Das Ende der Geschichten (German Edition)
Und meine Neuigkeit ist, dass ich bei Bob bleiben werde. Das habe ich gestern Nacht entschieden, und ich fühle mich richtig gut damit: ein ganz warmes, angenehmes Bauchgefühl. Mark wollte mich wiederhaben, aber ich habe nein gesagt. Das hätte ich zwar nie gedacht, aber so war es.» Sie zuckte die Achseln. «Anschließend habe ich im Bett noch ewig mit Bob geredet und ihm vorgeschlagen, dass wir diesen Sommer zusammen auf Reisen gehen. Wir müssen beide dringend mal raus hier. Sonst kriegen wir noch einen Lagerkoller.»
«Aber hast du nicht gesagt …»
«Was? Dass ich nicht mehr mit ihm schlafen kann? Stimmt. Das ist ein Problem. Aber sonst klappt alles toll zwischen uns, und offen gestanden habe ich auch festgestellt, dass es schon irgendwie geht, wenn ich vorher eine Flasche Wein getrunken habe, mir ein paar Pornos im Internet anschaue und er duscht und dann am ganzen Körper nur noch nach Seife riecht. O Gott. Das hört sich furchtbar an. Aber ich glaube, es ist auch nicht schlimmer als bei anderen langjährigen Paaren. Oder?»
«Christopher und ich hatten eigentlich nie richtig viel Sex.»
«Na, siehst du.»
«Aber ich verlasse ihn ja auch.»
«Ja, aber aus anderen Gründen.»
«Weißt du», sagte ich, «ich kann einfach nicht begreifen, dass er nicht die ganze Zeit Sex haben wollte. Ich meine, wozu ist Christopher denn sonst gut? O Gott, ich kann gar nicht glauben, dass ich das gerade gesagt habe. Aber irgendwie stimmt es doch.»
Wir schwiegen beide. «Heiliges Kanonenrohr», rief Libby schließlich. «Du machst das wirklich. Du willst dich tatsächlich befreien.»
«Ja.»
«Und es ist die absolut richtige Entscheidung.»
«Ja. Ich weiß. Glaube ich zumindest.»
«Stürz dich jetzt bloß nicht einfach blindlings in etwas Neues. Leg beispielsweise nicht Bobs Onkel flach.»
Ich verdrehte die Augen. «Das schaffe ich eh nicht.»
«Wie? Du streitest es gar nicht ab? Dann ist das also er, mit dem du eine Affäre haben willst? Wusst ich’s doch! Du Teufelin!» Sie grinste.
«Jetzt lass mal die Kirche im Dorf. Ich glaube, ich habe da ein bisschen überreagiert. In Wahrheit steht er gar nicht auf mich, und ich stehe eigentlich auch nicht auf ihn. Wir sind nur Freunde. Ich treffe mich nächste Woche mit ihm zum Mittagessen, aber das hat nichts zu bedeuten. Er ist mit jemandem zusammen …»
«Mit Bobs Tante, um genau zu sein!»
«So ist es. Wobei sie ja eigentlich nicht mal verheiratet sind. Aber im Grunde ist das auch egal, weil ich nämlich nichts von solchen Übergangsgeschichten halte. Es wird also nichts passieren.»
«Sexy ist er ja schon irgendwie. Aber auch ziemlich alt.»
«Ich habe schon verstanden, Lib.» Ich stellte meinen leeren Teebecher ab. «Das hat gutgetan. Dann gehe ich jetzt mal umziehen.»
«Viel Glück.»
***
Bevor ich nach Torcross aufbrach, goss ich noch ein letztes Mal die Friedenslilie, aber natürlich nahm ich sie nicht mit. Außerdem ließ ich den größten Teil meiner Bücher zurück, um sie irgendwann später einmal abzuholen, und so kam es, dass der gesamte Inhalt meines restlichen Lebens schließlich in drei Pappkartons und einen großen Koffer passte. B. bekam einen eigenen kleinen Umzugskarton, der ihre Decke, drei Tennisbälle in unterschiedlichen Stadien der Auflösung, ihren Gummiball, zwei halbzerkaute Büffelhautknochen, die Tüte mit den Hundekuchen und die beiden Dosen Hundefutter enthielt, die noch im Schrank standen. All meine unsortierten Papiere und Kontoauszüge packte ich in diverse Müllbeutel und stand dann zum ersten Mal seit Jahren vor einem leeren Schreibtisch. Es kam mir vor, als wäre ich gestorben und gleichzeitig mit der Aufgabe betraut worden, das Haus von all meinen nutzlosen alten Sachen zu befreien. Die meisten Papiere schaute ich gar nicht mehr an, bevor ich sie wegwarf. Das hätte ich alles schon vor Monaten tun können, vielleicht hätte ich mich dann sogar wohler gefühlt. Ich nahm mein Notebook, die Stromkabel, die Bücher, die ich für den Artikel brauchte, meine Notizbücher, meinen Lieblingsfüller, mein Strickzeug, meinen Marmeladenkochtopf und mein Flaschenschiff und packte sie so sorgsam in den Koffer, als wären sie das Einzige, was ich mit ins Jenseits nehmen konnte. Anschließend verstaute ich alles, inklusive B., im Wagen und stieg dann noch einmal die Stufen zum Haus hinauf, um meine Gitarre sowie den Postsack mit den restlichen Ratgeberbüchern zu holen und mich zu überzeugen, dass ich auch nichts vergessen hatte.
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