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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Ravensburg vermissen? Könnt Ihr einfach so die Stadt verlassen? Was wird die Zunft, was werden die Stadtväter dazu sagen?«
    »Noch gehöre ich der Zunft ja offiziell gar nicht an. Ich diene der Stadt nur von Fall zu Fall; und im Augenblick besteht für Ravensburg keine Gefahr. Im Jahr 1377 hat der Magistrat den Büchsenmeister Hermann in städtische Dienste genommen. Der Alte ist noch so rüstig, dass er diese Aufgabe sicher noch eine Weile erfüllen kann. Er hat sich verpflichtet, für etwaige Kämpfe zur Verfügung zu stehen, und wurde dafür von allen üblichen Lasten befreit.«
    Rolf hatte sich inzwischen wieder gesetzt. Seine Wangen hatten sich gerötet, und er war offensichtlich etwas erhitzt von seinen eifrigen Erklärungen.
    »Aber was schwätze ich da?«, meinte er und wirkte fast beschämt. »Das alles wird Euch wenig kümmern, Base.«

    »Oh doch, Vetter«, widersprach Magdalena. »Ich freue mich immer, wenn mir jemand von Dingen erzählt, von denen ich keine Ahnung habe. Mein lieber Vater hat mir unendlich viel beigebracht über das Lindern von Krankheiten, über die heilenden Kräfte, die Gott den Pflanzen verliehen hat und manchem Stein, sowie über gewisse Handgriffe, mit denen ausgekugelte Gelenke wieder eingerenkt werden können – aber über Waffen und ihren Gebrauch hat er mir nichts gesagt. Das sei nichts für eine Frau, meinte er und hielt mich sogar von den Volksfesten fern, die sich rund um das harmlose Scheibenschießen in Ravensburg entwickelt haben.«
    »Ganz Unrecht hatte Euer Vater sicher nicht.« Rudolf grinste und sprach schnell weiter, ehe Magdalena protestieren konnte: »Ich bin freilich mit den Waffen groß geworden. Weil ich einem der Patrizier als treffsicherer Schütze auffiel, durfte ich manchmal an den Übungen der Armbrustschützengesellschaft teilnehmen. Allerdings lässt man die ganz jungen Burschen die Stachelbogen – das sind Waffen mit Stahlbogen zur Sehnenspannung – nicht benutzen. Die Knaben schießen mit der Eibe, das sind Bögen aus Eibenholz, eine Art Kinderarmbrust. Die könnte auch eine einigermaßen kräftige Frau benutzen.«
    »Die Schießübungen finden doch immer im Stadtgraben statt, am Steilhang vor dem Tor, das weiß ich«, warf Magdalena ein, »auch wenn mich mein Vater niemals hat zuschauen lassen.«
    »So ist es. Hier bietet sich ein günstiger Pfeil- und Kugelfang für diejenigen, die mit Handfeuerwaffen üben möchten. Aber sobald letztere eine noch größere Reichweite erlangen werden, muss man wohl einen anderen Ort zum Übungsschießen auswählen. Die Kuppelnau im Norden der
Stadt böte sich dafür an. Dort ist das Gelände weitläufig und gut überschaubar.«
    »Die Bürger haben viel Spaß bei den Schießwettbewerben, wo es auch Gewinne für die besten Schützen gibt«, flocht Gertrude ein. »Es wird auf hölzerne Zielscheiben geschossen, deren Zentrum einem Kreis von gerade einmal vierzehn Zentimetern Durchmesser entspricht. Und der jeweilige Abstand der Schützen vom Ziel ist beachtlich.«
    »Das kann ich Euch genau sagen!« Rudolf erhob sich erneut. »Beim Armbrustschützenwettbewerb beträgt der Abstand vom Ziel dreihundert Werkschuhe, bei dem mit der Hakenbüchse sechshundertsiebzig! Und ein Werkschuh hat die Länge von achtzehneinhalb Zentimetern. Das entspricht etwa meiner Handspanne.«
    Beide Frauen schauten etwas ratlos drein. Rudolf lachte.
    »Ich werd’s Euch ausrechnen: Das bedeutet für den Armbrustschützen fünfundachtzigeinhalb Meter und für den, der mit der Büchse schießt, immerhin einhunderteinundneunzig Meter. Das ist ganz beachtlich und erfordert neben einer ruhigen Hand auch ein verdammt gutes Auge.«
     
    Seine Mutter brachte schließlich das Gespräch wieder auf Magdalenas Bedürfnisse zurück. Es galt schließlich noch vieles zu bedenken und vorzubereiten.
    »Wir werden so lange mit der Abreise warten, bis wir sicher sein können, dass die Schergen des Klosters Sankt Marien nicht mehr hinter Euch her sind, Base«, erklärte der junge Mann. »In der Zwischenzeit verbergt Ihr Euch hier bei uns, und ich werde einen geeigneten Planwagen beschaffen und mit allem Nötigen für eine wochenlange Reise durchs Gebirge ausstatten. Die Zugtiere sind kein Problem, da ich einen Handelsmann kenne, der Rösser und Maultiere aus den
Schweizer Alpen verkauft. Ich werde die letzteren nehmen, denn Maultiere sind gutmütig, genügsam und robust und für Fahrten im Gebirge geeigneter als Pferde.«
    »Ihr habt Euch ja wirklich schon eine

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