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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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hatte keinerlei Bedürfnis, noch einmal vom Weg abzukommen. Eigentlich wollte ich am liebsten kehrtmachen und nach Hause laufen, aber die Bestien, die dort auf uns lauerten, waren nicht wesentlich sympathischer, und Kaylin brauchte uns.
    Chatter legte den Kopf schief und musterte mich neugierig. »Cicely, du bist nicht ›abgewandert‹, wie du es nennst. Das Wesen hat sich im Nebel versteckt und dich eingefangen, bevor wir es daran hindern konnten. Du hast dich die ganze Zeit nicht von der Stelle gerührt.«
    Ich war auf dem Weg geblieben, war nicht abgedriftet, hatte mich nicht von der Truppe entfernt? Und dennoch waren hier Kreaturen, die angriffen, wo immer man sich befand? Schaudernd nickte ich, brachte aber kein Wort heraus.
    Geht es dir gut, Kind? Ich habe versucht, dich zu erreichen.
    Ulean … Du wolltest mich zurückholen. Aber nichts hat den Nebel durchdringen können. Danke, dass du es versucht hast!
    Es gibt so viele Gefahren hier, und ich bin froh, dass ich mit euch gekommen bin. Aber sei dennoch auf der Hut! Kreaturen wie dieser Traumweber sind schwer zu bekämpfen, denn ihr Köder ist süß wie Honig.
    Ich hatte mir immer gewünscht, dass Krystal eine normale Mutter wäre, die ihre Tochter liebt. Wenn meine Gedanken so leicht zu lesen waren und meine geheimen Wünsche so klar, dann war ich nur froh, dass Rhiannon nicht mit uns gekommen war. Ich stählte mich innerlich und nickte Chatter zu.
    Wir setzten uns wieder in Bewegung und drangen tiefer in das schattige Land ein. Ich spürte Wesen vorbeiziehen, fing im Windschatten Gewisper auf, doch ich konnte die Sprachen nicht verstehen, nur die Emotionen nachempfinden …
    … Trauer, Verlust … Melancholie …
    … Hunger, tobender, wütender Hunger …
    … Angst, permanente Wachsamkeit …
    … müde, so große Müdigkeit, aber keine Chance, sich auszuruhen …
    »Dieses Land ist kein Ort zum Glücklichsein«, sagte ich nach einer Weile und löste mich aus dem Windschatten. Es war zu deprimierend.
    Chatter sah über die Schulter. »Nein, der Hof der Träume ist wahrhaftig kein Ort der Freude, obwohl manche – die Fledermausleute zum Beispiel – eine ganz eigene Vorstellung von Freude haben. Dies hier ist eine Welt, wo langgehegte Träume sterben, wo Neid und Eifersucht gedeihen, wo Leute vom Weg abkommen und finstere Wesen Trauer, Unsicherheit und Gier ausnutzen können.«
    Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir schon unterwegs waren – obwohl mir auffiel, dass ich nicht annähernd so erschöpft war wie bei unserer Wanderung durch den tiefen Schnee –, als Chatter plötzlich stehen blieb und den Finger ausstreckte. Ein hoher, karger Berg hob sich im Zwielicht gegen den Himmel ab. An einer Seite öffnete sich eine Höhlung im Granit.
    »Heimstatt der Fledermausleute. Dorthin müssen wir.«
    Während ich auf die tintenschwarze Öffnung starrte, sagte mir ein plötzliches Ziehen in der Magengrube, dass wir wahrscheinlich eben nur die Oberfläche des Hofs der Träume angekratzt hatten.
    Schatten betraten und verließen die Höhle: Groß waren sie, dünn, zweibeinig, die Flügel nach hinten zurückgefaltet. Sie bewegten sich sehr bewusst, als würden sie in einer Prozession gehen, die Schritte abgehackt, kräftig, bestimmt. Ich betrachtete die Hände; die langen Krallen schimmerten wie silberne Dornen. Gewisper – oder nein, Klicks, Hunderte von kurzen Klickgeräuschen rasten durch die Luft und hallten im Windschatten wider, und es schienen mehr und mehr zu werden, bis ich es kaum noch aushalten konnte.
    Ulean heulte um mich herum. Es fließt zu viel Energie durch den Windschatten. Cicely, dieser Ort ist gefährlich. Pass auf, wohin du trittst. Diese Wesen sind keine Traumweber, sie fressen Hoffnung, Liebe, Träume. Sie können böse und hinterhältig sein.
    Einer dieser Schatten wandte sich mit einem Mal uns zu, und in einer Bewegung, so schnell, dass er zu einem Schemen verschwamm, trat er uns in den Weg.
    Chatter schauderte, hielt aber eine Hand hoch und öffnete den Mund. Sein Kopf schoss hin und her, um sich dem pendelnden Kopf unserer Straßensperre anzupassen, und man hörte, wie zwischen den beiden eine Reihe von Klicklauten ausgetauscht wurden.
    Deswegen wollte Lainule also, dass er mitgeht. Dieser Feenmann war offensichtlich weit mehr als nur Grieves Kumpel, und ich fing gerade erst an, seine Fähigkeiten zu erkennen.
    Einen Moment später winkte uns die verwischte Gestalt und drehte sich um. Chatter bedeutete uns, zu schweigen

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