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Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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hat?«
    »Nein«, sagte ich, »wie hat es sich angefühlt?«
    Er runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte er. »Ich kann Ihnen nicht folgen. Ich habe nichts angefasst.«
    »Ich möchte von Ihnen wissen«, sagte ich, »wie es sich angefühlt hat.«
    »Ich habe es kaum berührt«, erklärte er, »ich bin nur kurz rein und wieder raus.«
    »Und als Sie drinnen waren«, sagte ich, »wie hat es sich angefühlt?«
    »Wie ein Auto«, sagte er mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme, »es hat sich wie ein Auto angefühlt.«
    Ich betrachtete ihn. Ich betrachtete ihn, bis ich die Ringe unter seinen Augen sah, Ringe, die er mit Sarkasmus und billigen Ausreden vor mir zu verbergen suchte.
    »Nein«, sagte ich, »das wissen wir beide. Hören Sie, ich bin der einzige Mensch, dem Sie sich anvertrauen können. Ich gebe Ihnen die Gelegenheit, es an mich weiterzugeben und sich ein für alle Mal davon zu befreien. Ich allein, niemand sonst. Und wenn Sie sich dagegen entscheiden, wenn Sie beschließen, es für sich zu behalten und zu ignorieren, wird es Sie für den Rest Ihres Lebens belasten.«
    Er sah mich an. »Sie sind ja verrückt«, sagte er. »Sie sollten jetzt besser gehen. Wirklich.«
    »Wie hat es sich angefühlt?«, fragte ich noch einmal. »Dies ist Ihre letzte Chance. Die letzte Chance, es loszuwerden. Ein für alle Mal. Für den Rest Ihres Lebens.«
    Craig Robbins verzog das Gesicht, seufzte, sah sich mit finsterer Miene um und sagte schließlich: »Es fühlte sich … dunkel an. Wie ein sehr dunkler Ort. Es fühlte sich an wie ein Ort, an den man sich verirrt hat. Wo die anderen einen vergessen, und dann …«
    Craig Robbins fing zu weinen an. Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg.
    »Es hat sich angefühlt«, sagte er mit erstickter Stimme, »als hätte ich mich im Wald verlaufen.«

[home]
    26
    I n einem salvadorianischen Restaurant in Concord aß ich Pupusas und Kochbananen, dann fuhr ich zurück nach Hause. In meinem Apartment zündete ich mir einen Joint an und schaute
Law & Order
an. In der dritten Folge klingelte das Telefon. Ich wartete, bis der Anrufbeantworter ansprang.
    Wieder war Kelly dran.
    Murmel murmel bist du da? Ich weiß, dass du da bist. Geh ran. Geh ran. Geh ran.
    Ich nahm ab.
    »Hey«, sagte sie, gerade so, als telefonierten wir jeden Tag. »Erinnerst du dich an den Bücherbus?«
    »Ja«, sagte ich, »natürlich.«
    »An die Cynthia-Silverton-Bücher?«, fragte Kelly. »Oder Comics oder wie auch immer du sie nennen willst?«
    »Ja«, sagte ich wieder. Aus irgendeinem Grund versetzte mir die Tatsache, dass sie fragte, einen Stich. Als wäre es nicht selbstverständlich. Als stünde unsere gemeinsame Vergangenheit plötzlich in Frage.
    »Sieh es dir im Internet an«, sagte sie. »Gib ›Cynthia Silverton‹ ein. Und dann ruf mich zurück.«
    Sie legte auf.
    Ich kochte mir eine Tasse grünen Tee und dachte, dass Kelly ein herzloses Luder war. Immer schon.
    Dann tat ich, was sie mir aufgetragen hatte.
    Zunächst dachte ich, ich hätte mich vertippt. Ich versuchte es weitere Male und stellte fest, dass ich von Anfang an richtig gelegen hatte.
    Es gab nur einen einzigen, knappen Eintrag in einem Comic-Verzeichnis, der achtunddreißigmal kopiert und an anderer Stelle eingesetzt worden war:
     
    Cynthia Silverton: In geringer Auflage erschienener Comic aus einer Privatdruckerei in Las Vegas, Nevada. 1978 – 1989 . Die Abenteuer von Cynthia Silverton, jugendliche Detektivin und Collegeschülerin. Sehr selten, dennoch nur von mäßigem Wert.
     
    Es gab einen Foreneintrag, ein Umschlagfoto unter folgendem Text:
     
    Komplette Sammlung des Cynthia Silverton Mystery Digest. Glaube ich jedenfalls. Über diesen obskuren Mystery-Comic aus den siebziger und achtziger Jahren ist wenig herauszubekommen. Keine Einträge im Grafton oder im Heinz. Die Teenager-Detektivin Cynthia Silverton aus Rapid Falls löst Kriminalfälle, bekämpft ihren Gegenspieler Hal Overton und besucht das Junior College, wo sie Kriminologie studiert. Bizarr und wunderbar.
     
    Nach wenigen Minuten hatte ich Adresse und Telefonnummer des Verfassers im Internet ausfindig gemacht. Ich rief Kelly nicht zurück. Ich stieg ins Auto, fuhr nach Oakland und traf mich mit Bix Cohen, seines Zeichens Blogger.
    Bix Cohen wohnte in einem großen Apartment im gefährlichsten Teil von Oakland, wo die Junkies frei herumliefen und Fenster offenbar nur zum Einschlagen da waren. Der Tag war trüb und regnerisch. Bix wohnte in einem

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