Das Ende eines Dämons
ausbeißen, wenn es nicht gelang, die Tore für sie zu öffnen.
Obwohl die Zeit drängte, war O’Braenn vorsichtig. Er schickte Daelin und ein Dutzend Krieger auf Kundschaft aus, während er seine Heerschar in den Wäldern hinter den Hügeln lagern ließ. Dort würde von der Stadt aus auch der Rauch der Lagerfeuer nicht zu sehen sein. Ein Dutzend Männer postierte er auf den Hügeln, um die Stadt zu beobachten. Zwei weitere Dutzend patrouillierten das Waldgebiet vor den Hügeln, um mögliche Kundschaftertrupps der Stadt rechtzeitig auszumachen.
Bis tief in die Nacht hinein blieb er selbst auf den Hügeln und beobachtete die Stadt, die nachts im düsteren Fackelschein einen unheimlichen Anblick bot.
Am späten Vormittag kam Daelin mit einer größeren Kriegerschar zurück.
Ein halbes Hundert mochten es sein. Sie hatten die Wimpel der Cardwells an ihren Lanzen. Der Reiter neben Daelin trug einen silbern blitzenden Helm mit goldenem Buschen, den O’Braenn unter Tausenden erkannt hätte. Der Statur nach war es Ray O’Cardwell, oder sein Bruder Kaeri.
Es war, als ob man heimkehrte, denn die Cardwells waren Hochländer wie die Braenns, und früher war kein Jahr vergangen, da sich die Cardwells und die Braenns und die Killys und Frankaeris nicht zum Herbstfest getroffen hatten und Gesinde oder Kinder untereinander vermählten.
Aber die Zeiten hatten sich geändert, und der beste Freund mochte nicht mehr Herr über sich selbst sein, deshalb ließ O’Braenn alle Vorsicht walten und sein Lager in Kampfbereitschaft versetzen.
Doch seine Befürchtung traf nicht zu.
Ray O’Cardwell und seine Mannen waren so frei, wie sie nur sein konnten, und die Freude über diese Begegnung war beidseitig. Daelin erstattete kurz Bericht. Seine Kundschafter hatten sich in die Stadt begeben, um sich umzusehen. Aber es war bereits zu erkennen, daß Darain anders war als die Orte und Städte, durch die sie bisher gekommen waren. Sie hatten bisher nichts gesehen, das sich mit den Zuständen in Hughburgh vergleichen ließ.
Während Daelin nach Darain zurückkehrte, führte O’Braenn die Cardwell-Schar in sein Lager, und seine Freischärler nahmen sie begeistert auf: Sie waren erleichtert, zu hören, daß O’Braenn starke Freunde in Darain besaß.
Die Cardwells hatten Wein mitgebracht, zwar keinen ugalienischen, nur tainnianischen, aus den Kellern Darains, aber das spielte keine große Rolle.
Nach kurzer Zeit zogen sich O’Braenn und O’Cardwell zurück. Es gab viel zu besprechen. Die Gefolgsleute würden genug über Darain zu berichten wissen, um die Neugier seiner Männer zu stillen.
O’Cardwell wurde ernst, sobald das Lagerfeuer hinter ihm lag.
»Du hast dein Haupt sorgsam verhüllt, aber ich habe genug gesehen, Maer. Haben sie dich…?«
»Nein«, unterbrach ihn O’Braenn. »Priester haben nichts damit zu tun. Die Finsternis hat mich berührt… zweimal. Aber ich bin nicht ihr Opfer, wenn es das ist, was du fürchtest…?«
O’Cardwell nickte zögernd.
O’Braenn schlug seine Pelzkapuze, die er anstatt eines Helmes trug, zurück, daß der andere sein Gesicht betrachten konnte. Er wußte, daß die Dunkelheit der Haut tiefer geworden war in den vergangenen Tagen. Die Linie verlief ein wenig seitlich quer über das Auge und die Wange herab zum Hals.
»Es ist nur eine Narbe, Ray. Die Narbe eines Xandors, den wir bezwangen.«
»Wir?« fragte O’Cardwell beeindruckt.
»Gefährten, von denen ich mich trennen mußte«, erklärte O’Braenn ausweichend.
»Ihr habt ihn getötet?«
»Er weilt nicht mehr auf dieser Welt, Ray. Und auch nicht die Kreatur der Finsternis, die die Priester in Coraux beschworen hatten. Von ihr ist diese Narbe…«
Er zog den Handschuh aus und zog den Ärmel seines Mantels hoch. Er streckte O’Cardwell die schwarzhäutige Hand entgegen, die dieser mit bleichem Gesicht anstarrte.
»Die Götter müssen mit dir gewesen sein, Maer…«
»Das waren sie.«
»Nicht alle, die sich gegen die Priester stellten, kamen mit Narben davon. Owain O’Frankaeri befehligt das Heer, das vor den Toren Darains liegt… aber…« O’Cardwell ballte vor Grimm die Fäuste. »Er ist Amorats Speichellecker, der seine eigene Sippe erschlagen würde, wenn sein Herr es befiehlt, verstehst du das, Maer…?«
»Ist sein Gesicht…?« begann O’Braenn.
»Nein. Ich glaube nicht, daß er den Dämonenkuß empfangen hat. Sie fürchten wohl, daß ihm seine Krieger nicht mehr folgen, wenn er aufhört, einer der Ihren zu sein.
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