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Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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einen Hunderter drauf. Sie lächelte und überreichte mir die Tüte.
    »Mädchen, das ist echt gutes Zeug«, sagte sie.
    Wir verließen den Club. Ich fuhr zurück in die Stadt, setzte Tabitha vor ihrer Wohnung ab und ging nach Hause. Ich schluckte ein paar der gestohlenen Schlaftabletten und schlief ein, noch während mein wundgescheuerter Kopf ratterte.
    Den nächsten Tag verbrachte ich vor dem Fernseher und schaute mir Wiederholungen von
Monk
an. Ich ärgerte mich über meinen Kater, über mich selbst, über die ganze Welt. Meine Gedanken schmeckten bitter und klangen wie ein billiger Drumcomputer.
    Am Abend rief ich Claude an und schilderte ihm, was wir herausgefunden hatten. Der Pokerchip hatte uns in einen Club geführt, und der Club zu einem Geliebten. Lydia hatte einen Geliebten.
    Ich konnte ihr nicht vorwerfen, mir nichts erzählt zu haben. Außerdem mochte ihr es jetzt ohnehin egal erschienen sein.
    »Okay«, sagte Claude, »wie finde ich ihn?«
    »Tu es einfach«, sagte ich. »Zunächst einmal können wir davon ausgehen, dass sie ihn irgendwo kennengelernt hat. Überlege dir, wo Lydia mit Männern in Kontakt gekommen ist. Suche die entsprechenden Orte auf.«
    Claude dachte nach. »Wo lernen Frauen Männer kennen?«, fragte er, als sei es ihm ein Rätsel.
    »Wo immer sie welche sehen«, sagte ich.

[home]
    40
    Brooklyn
    A ls wir um neun Uhr im Tompkins Square Park standen, war uns klar, dass der Abend ein böses Ende nehmen würde. Zunächst einmal handelte es sich um eine ungenehmigte Veranstaltung. Niemand hatte bei der Stadtverwaltung um eine Erlaubnis angefragt, die kleine Konzertmuschel im Park nutzen zu dürfen. Unter den Pfiffen und Buhrufen des Publikums enterten Polizisten die Bühne. Nach kurzen Verhandlungen mit den Musikern ließen die Cops sich darauf ein, das Konzert bis Mitternacht zu dulden. Das Publikum jubelte.
    »Das wird ein Spaß«, sagte Tracy sarkastisch.
    »Das wird der Spaß des Jahrhunderts«, sagte ich.
    »Stell dir mal vor«, sagte Tracy und zündete sich eine Zigarette an, »wir würden jetzt in der Schule sitzen.«
    »Ja, wirklich«, sagte ich. »Aber ehrlich gesagt steh ich nicht so gern so dicht neben den Hunden.«
    Wir standen direkt neben der K- 9 -Einheit. Ein Dutzend Polizisten hielt Schäferhunde an der Leine. Die Officer sahen jetzt schon genervt aus.
    Wir machten uns vor den Hunden davon und liefen außen um die Menge herum. Es roch nach Zigaretten, Hasch und Obdachlosen, so als hätte sich die ganze Lower East Side in eine große, stinkende Wolke verwandelt. Das Publikum bestand aus Hausbesetzern und Pennern aus dem Park, aus Jugendlichen wie uns und Polizisten. Menschen mit zu viel überschüssiger Energie und ohne sinnvolle Aufgaben.
    Die erste Band des Abends betrat die Bühne, Junkie Whore. Die Musiker sahen kein bisschen wie Huren aus – sie waren männlich, Mitte zwanzig, hatten schlechte Tattoos und schmutzige Klamotten –, dafür aber wie Junkies.
    »Wir müssen näher an die Bühne ran«, sagte Tracy.
    Ich war ihrer Meinung. Falls CC hier war, würde er sich mit den anderen Musikern in Bühnennähe aufhalten. Wir standen ganz hinten, aber als die Musik einsetzte, breitete sich die Pogo-Welle schnell bis zu uns aus. Ein Junge, der kleiner war als wir, stieß uns fast um. Ich schubste ihn in die Menge zurück.
    »Lass uns außenrum gehen«, rief ich. »Bestimmt kommen wir von der Seite besser an die Bühne ran.«
    Immer wieder wurden wir von Leuten angerempelt, die wir ins Publikum zurückschubsten. Wir schlugen uns bis hinter die Bühne durch, ohne ein bekanntes Gesicht zu entdecken.
    »Claire!«
    Ich drehte mich um und sah Fabian, einen Jungen, der auf die Bronx Science ging. Er lebte gewissermaßen auf der Straße – er hatte ein Zuhause, das ihm jedoch nicht gefiel – und verbrachte einen Großteil seiner Zeit hier im Park.
    »Fabian«, sagte Tracy nach der Begrüßung, »kennst du die Band?«
    »Die Junkies? Na ja, ein bisschen«, sagte Fabian.
    »Sind sie mit einem Van gekommen?«, fragte Tracy.
    »Nein«, antwortete Fabian, »sie sind bei Vanishing Center mitgefahren.«
    Tracy und ich lächelten einander an. Tracy sah Fabian an, und plötzlich war sie hübsch.
    »Fabian«, sagte sie mit ihrer süßesten Stimme, »ich bin ja so ein Riesenfan. Ich bin verrückt nach denen. Könntest du uns den Van zeigen?«
     
    Der Van, ein unauffälliger, weißer Dodge, parkte an der Avenue B, gegenüber vom Park. Fabian zeigte ihn uns von der 7 . Straße

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