Das Ende der Geschichten (German Edition)
auch anwenden – da bin ich mir sicher. Man würde sie dabei beobachten können, wie sie tatsächlich Löffel verbiegen.»
«Vielleicht machen diejenigen, die es können, das eher heimlich. Außerdem spüren, glaube ich, oft die falschen Leute, dass es da draußen mehr Macht gibt, als sie selber haben; deswegen tun sie so, als hätten sie trotzdem welche. Aber da bin ich mir eben auch noch nicht sicher. Jedenfalls finde ich diese Zweitwelt faszinierend, und ich glaube, dass sich damit viele solche Fragen beantworten lassen. Kelsey Newman hält übrigens bald einen Vortrag in Totnes, dann werde ich ihn das alles fragen. Vielleicht willst du ja mitkommen? Du könntest mir dann sagen, was vielleicht falsch ist an seinen Antworten. Dann wärst du meine Anwältin des Teufels oder so was in der Art.»
«Ich habe das Plakat im Café hängen sehen», sagte ich. «Warum kommt er denn ausgerechnet nach Totnes?»
«Er war schon mal hier. Anscheinend hat er irgendwelche Kontakte nach Dartington. Seinen letzten Vortrag habe ich mir auch angehört; so bin ich überhaupt erst auf seine Theorien gekommen.»
Ich seufzte. «Na, immerhin will Kelsey Newman nicht, dass man Geld in seine Stiftung einzahlt oder seine kostenpflichtige Website abonniert. Und er hat auch keine eigene Modelinie im Angebot und verkauft keinen Schmuck, der einem vielleicht Glück bringen kann.»
«Du bist aber heute ganz schön kritisch mit solchen Leuten», bemerkte Josh. «Noch mehr als sonst.»
«Ach … ich soll für meine Zeitung so einen Artikel über esoterische Ratgeber schreiben. Mein Redakteur hielt das für eine gute Idee, nachdem er meine Newman-Rezension gelesen hatte. Und ich hatte ja keine Ahnung, wie viel Scheiß da im Umlauf ist. Weißt du, was ich wirklich nicht kapiere? Mal angenommen, es gibt tatsächlich eine geheimnisvolle Lebenskraft im Universum – Energie, Chi, Energeia oder wie man sonst noch dazu sagt –, mit deren Hilfe man andere heilen oder auch die Zukunft vorhersagen kann. Und angenommen, man findet heraus, wie man sie einsetzen kann. Dann müsste man doch eigentlich ein sehr erleuchteter Mensch sein, im Einklang mit allem, und müsste die Öffentlichkeit nicht mit Büchern darüber bombardieren. Und wenn eine solche Person ein Buch über die Harmonie mit dem Universum schreibt, würde sie es dann nicht gratis verteilen? Oder sie würde es von mir aus schreiben, es dann aber dabei belassen – und nicht gleich noch zehn Bücher zum selben Thema nachschieben, weil einem der Verlag im Nacken sitzt und es einen so großen Markt für diesen Bockmist gibt. Wenn man im Einklang mit dem Universum wäre, würde man brillante Romane schreiben oder großartige Bilder malen – aber doch keine Ratgeberliteratur. Ich habe so ein Buch über Bestellungen beim Universum gelesen, mit dem der Autor sicher sehr viel mehr Geld verdient hat, als er sich je beim Universum bestellen kann. Das sagt doch eigentlich alles. Und außerdem kann keiner von denen auch nur einen geraden Satz schreiben.»
«Puh», machte Josh. «Da hast du natürlich recht. Aber ich glaube ja, ehrlich gesagt, dass das alles nur dazu dient, einen vom Eigentlichen abzulenken.»
«Wie – so eine Art Verschwörung?»
«Nicht unbedingt. Es ist eben so: Du triffst da draußen viele Betrüger und Schwindler, die versuchen, das zu verscherbeln, was sie haben, weil sie sonst von nichts leben können. Wenn man tatsächlich zaubern könnte, bräuchte man doch wohl keine solche Bühnenshow. Und man bräuchte auch kein Buch darüber zu schreiben. Man würde einfach friedlich irgendwo in einem Häuschen leben, und keiner würde davon erfahren. Nur weil man etwas nicht sehen kann, heißt das noch lange nicht, dass es nicht da ist; denk nur mal an Gene oder an Schallwellen. Und auf hundert schreckliche Machwerke über Tarot und Poltergeister kommt immerhin ein richtig gutes Buch, das dir irgendwie eine neue Sicht auf die Welt gibt. Du musst nur wissen, wo du suchen sollst.»
«Aber was hat das denn für einen Sinn?», fragte ich. «Ein Universum, das nur aus Daten besteht. Nehmen wir mal an, du hast recht, und Zaubern wäre tatsächlich genauso leicht, wie einen Shortcut auf dem Computerdesktop anzulegen, wenn wir nur wüssten, wie es geht. Und Newman hätte auch recht, und man müsste tatsächlich ein heldenhaftes Leben führen und sich erst beweisen, bevor man richtig auf all das zugreifen kann. Wozu ist das dann gut? Selbst wenn es tatsächlich Zauberei und Drachen
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