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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zu fahren und sich dort ein Auto zu nehmen. Der Flughafen im Nordosten Londons war eine gute Ausgangsbasis, um nach Norfolk zu reisen, zudem vermied er damit die selbst zu später Stunde noch recht vollen Umgehungsstraßen Londons. Die U-Bahn-Station befand sich gleich vor seiner Haustür. Es war besser, irgendetwas zu tun.
    Um kurz nach zehn saß er in einem Auto und steuerte auf die M11 Richtung Norfolk. So dicht an der Stadt herrschte noch starker Verkehr, aber je weiter er vorankam, umso ruhiger wurde es. Er fuhr schneller, als es erlaubt war, ab und zu bemerkte er es, wurde langsamer, stellte aber nach einiger Zeit fest, dass er schon wieder zu schnell fuhr. In ihm war eine schreckliche Unruhe. Er konnte einfach keine logische Erklärung für Virginias Verschwinden finden. Sie hätte am helllichten Tag in einen ganz normalen Zug auf einer viel befahrenen Strecke einsteigen und ebenfalls am helllichten Tag mitten in London aussteigen müssen. Wo, zum Teufel, sollte da etwas passieren? Sie hatte das Haus verriegelt, hatte ihr Kind beim Verwalterehepaar abgegeben. Sie war ganz offenbar zur Abreise entschlossen gewesen.
    Das einzige Fragezeichen in der Kette war ihr Weg nach King's Lynn hinein zum Bahnhof. Möglicherweise war sie dort schon nicht angekommen. Von einem Unfall hätten die Walkers jedoch längst gehört.
    Immer intensiver kreisten Frederics Gedanken um Nathan Moor. Er vermutete, dass Virginia ihn im Auto dabeigehabt hatte. Wie anders hätte er von Ferndale in die Stadt kommen sollen? Sie hatte ihn mitgenommen, in der Absicht wahrscheinlich, ihn zu dem Krankenhaus zu fahren, in dem seine Frau lag. War er dort angekommen?
    Er würde am nächsten Morgen als Erstes Livia Moor aufsuchen müssen. Vielleicht hatte sie eine Ahnung, wo ihr Mann abgeblieben war. Und wenn nicht? Wenn sie auch nichts mehr von ihm gehört hatte?
    Frederic bildete sich ein, eine recht gute Menschenkenntnis zu besitzen, und eines war ihm an jenem letzten Urlaubstag, den er erzwungenermaßen gemeinsam mit den Moors in seinem Haus in Dunvegan verbracht hatte, klar geworden: Nathan Moor hatte nicht die geringsten Gefühle für seine Frau übrig. Was immer ihn irgendwann einmal bewogen haben mochte, Livia zu heiraten, inzwischen war sie ihm völlig gleichgültig. In die Klinik nach King's Lynn hatte er sie nur gebracht, da war sich Frederic sicher, um sich erneut an Virginia heranzuschleichen. Wobei ihm auch noch das Glück zur Hilfe gekommen war, dass sie allein, dass ihr Mann verreist war.
    Was wollte er von ihr?
    Vielleicht ging es ihm nur ums Geld. Seitdem er das Haus auf Skye zum ersten Mal betreten hatte, schnorrte er sich gnadenlos durch. Frederic mochte nicht wissen, um wie viele Pfund er Virginia in den vergangenen Tagen erleichtert hatte. Der Bestsellerautor! Der aus unerfindlichen Gründen nicht an einen einzigen müden Euro auf seinem deutschen Konto herankam.
    Am Ende war er einfach nur scharf auf das Auto gewesen. Befand sich damit längst auf der Flucht irgendwohin. Aber was hatte er mit Virginia gemacht? Auf welche Weise war er sie losgeworden?
    Frederic schlug mit der geballten Faust auf das Lenkrad, erhöhte weiter die Geschwindigkeit, obwohl er sowieso gerade wieder einmal viel zu schnell fuhr. Er hätte sich ohrfeigen können! Er hätte einen Aufstand machen müssen, als er erfuhr, dass sich Nathan Moor in Ferndale einquartiert hatte. Schließlich hatten alle Alarmglocken in seinem Kopf zu schrillen begonnen. Er erinnerte sich, wie empört er gewesen war, als er davon hörte. Und dass er, irgendwo verborgen in sich, eine unbestimmte Furcht verspürt hatte, die mit seinem Abscheu gegenüber Moor zu tun hatte, mit dem tiefen Misstrauen, das er ihm von der ersten Sekunde an entgegengebracht hatte.
    Aber klar – anderes war ihm wichtiger gewesen. Er musste ehrlich mit sich sein: Seine Gedanken waren fast ausschließlich um das wichtige Abendessen am Freitag gekreist. Um das Problem, Virginia an seine Seite zu ziehen. Er hätte es nicht riskiert, ihre Stimmung wegen eines Streits um Nathan Moor zum Kippen zu bringen. Er hatte sein dummes Gefühl, die warnende Stimme, seine Entrüstung beiseite geschoben, so weit weg gedrängt, dass er sie kaum mehr wahrnahm. Er hatte sich ausschließlich auf den Freitag konzentriert. Auf Virginia, die nach London kommen sollte. Auf ihren gemeinsamen Abend. Der, wenn alles gut gegangen wäre, der Auftakt zu weiteren gemeinsamen Aktivitäten zugunsten seiner politischen Karriere hätte sein

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