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Das Ende

Das Ende

Titel: Das Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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verschifft und durch funkelnde neue Bauteile ersetzt worden, die sich über dem ausgebaggerten Friedhof von Ground Zero erhoben. Schafft das Alte raus, schafft das Neue rein …
    Patrick schob sich durch eine Lücke im Aluminiumzaun und betrat die Baustelle. Es war das erste Mal, dass er an diesen Ort zurückkehrte, wo seine Frau und seine Tochter zusammen mit dreitausend anderen unschuldigen Menschen bei lebendigem Leib verbrannt waren.
    Zitternd und von seinen Gefühlen fast überwältigt, trat er an den Rand der riesigen Grube, in der sich das Fundament dessen befand, was schon bald ein neues, gewaltiges Gebäude sein würde. Grauer Nebel wurde vom Hudson herübergeweht und versperrte teilweise die Sicht auf die Gebäude, die sich auf der anderen Seite des Bauplatzes befanden.
    Er spürte eine inzwischen vertraute Präsenz und wandte sich nach links. Der Sensenmann stand neben ihm am Rand der Grube und starrte in die Tiefe.
    »Warum hast du mich hierhergeführt?«
    Der Todesengel hob seine Sense in die Höhe. Eine dichte Schicht wirbelnder brauner Wolken verbarg den Himmel – genau wie es am Tag des Verrats gewesen war.
    Ein plötzliches, heftiges Schwindelgefühl. Patrick sank auf ein Knie, während eine Woge zischender Energie
durch sein Gehirn und seine Arme und Beine fuhr. Es war, als hätte er ein Stromkabel berührt.
    Desorientiert und verwirrt riss er die Augen auf und schnappte nach Luft.
    Der Himmel ist ein Mahlstrom aus wirbelnden dunklen Sturmwolken. Der Regen, der auf jeden unbedeckten Zentimeter seiner Haut trommelt, ist eiskalt wie Tropfen aus einem gefrorenen See und heftig wie der Monsun. Er steht auf einer hohen hölzernen Vorrichtung, fünfzehn Meter über einem einst mächtigen Zedernwald, der nach dem Werk der Äxte nur noch aus Baumstümpfen und Setzlingen besteht. Das Tal unter ihm ist überflutet. Die Flut steigt.
    Menschen nähern sich der hölzernen Vorrichtung. Es sind Tausende. Sie tragen ihre Kinder und ihre Habseligkeiten auf den Armen. Sie sind verzweifelt und wütend und verängstigt. Sie stehen bis zu den Knien im Wasser und schreien in einer nahöstlichen Sprache zu ihm hinauf.
    Eine neue Entdeckung lenkt ihn ab: Er hat wieder einen linken Arm. Doch es ist nicht sein Arm. Er mustert seine linke Hand, dann seine rechte … Beide sind wettergegerbt, knotig und arthritisch, sein Fleisch ist sephardisch gebräunt. Er tastet sein hageres Gesicht ab. Es ist ledrig und von vielen Falten durchzogen. Er greift nach einer Strähne seines zottigen weißen Haares und streicht durch seinen dichten weißen Bart. Sein fast schon ausgemergelter Körper steckt in feuchten Kleidern, die einen schweren Tiergeruch ausströmen.
    Was geschieht mit mir? Ist das eine neue Halluzination? Ich bin ein alter Mann …
    Wieder ziehen die Rufe der Menge seine Aufmerksamkeit auf sich. Er geht an den Rand der hölzernen Vorrichtung, und plötzlich wird ihm klar, dass er auf einem gewaltigen Schiffsdeck steht.

    Ein Donnerschlag erschüttert Himmel und Erde. Der Boden erzittert, und dann öffnet sich die Flanke eines Berges. Geschmolzenes Gestein spritzt aus dem Spalt, und das Magma lässt die überflutete Landschaft kochen.
    Die Menge schreit auf. Viele versuchen, an Bord zu kommen, indem sie übereinanderklettern, doch der abgerundete Kiel und die steilen Wände des Schiffs machen den Aufstieg unmöglich. Die tobende Strömung des überschwemmten Tigris löst die Arche von ihren Stützpfählen. Die kochend heißen Fluten verbrühen das Fleisch jedes Mannes, jeder Frau und jedes Kindes.
    Mit der Stimme eines alten Mannes stößt Shep eine Art bellendes Wehklagen aus …
    … und sein Bewusstsein führte ihn wieder zurück an den Rand der Baugrube.
    Er schnappte nach Luft, und sein Geist kämpfte darum, die letzte Welle der Angst hinter sich zu lassen, als eine neue Vision vor seinen Augen Gestalt annahm.
    Mitten im grauen Nebel erschienen die Twin Towers. Sie brannten, doch sie standen noch. Die beiden Türme des World Trade Center hatten ihre Betonfassaden abgeschüttelt, und Stockwerk für Stockwerk konnte man die nackten Stahlträger erkennen. Stumm ragten die Türme in die Höhe. Der Blick auf alle Büros lag frei, und in den Schatten waren die Opfer des 11. September als dunkle Silhouetten zu erkennen.
    Shep drehte sich um, denn das übernatürliche Wesen zu seiner Linken ließ ihn die lastende Präsenz dieser verlorenen Seelen spüren. Der Todesengel sah ihn mit dreitausend zuckenden Augen an, die in den

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