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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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einer Truhe und einer Waschschüssel war der winzige Raum unmöbliert, was Ortwin allerdings nicht im Geringsten störte. Für das, was er vorhatte, benötigte er keine Möbel. Mit zwei Schritten war er bei ihr, packte sie und brachte sein Gesicht so dicht an das ihre, dass er vermeinte, ihre Furcht riechen zu können. Wenn ihm nur nicht der Schädel brummen würde, als ob er die ganze Nacht gesoffen hätte!, dachte er bedauernd, da die halb geöffneten Lippen und der heftige Atem des Mädchens ihn noch mehr erregten als er es sich ausgemalt hatte. Er würde sich erst stärken, etwas Theriak und Priestersalz in den Wein mischen, um den Schwindel zu vertreiben. Und dann …
    »Ich werde niemals deine Frau!« Die Heftigkeit, mit der sie diese Äußerung ausstieß, überraschte Ortwin, und als sie ihm unvermittelt ins Gesicht spuckte, war er zu verdattert, um zu reagieren.
    »Ganz egal, was du dir ausgedacht hast«, fauchte Brigitta, während flammende Röte in ihre Wangen stieg. »Ich gehöre bereits einem anderen.« Ein triumphales Funkeln trat in ihren Blick. »Und ich trage sein Kind in mir!«
    Einige Augenblicke war Ortwin so benommen, dass er sich nicht einmal den Speichel abwischte, doch dann hob er den Ärmel, wischte sich schnaubend über die Wange und holte aus. Laut hallte der Hieb von den kahlen Wänden wider, und als Ortwin erneut die Hand auf sie niedersausen ließ, erschien bereits ein leuchtend rotes Mal auf ihrer Haut. Mehr als ein halbes Dutzend Mal ohrfeigte er sie, bis sie schließlich weinend den Kopf in den Armen vergrub, um ihn vor weiteren Schlägen zu schützen.
    »Das wird dir auch nicht weiterhelfen«, versetzte er knapp und blickte verächtlich auf sie hinab, während er das Brennen auf seiner Handfläche genoss. Wenngleich er sie am liebsten geprügelt hätte wie einen ungehorsamen Hund, legte er keinen Wert darauf, sie zum Krüppel zu schlagen – weshalb er widerwillig von weiteren Züchtigungen absah. Immerhin hatte er noch so einiges mit ihr vor.
    »Es gibt Mittelchen und Pülverchen, um solch unerwünschte Brut loszuwerden«, flüsterte er heftig atmend – angestrengt darum bemüht, den in ihm aufwallenden Hass auf den Nebenbuhler zu schlucken. Zwar hatte er sich bereits in schillernden Farben ausgemalt, wie es sein würde, ihr die so sorgsam gehütete Jungfräulichkeit zu rauben, doch es würde auch so sicherlich noch befriedigend genug sein. Die Abscheu, die der Gedanke an Wulf ihm bereitete, zog einen schwarzen Schleier über seine Augen. Er würde diesem Mistkerl die Eingeweide aus dem Leib reißen und sie eigenhändig an ihn verfüttern!
    Aber das konnte warten. Zuerst musste er etwas gegen diese verdammten Gliederschmerzen und das Stechen in der Brust unternehmen, und dann würde er sein Revier ein für alle Mal markieren! Und zwar so, dass das kleine Luder nie wieder auf die Idee kam, sich ihm zu widersetzen!
    Bevor er etwas tun konnte, das er später bereuen würde, machte er auf dem Absatz kehrt, stampfte in die Gaststube und ließ sich übellaunig auf eine der harten Bänke fallen. »Wirt!«, brüllte er. »Einen Krug von deinem besten Wein!«

Kapitel 53

    Ulm, 10. August 1368

    Endlich!, dachte Wulf ungeduldig. Endlich!
    Mit angriffslustig vorgerecktem Kinn stürmte er auf den Vorsteher des Heilig-Geist-Spitals zu, kaum war dieser wenig elegant aus dem Sattel eines behäbigen Kaltblüters geglitten. Mit den Ellenbogen bahnte er sich einen Weg durch die Abordnung, die den Abt begleitet hatte, der sich bereits in Richtung Refectorium entfernte – vermutlich, um sich nach den Strapazen der Reise zu stärken. Auf keinen Fall würde Wulf zulassen, dass er ihm entwischte!
    Nachdem der junge Mann die Nacht auf einer der harten Liegen in einem leer stehenden Dormitorium , einem der Schlafsäle der Mönche, zugebracht hatte, war er noch vor Sonnenaufgang und der Laudes erwacht. Voller Unruhe hatte er sich von dem freundlichen Camerarius ein einfaches Frühstück geben lassen, das er großzügig bezahlt hatte – trotz der Tatsache, dass für ihn kein Schlafplatz mehr im Gästehaus zu finden gewesen war. Danach war er stundenlang in dem immer belebter werdenden Hof auf und ab gelaufen und hatte sich abwechselnd mit düsteren Gedanken gemartert und mit Stoßgebeten beruhigt.
    Da der Abt des Klosters vor einiger Zeit nach Augsburg gereist war, um an einem Bankett des Bischofs teilzunehmen, war Wulfs Frage nach dem Oberhaupt des Heilig-Geist-Spitals am Vortag lediglich mit

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