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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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aufgedeckt wurde?«
    »Woher zum -« Terry biß sich hastig auf die Zunge. »Das hat er mir nicht verraten.«
    »Dann bin ich für V wie Verity«, entschied Deacon. Er hielt vor einer Ampel. »Ich gehe noch weiter. Ich wette, sie hat ausgesehen wie die Frau auf Picassos Bild. Wäre das möglich, was meinst du? Du hast gesagt, er hat die Karte geliebt und sie geküßt, wenn er betrunken war. Kann man daraus nicht schließen, daß sie ihn an jemanden erinnert hat?«
    »Ich seh’ nicht ein, wieso«, entgegnete Terry sachlich. »Zum Beispiel hat einer von den Typen ein Bild von Madonna, das er dauernd anschmachtet, aber der hat nie in seinem Leben so eine Frau gehabt. Der braucht das wahrscheinlich, damit er’nen Ständer kriegt.«
    Deacon fuhr wieder los. »Zwischen der Fotografie einer lebenden Frau, die es darauf anlegt, Männerphantasien auszubeuten, und einem Porträt, das vor fast hundert Jahren gemalt wurde, besteht ein Unterschied.«
    »Ach, das war damals bestimmt nicht anders«, widersprach Terry, nachdem er einen Moment ernsthaft über die Frage nachgedacht hatte. »Wetten, daß Picasso den schönsten Ständer hatte, als er die Frau gemalt hat, und bestimmt hat er gehofft, daß andre Typen auch einen kriegen, wenn sie sich die Frau anschauen. Ich mein’, der ihre Titten sind doch echt klasse.«
     
    13 Uhr - Kapstadt, Südafrika
    »Wer ist diese Frau?« fragte eine stattliche ältere Dame ihre Tochter und wies mit einer Kopfbewegung auf die einsame Gestalt an einem Tisch am Fenster. »Ich habe sie schon öfter hier gesehen. Sie ist immer allein und macht immer ein Gesicht, als wäre sie lieber ganz woanders.«
    Ihre Tochter betrachtete die Frau. »Gerry ist ihr einmal vorgestellt worden. Ich glaube, sie heißt Felicity Metcalfe. Ihrem Mann gehört eine Diamantenmine oder so was. Sie schwimmt jedenfalls im Geld.« Mit einer gewissen Unzufriedenheit sah sie auf den kleinen Brillanten ihres Verlobungsrings hinunter.
    »Ich habe sie nie in Begleitung eines Mannes gesehen.«
    Die jüngere Frau zuckte die Achseln. »Vielleicht ist sie geschieden. Bei dem Gesicht wär’s kein Wunder.« Sie lächelte wenig freundlich. »Mit dem könnte man Diamanten schneiden.«
    Ihre Mutter unterzog die einsame Frau einer genauen Musterung. »Sie ist sehr dünn«, stimmte sie zu, »und außerdem ziemlich traurig, glaube ich.« Sie wandte sich wieder ihrem Essen zu. »Es stimmt schon, was das Sprichwort sagt, Kind - Geld macht nicht glücklich.«
    »Aber Armut auch nicht«, versetzte ihre Tochter mit einiger Bitterkeit.
    Während Terry am Nachmittag die Wohnung dekorierte, saß Deacon am Küchentisch und versuchte, aus dem wenigen, was er wußte, ein Bild zusammenzufügen. Von Zeit zu Zeit warf er Terry eine Frage hin. Warum hat Billy in der Lagerhalle gehaust? Aus den gleichen Gründen wie wir alle, nehm’ ich an. Waren Flüsse für ihn etwas Besonderes? Davon hat er nie etwas gesagt. Hat er vielleicht einmal den Namen eines Ortes genannt, in dem er gelebt haben könnte? Nein. Hat er eine Universität oder einen Beruf oder den Namen einer Firma erwähnt, für die er mal gearbeitet haben könnte? Ich kenn’ keine Universitäten, also wär’s mir eh nicht aufgefallen, oder?
    »Aber du solltest sie kennen, verdammt noch mal!« brüllte Deacon, dem nun doch die Geduld riß. »Ich kenne niemanden, der so wenig Ahnung hat wie du.«
    Terry streckte grinsend den Kopf zur Küchentür herein. »Sie wären in einer Woche’ne Leiche, wenn Sie so leben müßten wie ich.«
    »Sagt wer?«
    »Sag’ ich. Einer, der sich einbildet, es wäre wichtiger, die Namen von Universitäten zu wissen, als wie man was zu essen ranschafft, hat überhaupt keine Chance, wenn’s hart auf hart kommt. Das einzig Wichtige ist, irgendwie am Leben zu bleiben, und beschissene Universitäten kann man nicht fressen. Wollen Sie sich mal anschauen, was ich hier drin gemacht hab’? Es sieht echt genial aus.«
    Er hatte recht. Nach zwei Jahren war ein Hauch von Gemütlichkeit in Deacons Wohnung eingezogen.
     
    Deacon reduzierte seine Aufmerksamkeit auf Namen, Jahrgänge, Orte und verbindende Gedanken und ordnete sie auf einem DIN-A 4-Blatt in logischer Gruppierung an, in deren Mitte er Billy setzte. Er lehnte das Blatt an die Weinflasche. »Du hast das Malerauge. Sieh mal, ob du irgendwelche Muster erkennen kannst. Ich helf’ dir, wenn du was nicht lesen kannst.« Er verschränkte die Arme und beobachtete den Jungen beim Studium des Blatts, und wenn Terry mit

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