Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
und angelegt werden will.
Auch diesbezüglich hielt sich die jüngste Krise an das bekannte Drehbuch. Nach dem 11. September 2001 senkte Alan Greenspan
die Leitzinsen und hielt sie zu lange zu niedrig. Die Finanzunternehmen nahmen bis zum Anschlag Fremdkapital auf und verliehen
Geld, als gäbe es keine Risiken. Unter dem Einfluss der Branche und der Ideologie einer Selbstregulierung nach dem Laissez-faire-Prinzip
versagten die Regulierungsbehörden und Aufsichtsorgane. Und schließlich investierten Sparer aus Schwellenländern bergeweise
Kapital in die Vereinigten Staaten.
Ab einem gewissen Punkt trägt sich so eine Spekulationsblase selbst. Finanzunternehmen, die aus den steigenden Preisen Kapital
schlagen wollen, stellen immer neuen Kredit zur Verfügung. Irgendwann kann jede Anlage, die ein Investor erwirbt, als Sicherheit
für weitere Kredite und Investitionen herangezogen werden. So häufte eine wachsende Zahl von Investoren schwindelerregend
hohe Schuldenberge an – so geschehen auch in der letzten Spekulationsblase, die 2005 schon erhebliche Ausmaße erreicht hatte.
Grenzenloser Ehrgeiz und Gier trieben diese Entwicklung auf die Spitze. Immobilienunternehmen bauten ein Haus nach dem anderen, |360| Spekulanten kauften eifrig alles auf, und die Banken verschnürten die Hypotheken zu immer wackeligeren Finanzkonstrukten.
An diesem Punkt des Dramas betritt ein neuer Protagonist die Bühne: der selbsternannte Visionär, der erklärt, warum dieser
Boom nicht endet und ewig Gewinne abwirft, warum »diesmal alles anders« ist oder warum die alten Regeln nicht länger gelten. 2 Der Auftritt dieser Einpeitscher mit ihren leeren Behauptungen ist ein untrügliches Anzeichen dafür, dass die Situation außer
Kontrolle gerät.
Die jüngste Spekulationsblase auf dem privaten Immobilienmarkt lockte solche Scharlatane in Scharen auf den Plan. Sie wischten
die Geschichte und den gesunden Menschenverstand beiseite und behaupteten, Eigenheime seien eine sichere Anlage, deren Wert
nur steigen könne. In ihren Reihen fanden sich Lockvögel der Immobilienbranche genauso wie Investmentbanker, die zweifelhafte
Hypotheken in mit AAA benotete Wertpapiere umverpackten und behaupteten, sie seien genauso risikolos wie Staatsanleihen.
Marktschreier wie diese mögen die Bühne beherrschen, doch sie werden immer auch infrage gestellt. Unweigerlich meldet sich
der eine oder andere Beobachter zu Wort, der die falschen Versprechen durchschaut. Nüchterne Realisten weisen auf die wachsenden
Gefahren hin, doch ihre Warnungen verhallen oft ungehört. Einer der Autoren dieses Buches betätigte sich in der jüngsten Krise
in dieser Rolle und warnte früh und bemerkenswert detailliert vor dem kommenden Crash. Andere prominente Wirtschaftsexperten
und Analysten wiesen ebenfalls auf die Anzeichen hin, doch vergeblich.
Wie alle Spekulationsblasen wuchs auch diese irgendwann nicht mehr weiter. Und wie üblich kam das Ende sang- und klanglos,
ohne großen Knall. Die Preise stagnierten, und die Märkte stockten. Die Blasentreiber betonten, das sei nur eine vorübergehende
Flaute und die Preise würden schon bald wieder steigen. Es kam anders, wie immer an dieser Stelle des Dramas. Doch ein Zusammenbruch |361| erfolgt nicht über Nacht. Zunächst kommt es einfach zum Stillstand.
Dann kollabieren die ersten Institute, gefolgt von weiteren. An diesem Punkt wird das gesamte Finanzsystem von den Erschütterungen
erfasst. Angst und Ungewissheit machen sich an den Märkten breit, und während die Preise für die zuvor so gefragten Anlagen
zu bröckeln beginnen, finden die maßgeblichen Entwicklungen in den Banken statt, die die Kredite für die Blase bereitgestellt
haben. Wenn die Preise nachgeben, stoßen diese nämlich riskante Positionen ab, und angesichts der unerträglichen Ungewissheit
flüchten sich die Investoren in sicherere, liquidere Anlagen.
Auch in diesem Punkt hielt sich die jüngste Krise an das Drehbuch. Zunächst kamen ein paar große Hypothekenbanken ins Wanken
und machten den Markt nervös. Es folgte eine Reihe hochkarätiger Pleiten, eine größer als die andere. Mehrere große Hedge-Fonds
gingen unter. Irgendwann brachen auch andere führende Unternehmen des Schattenbankwesens zusammen. Viele dieser Institute
sahen nicht wie Banken aus, doch für jeden, der sich mit den Finanzkrisen seit dem 17. Jahrhundert beschäftigt hatte, war
ihr Todeskampf eindeutig. Wie viele Finanzinstitute
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