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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zumindest eine ausgeprägte Tendenz in eine kriminelle Richtung. Sich jahrelang vom Schwiegervater aushalten lassen, irgendwelches Geschreibsel verfassen, das niemand verlegen und erst recht niemand lesen möchte, das alles ist schon mehr als eigenartig. Und was hat er dann getan? Kaum war Ihr Vater tot, hat er alles zu Geld gemacht, was eigentlich Ihnen gehörte, sich ein Schiff gekauft und eine Weltumsegelung angetreten, zu der Sie überhaupt keine Lust hatten. Es gehört ein ziemliches Maß an Rücksichtslosigkeit dazu, einer Frau das Zuhause wegzunehmen in der Absicht, sie um den halben Erdball herumzuschleifen, und es gehört noch mehr Rücksichtslosigkeit dazu, sie zur Annahme irgendwelcher Gelegenheitsjobs in fremden Häfen zu nötigen. Dann schafft er es noch, das Schiff in den buchstäblichen Untergang zu segeln, und um das Maß voll zu machen, bringt er Sie in ein Krankenhaus und macht sich aus dem Staub. Sie hätten jetzt auf der Straße stehen können! Was dachte er, wohin Sie gehen sollten? In ein Obdachlosenasyl?«
    Sie sah ihn still an. In ihren Augen glitzerten Tränen. Eine löste sich und rollte über ihre Wange.
    »Ich weiß nicht, was er dachte. Ich weiß es nicht.«
    Er musste die Frage einfach stellen. Es war demütigend für sie beide, aber er wusste, dass er trotz seiner brennenden Müdigkeit keinen Schlaf finden würde, wenn er jetzt nicht fragte.
    »Livia, verzeihen Sie, das klingt sehr indiskret, aber … ich meine, ist Ihr Mann jemals … gab es jemals Frauengeschichten während Ihrer Ehe?«
    Sie hob abrupt den Kopf, starrte ihn an. »Wie meinen Sie das?«
    »Wie ich es sagte. Hatten Sie Probleme mit ihm wegen anderer Frauen?«
    »Was genau wollen Sie wissen?«
    Er atmete tief. Es war so entsetzlich. »Sie sagten, wenn meine Frau jetzt mit ihm zusammen ist, dann aus freiem Willen. Sie sind überzeugt, dass er sie nicht verschleppt, entführt oder sonst irgendwie genötigt hat, mit ihm zu kommen. Also liegt doch die Frage nahe … Könnte es sein, dass er sich irgendwelche Hoffnungen auf sie macht?«
    Livia schwieg eine ganze Weile. Dann sagte sie: »Warum fragen Sie mich das?«
    »Nun, weil …«
    »Wenn Virginia freiwillig mit ihm gegangen ist, könnten Sie diese Frage doch auch an sich selbst richten.« Ihre Stimme wurde sehr leise. Sie wirkte nicht aggressiv, als sie fragte: »Könnte es sein, dass sich Virginia irgendwelche Hoffnungen auf ihn macht? Hatten Sie jemals Probleme wegen anderer Männer?«
    Er war wie vor den Kopf geschlagen.
    Er vermochte keine Antwort zu geben.
    Ihm war nur sofort klar, dass er trotz seiner schmerzhaften Müdigkeit die ganze Nacht über kein Auge zumachen würde.
     

2
    Liz Albys Telefon klingelte am frühen Morgen und riss sie aus einem unruhigen Schlaf. Sie hatte von Sarah geträumt. Es war kein schöner Traum gewesen, denn Sarah schrie und quengelte und versuchte ständig, auf das Dach eines hohen Hauses zu klettern. Sie hangelte sich an einem Balkongitter entlang. Liz stand unten und wusste, dass es eine Frage der Zeit war, bis ihr Kind stürzen würde. Sie rannte hin und her, um im Ernstfall mit ausgebreiteten Armen dazustehen, aber es gelang ihr nicht, die Flugbahn des kleinen Körpers zu berechnen. Ganz gleich, wohin sie sich stellte, es hatte immer den Anschein, dass Sarah an der entgegengesetzten Seite aufschlagen würde. Liz war schon ganz verzweifelt, aber da hörte sie ein lautes Schrillen und wusste, dass die Feuerwehr zu ihrer Hilfe nahte. Im nächsten Moment erwachte sie und begriff, dass das Telefon läutete.
    Sie starrte auf die Uhr neben ihrem Bett. Halb sieben. Wer rief so früh an?
    Der Telefonapparat stand gleich neben der elektronischen Uhr. Liz setzte sich auf, knipste das Licht an, nahm den Hörer ab.
    »Ja?«, fragte sie. Ihre Stimme klang noch etwas heiser. Auf der anderen Seite herrschte Schweigen. »Ja?«, wiederholte Liz ungeduldiger.
    Die Stimme am anderen Ende klang ebenfalls krächzend. Jedoch nicht verschlafen. Sondern vollkommen kraftlos. »Mrs. Alby?«
    »Ja. Wer ist denn da?«
    »Hier ist Claire Cunningham.«
    Liz brauchte eine Sekunde, dann begriff sie. »Oh«, sagte sie überrascht, »Mrs. Cunningham!«
    »Ich weiß, es ist eine unmögliche Uhrzeit«, sagte Claire. Sie sprach ein wenig schleppend, die Endungen ihrer Worte verwischten ganz leicht. Da Liz nicht davon ausging, dass Claire Cunningham morgens um halb sieben betrunken war, nahm sie an, dass sie unter ziemlich starken Beruhigungsmitteln stand.
    »Ich war

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