Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
starke Einschränkung von Derivaten sinnvoll. CDS-Verträge sollten
beispielsweise ganz verboten werden. Eine der Grundregeln des Versicherungsgeschäfts besagt, dass der Versicherungsnehmer
ein »versicherbares Gut« besitzt und damit ein direktes Interesse am Ergebnis hat. Bei den meisten CDS-Verträgen ist dies
nicht der Fall. Daher hatte die Wall Street »allen Grund, Ihr Haus anzuzünden«, wie ein Autor der
Financial Times
schrieb.
Wenn CDS-Verträge nicht verboten werden können, sollten zumindest Versicherungsunternehmen nicht mit ihnen handeln dürfen.
Der Handel mit diesen Papieren müsste auf Hedge-Fonds und andere Risikoplayer beschränkt werden. Außerdem sollte die Clearingstelle
streng darauf achten, dass die erforderlichen Sicherheiten vorhanden sind. Wenn ein Hedge-Fonds im Versicherungsgeschäft aktiv
wird, muss er zweifelsfrei nachweisen können, dass er im Versicherungsfall seinen Verpflichtungen nachkommen kann.
Eine letzte Maßnahme zur Regulierung der Derivate wäre eine neue Aufgabenverteilung der Aufsichtsbehörden von Börsen- und
Warenterminhandel. Beide Stellen regulieren unterschiedliche Segmente des Derivatemarktes, wodurch die Regulierungskompetenzen
de facto aufgeteilt werden. Vielleicht wäre es sinnvoller, die Überwachung der Derivate von einer einzigen Behörde durchführen
zu lassen. Dadurch wäre ein umfassender Ansatz zur Regulierung und Überwachung von Derivaten möglich.
Mit diesen Reformen ließen sich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Das Kontrahentenrisiko, die mangelnde Transparenz
und sogar die horrenden Gebühren, wie sie im mysteriösen Handel mit Freihandelsderivaten üblich sind und mit denen Insider
Investoren rupfen.
|273| Trotzdem sind diese Vorschläge kein Allheilmittel. Derivate gehören zu den am schwierigsten zu kontrollierenden Finanzprodukten,
und ihr explosives Wachstum der letzten zehn Jahre macht die Aufgabe nicht leichter. Von einem Versicherungsinstrument haben
sie sich zu einem reinen Spekulationsinstrument gewandelt, das für die oftmals naiven Investoren – zum Beispiel die Manager
von Rentenfonds – ein gewaltiges Risiko darstellt. Da sie für Laien immer exotischer und undurchsichtiger werden, stellen
sie eine ernste Gefahr für das gesamte Finanzsystem dar, die durch die eben beschriebenen Reformen allein nicht gebannt wird.
Daher müssen neue Generationen von Derivaten einer sehr viel systematischeren und unnachsichtigeren Aufsicht unterstellt werden.
Hier müssen die Aufsichtsbehörden keine Sorge haben, mit ihrer Strenge das Wirtschaftswachstum zu gefährden. Im Gegenteil:
Die Existenz dieser Finanzprodukte stellt eine große Gefahr für die Stabilität der Weltwirtschaft dar, und je eher Politiker
und Aufseher dies verstehen, umso besser.
Leider muss diese Stabilität auf globaler Ebene verbessert werden. Das bedeutet, dass wir uns nochmals mit einigen der globalen
Richtlinien zur Gestaltung des Bankgeschäfts auseinandersetzen müssen.
Die Zukunft von Basel
Das idyllische Städtchen Basel ist aus vielen Gründen berühmt: Dort befindet sich nicht nur die älteste Universität der Schweiz,
sondern auch der erste Zoo und neuerdings das höchste Gebäude. Basels Schulen und Universitäten haben große Geister wie Friedrich
Nietzsche beherbergt, und seine namhaften Chemie- und Pharmaunternehmen haben der Welt alles Mögliche geschenkt – von Valium
bis LSD. Seine Bankenlandschaft hat der Welt etwas weniger Aufregendes, doch nicht minder Wichtiges beschert: den Basler Ausschuss
für Bankenaufsicht.
|274| Diese 1974 gegründete, oft falsch verstandene Einrichtung setzt sich aus Mitgliedern der Zentralbanken aus den zehn wichtigsten
Industrienationen (G10) zusammen. 20 Ihr Auftrag ist die Entwicklung einer besseren Regulierung und Aufsicht von Banken und anderen Finanzunternehmen. Diese Empfehlungen
sind nicht bindend, doch sie haben großes Gewicht, und die Struktur des Finanzsystems vor der Krise ging weitgehend auf die
Richtlinien des Basler Gremiums zurück.
Diese Richtlinien (auch Basler Akkorde genannt) haben sich mit den Jahren weiterentwickelt. Die erste Vereinbarung unter der
Bezeichnung »Basel I« verlangte von den Banken, zwischen den verschiedenen Klassen ihrer Aktiva zu unterscheiden, um die relativen
Risiken besser einschätzen zu können. Danach wiederum richtete sich die Höhe des von einer Bank zu haltenden Eigenkapitals
aus.
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