Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
Vom Netzwerk:
seinen Mobilfunkmasten, seinem Koffein, Zucker und Glutamat und seinen rationalen Männern und emotionalen Frauen derart gebeutelt fühlten, dass sie ein Buch oder sogar mehrere Bücher benötigten, um damit fertig zu werden und zu lernen, wie man Auszeiten nahm, biodynamisch lebte, positiv dachte, auch mal nein sagte, seine Ängste überwand, bedingungslos liebte, Grenzen zog, sich selbst behauptete und richtig atmete.
    Der Stapel mit den «albernen, aber gutgemeinten» Büchern war der niedrigste und der nächste, den B. umwarf, als sie zu ihrem Sessel ging, auf dem sie sich zusammenrollen wollte. Neben der Zweitwelt von Kelsey Newman enthielt dieser Stapel ein Buch über Hundepsychologie mit dem Titel Der Hundeflüsterer , mit dem ich B. scherzhaft drohte, als sie vorbeilief. Dazu kamen noch ein Buch mit dem Titel Radikal-Heilung , eines, das Die Reise des Narren hieß und dem ein Deck Tarotkarten beigefügt war, eines mit dem Titel Atlas der Astralebene und ein letztes, das ich für mich selbst, aber auch für Tim beiseitegelegt hatte: Zähme die Bestie . Damit, dachte ich mir, würde sich der Einstieg in den Artikel doch ganz gut bestreiten lassen.
    Der «unfassbar blöde» Stapel hingegen, der noch aufrecht stand, enthielt großformatige, grelle Bücher, die jeweils mit einer Hellseherin aus dem Fernsehen oder irgendeinem Guru mit weißem Strahlelächeln und einer Liste von mindestens zwanzig weiteren Veröffentlichungen warben. Meist waren sie mit schreiend bunten Einbänden, mit Großdruck, Abbildungen von Stränden, Palmen, Engeln oder dem Mond und reichhaltig mit Ausrufezeichen gespickten Klappentexten versehen und richteten sich ganz offensichtlich an ein Publikum, für das die Fernseh-Hellseherin eine alte Bekannte war und das auch sonst alles nahm, was der Kosmos so zu bieten hatte, solange man damit im Lotto gewinnen oder mehr Leute ins Bett kriegen konnte. Es gab Eigenbau-Sets, um Kontakt mit dem eigenen Schutzengel oder einem geistigen Führer aufzunehmen, Sammlungen mit verschiedenen Liebeszaubern, Bücher zum Selbststudium der Runen, des I Ging oder der Astrologie, Anleitungen, um sich in frühere Leben zurückzuversetzen und herauszufinden, ob man tatsächlich einmal Kleopatra, Shakespeare oder Elisabeth I. war, sowie Publikationen, die einem erklärten, wie man erfolgreich wurde und – gütiger Himmel! – Bestellungen beim Universum aufgab. Das Buch über die Bestellungen beim Universum warb mit dem Zitat eines abgehalfterten Quizmasters aus den Achtzigern. Die Esoterik-Szene war erschreckend kommerziell geworden. Ich rief Libby an.
    «Ich krieg die Motten», sagte ich.
    «Was denn für welche?»
    Ich musste kichern. «Ich habe hier ein Buch, das behauptet, wenn ich etwas haben will, muss ich einfach nur das Universum darum bitten. Anscheinend kann man sogar Express-Bestellungen aufgeben. Und daneben liegen ungefähr fünfzig weitere Bücher dieser Art. Ich habe gesagt, ich schreibe einen Artikel darüber. Ich muss verrückt gewesen sein.»
    «Vielleicht kannst du das Universum ja bitten, den Artikel für dich zu schreiben.»
    «Gute Idee. Dieses Buch, das übrigens ganze fünfzig Seiten lang ist, wurde sogar schon im Nachmittagsfernsehen vorgestellt. Hinten drauf steht: ‹Auch Sie können alles haben, was Sie sich wünschen!› Anscheinend hat es die Autorin mit dieser Methode von ‹null auf hundert› gebracht und sich dumm und dämlich verdient.»
    «Dann hat sich aber offenbar noch niemand Frieden auf Erden gewünscht.»
    «Nein.»
    «Oder handgestrickte Socken.»
    «Das wäre ja zumindest noch sinnvoll. Wie geht’s dir denn eigentlich?»
    «Ach, grauenhaft. Unverändert.»
    «Kannst du gerade reden?»
    «Nicht direkt.»
    «Ist Bob da?»
    «Ja. Bob hat sich nämlich ein neues Buch über Gitarren-Riffe gekauft. Jetzt wird er gleich den Verstärker aufdrehen und die Bude rocken, stimmt’s, Schatz?»
    «Na, dann sag ihm mal einen lieben Gruß von mir.»
    «Meg sagt einen lieben Gruß!», rief Libby, und ich hörte Bob mit fröhlicher Stimme antworten.
    «Du rätst nie, was es sonst noch Neues gibt», sagte ich.
    «Was denn?»
    «Drew spielt Wronski in Anna Karenina . Mit Rosa.»
    «Wie, dein Ex-Drew?»
    «Genau. Ist das nicht total krank? Er stand schon immer auf sie.»
    «Mein Gott.» Libby seufzte. «Warum ist das Leben bloß so kompliziert?»
    «Das darfst du mich nicht fragen. Was fange ich jetzt mit all diesen Büchern an?»
    «Keine Ahnung», erwiderte Libby. «Ich würde von so

Weitere Kostenlose Bücher