Das Ende Der Ausreden
abgeschnitten.
Was bei ihm »tender soft spot« heißt, ist im Zentrum, in der Mitte, im Herzen jedes Menschen lokalisiert: ein feines, klares, sensibles Bewusstsein unserer selbst. Es ist wie ein innerer Platz, an dem wir in gutem Kontakt mit uns selbst, unseren Empfindungen, unseren Ressourcen, unserer Zuversicht, Regenerationsfähigkeit, unserer Ganzheit und unserem inneren Wissen sind. An dem wir aus Gilligans und vieler anderer Sicht auch spüren, dass wir mit etwas Größerem außerhalb unserer Selbst verbunden sind.
Wir haben aufgehört, eine lebendige Zwiesprache mit diesem zarten Teil zu pflegen, wir haben uns verhärtet und stattdessen eine Beziehung zu uns selbst etabliert, die sich jetzt oft blind und taub gebärdet.
Unser Ziel ist nun, das somatische Selbst und unseren Geist – anders ausgedrückt: unseren Körper und unser Bewusstsein – wieder zu verbinden. Erst dann können wir vom Leben wieder lernen, wachsen und uns versöhnen. Eine von Gilligans Prämissen seiner therapeutischen Arbeit lautet: »Your attention can move away from your center, but your center always remains right where it is.« Das klingt erstaunlich ähnlich zu dem Satz von Meister Eckhardt, dem Philosoph und Theologen des 13. Jahrhunderts: »Gott ist in uns daheim, nur wir sind in der Fremde.«
Und wenn Sie auch Ihr halbes Leben lang von Ihrer Mitte wegschauen: Sie ist da, wo sie ist. Sie mögen weghören, Botschaften ausblenden, sich ablenken, sich Geschichten ausdenken, die Dosis erhöhen – Ihre Mitte bleibt, wo sie ist. Wartet darauf, dass Sie sich ihr wieder zuwenden. Symptome, körperliche wie psychische, sind aus dieser Sicht Selbstheilungsversuche; ein Versuch des Selbst, die Aufmerksamkeit wieder neu zu lenken. Wenn Sie den Problemen, die dadurch entstehen, dass Sie Ihre Mitte ignorieren oder Ihre Zartheit in Härte kehren, die richtige Aufmerksamkeit schenken: dann kann Sie das wieder zurück zu dem Teil Ihres Selbst bringen, der heil ist.
20 Wie auch immer es uns geht: Wir sollten tun, was uns guttut
In den beiden letzten Kapiteln ging es um die freundliche innere Haltung, die Ihr wichtigster Begleiter bei allen weiteren Schritten sein wird. Was immer Sie tun – wenn Sie sich dabei ein Lächeln und Augenzwinkern für sich selbst gönnen, wird es Ihnen leichter fallen und besser gelingen.
Ehe wir weitergehen, möchte ich Sie bitten, mit mir für einige Momente über eine wichtige Frage nachzudenken:
Woran erkennen Sie, dass jemand Sie liebt?
Wenn Sie nicht der Gänseblümchen-Methode vertrauen wollen (»Er liebt mich.« Zupf »Er liebt mich nicht.« Zupf), ist das gar nicht so einfach zu beantworten. Mag sein, dass Sie es spontan sagen können, vielleicht müssen Sie aber auch eine Weile überlegen. Wodurch merken Sie, dass Sie geliebt werden, was macht Sie zweifeln und wann sind Sie sich sicher?
Bei allen individuellen Unterschieden und Akzenten kommen Menschen im Kern zu einem ähnlichen Ergebnis. Es könnte – wenn ich einen männlichen Partner im Sinn habe – etwa so lauten:
Ich erkenne, dass er mich liebt, daran dass
• ich ganz sicher sein kann, dass er mir niemals schaden, sondern immer wohl will
• er sorgsam und aufmerksam mit mir ist
• ich mich auf ihn verlassen kann, weil er hält, was er verspricht, und weil er mir in wichtigen Fragen die Wahrheit sagt
• er mich für das schätzt, was mich ausmacht
• er meine Stärken anerkennt, aber auch um meine Schattenseiten weiß und davor nicht zurückschreckt
• er mir verzeihen kann (auch wenn ich unausstehlich war)
• er an mich glaubt
• er sich Zeit für mich nimmt und immer da ist, wenn ich ihn brauche
• er gern mit mir zusammen ist und sich freut, wenn er mich sieht
• er zu mir steht, mir beisteht und für mich spricht
• er liebevoll und zärtlich zu mir ist
• er für mich seine Ängste überwindet
• er mir, wenn nötig, einen Schubs oder einen Tritt in den Hintern gibt, damit ich tue, was ich tun sollte
• er mir Hühnersuppe kocht (oder kauft), wenn ich krank bin
Sie mögen vielleicht keine Hühnersuppe? Sich geliebt zu fühlen, ist fraglos eine sehr persönliche Angelegenheit. Vielleicht wäre für Sie noch etwas Zusätzliches oder anderes wichtig (dass Ihnen jemand Freiraum gibt, einen Heiratsantrag macht, Ihnen Blumen mitbringt, sich den Bart abrasiert, einen Fehler nicht anspricht …), aber in der Summe können Sie vermutlich zustimmen.
Es gibt nichts Gutes, außer …
Natürlich ist es sehr
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