgezogen ist, um die Knight Guardians zu gründen; das war eine spätere, eine klügere Persönlichkeit. Hier haben wir es mit einer sehr frühen Cat zu tun.«
    »Glauben Sie, das ist so ein Unterschied?«
    »Ich weiß nicht genau. Ich vermute, diese ist … roh. Das hat man ja an Sholapur gesehen.«
    »Sind Sie sicher? Vergessen Sie nicht, wofür Sie Cat letzten Endes verhaftet haben.«
    »Gutes Argument.«
    »Und was jetzt?«
    »Keine Ahnung. Ich denke, wir sollten uns auf Chatfield konzentrieren. Er ist die einzige Verbindung, die wir zwischen den Accelerators und den Prime haben, und die Conservatives sind offensichtlich an ihm interessiert. Ich hätte mich nicht von dieser Sache ablenken lassen dürfen.«
    »Also gut. Viel Glück.« Die Verbindung wurde beendet.
    Eine ganze Weile stand Paula vor dem offenen Fach und starrte auf Cats graue Memorycell. Schließlich hob sie ihre Hand, nahm sie vom Sockel, hielt sie sich direkt vors Gesicht. »Das nimmt kein gutes Ende«, sagte sie und ließ los. Die winzige Memorycell prallte auf den uralten Boden aus enzymgebundenem Beton und schlitterte ein paar Zentimeter weiter, bevor sie zum Stillstand kam.
    Paula zertrat sie mit voller Wucht, genoss das knirschende Geräusch unter ihrem Absatz, als sie in winzige Einzelteile zersprang. Ein schuldhafter Genuss, zugegeben. »Manchmal muss man das Falsche tun, um das Richtige zu tun«, sagte sie zu dem toten Tresor.
     
    Während sie die Kingsville-Basis wieder verließ, dachte Paula über das nach, was ANA über Cats Persönlichkeit gesagt hatte. Vielleicht hatte ANA recht. Vielleicht war Cat absolut unveränderlich. Sie hatte gelernt, sich durch die Gründung der Knight Guardians vor sich selbst zu rechtfertigen, durch die Entfaltung zu einem klugen politischen Führer. Doch war das nicht nur eine andere Art von Manipulation? Es hatte für sie nie die Notwendigkeit bestanden, sich anzupassen und weiterzuentwickeln, sie hatte sich das Universum immer so zurechtgebogen, wie sie es gerade brauchte.
    Ständig trug Paula die Erinnerung an Narrogin mit sich, nicht, weil sie sich erinnern wollte, sondern weil sie es einfach nicht vergessen konnte. Narrogin war das »Abkommen«, das den Senat schlussendlich veranlasst hatte, einen unbefristeten Haftbefehl gegen Cat auszustellen – zur Hölle mit den politischen Konsequenzen. Es hatte damals ein riesiges sektiererisches Gezerre gegeben, um die ideologische Zukunft des Planeten festzulegen. Eine Seite hatte ein Team der Knight Guardians ins Boot geholt, um ihrer Sache Nachdruck zu verleihen. Und Cat hatte beschlossen, es anzuführen. Ihr letzter Akt zur Bekräftigung der Sache ihrer Auftraggeber war die Pantar-Kathedralen-Krise gewesen, wo sie siebenundzwanzig Oppositionsratsmitglieder und deren Familien als Geiseln genommen hatte. Sie hatte damit gedroht, diese Leute nach und nach zu exekutieren, sofern keine politischen Konzessionen gemacht wurden, und dann damit angefangen, sie niederzumetzeln. Das war selbst einigen ihres Teams zu weit gegangen. Ein verheerender Kampf brach aus, als drei Knight Guardians versuchten, die Kinder vor Cat und den Loyalisten zu schützen.
    Fünf Stunden nach dem Massaker war Paula durch die Kathedrale geschritten. Trotz all der Verbrechen, die sie erlebt hatte, all des Bösen, dessen sie Zeuge geworden war, hatte nichts sie auf die Gräueltaten vorbereiten können, die unter dem geschmackvollen Kuppelhimmel mit seinen kristallinen Bögen begangen worden waren. Und sie hatte begriffen, dass dieser Frau Einhalt geboten werden musste, ganz gleich, wie viel Immunität ihr Far Aways Regierung garantierte und welchen persönlichen Schutz ihr die Knight Guardians boten. Inmitten der Blutlachen und verkohlten Kirchenbänke stehend, hatte Paula sich im Geiste schon damit abgefunden, in Zukunft gegen eine beträchtliche Zahl von Commonwealth-Gesetzen zu verstoßen, um Gerechtigkeit zu erwirken. Natürlich hatte sie das nicht gemusst, der Senat hatte ihr die umfassende und absolut legale Vollmacht erteilt, Cat zu finden und vor das eigens einberufene Gericht in Paris zu bringen.
    Während ihrer nächsten Rejuvenation