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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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es?«, fragt eine leise Stimme an meinem Ohr, und ich wende mich dem Herzog von Norfolk zu. »Kann sie es überhaupt wissen?«
    »Sie weiß alles. Aber was soll nun aus ihr werden?«, frage ich.
    Er mustert sie zweifelnd. »Sie kann es nicht wissen«, schließt er. »Sie kann es nicht verstanden haben. Sie ist gewiss viel zu dumm, um zu verstehen, was ihr blüht.«
    »Sie ist nicht dumm«, entgegne ich. »Sie ist unglaublich tapfer. Sie weiß alles. Sie besitzt mehr Mut, als wir glauben.«
    »Den wird sie auch brauchen«, sagt er ohne jedes Mitgefühl. »Ich entferne Katherine vom Hof.«
    »Ihr bringt sie vom König fort?«
    »Ja.«
    »Ist das nicht ein Wagnis? Wenn Ihr dem König das Mädchen seiner Wahl vorenthaltet?«
    Er schüttelt nur den Kopf. Er kann seinen Triumph nicht verhehlen. »Der König selbst hat mir befohlen, sie vom Hof fortzubringen. Er wird Katherine heiraten, sobald er Anna los ist. Er selbst legt Wert darauf, dass Katherine in der Ferne weilt, damit sie nicht dem Gerede ausgesetzt ist, während es mit dieser falschen Königin zu Ende geht.« Er verbeißt sich ein Grinsen, fast muss er lachen. »Er will, dass auch nicht der Schatten eines Geredes auf Katherines unbefleckten Namen fällt.«
    »Die falsche Königin?«, wiederhole ich diesen seltsamen neuen Titel.
    »Sie war nicht frei zu heiraten. Die Ehe war niemals gültig, sie ist nie vollzogen worden. Gott lenkte sein Gewissen, und er erfüllte sein Ehegelübde nicht. Gott verhinderte, dass er die Ehe vollzog. Diese Ehe ist falsch. Diese Königin ist falsch. Vermutlich ist es Hochverrat, dem König falsche Angaben zu machen.«
    Ich blinzele verwirrt. Es ist das Recht des Königs als Gottes Stellvertreter auf Erden, solche Dinge zu beschließen, aber manchmal sind wir Sterblichen ein wenig langsam darin, die flüchtigen Launen Gottes nachzuvollziehen. »Also ist es vorbei für sie?« Ich mache eine kleine Handbewegung zu der jungen Frau im Vordergrund der Loge, die in diesem Moment aufsteht, um die Ehrenbezeugung eines Kämpfers entgegenzunehmen. Sie hebt die Hand und lächelt der Menge zu, die ihren Namen ruft.
    »Sie ist erledigt«, sagt der Herzog.
    »Erledigt?«
    »Ja.«
    Ich nicke. Ich nehme an, das bedeutet, dass sie sie töten werden.

 
 
A NNA , W ESTMINSTER , J UNI 1540
 
    Endlich hat mein Bruder die Dokumente gesandt, die belegen, dass ich vor meiner Ankunft in England tatsächlich nicht verheiratet war, dass die Ehe mit dem König meine erste Ehe ist und Gültigkeit besitzt, wie ich wohl weiß - wie jeder weiß. Die Papiere wurden heute von einem Boten gebracht - aber mein Botschafter kann sie nicht vorlegen! Der Kronrat des Königs tagt fast ununterbrochen, und wir können nicht herausfinden, was sie so dringend besprechen. Zuerst haben sie darauf bestanden, dass dieses Schriftstück unbedingt vorgelegt werden müsse, und nun wollen sie nicht damit belästigt werden. Was diese plötzliche Gleichgültigkeit zu bedeuten hat, kann ich nicht sagen.
    Gott allein weiß, was sie mit mir vorhaben. Meine größte Angst ist, dass sie mich einer schandbaren Tat bezichtigen und dass ich in diesem fernen Land sterben werde, während meine Mutter in dem Glauben weiterlebt, dass ihre Tochter als Dirne starb.
    Ich weiß, dass sich etwas Schreckliches zusammenbraut, weil nun alle meine Freunde in großer Gefahr schweben. Lord Lisle, der mir in Calais so einen freundlichen Empfang bereitete, als meine Reise durch die Winterstürme unterbrochen wurde, ist verhaftet worden, und niemand kann mir sagen, worin die Anklage besteht. Seine Frau ist aus meinem Dienst geschieden, ohne Lebewohl zu sagen. Sie ist auch nicht wiedergekommen, um mich zu bitten, zugunsten ihres Mannes Fürsprache einzulegen. Das bedeutet entweder, dass er ohne Gerichtsverhandlung hingerichtet wird - lieber Gott, vielleicht ist er bereits tot! -, oder sie weiß, dass ich auf den König keinerlei Einfluss habe. Auf jeden Fall ist es eine Katastrophe, sowohl für ihn wie für mich. Niemand kann mir sagen, wo Lady Lisle sich verbirgt, und, um ehrlich zu sein, habe ich zu viel Angst, um zu fragen. Wenn ihr Ehemann des Hochverrats angeklagt ist, dann wird jede Andeutung, dass er mein Freund ist und dass ich seine Frau mag, gegen mich verwendet werden.
    Ihre Tochter Anne Bassett steht noch in meinen Diensten, aber sie behauptet, krank zu sein, und hütet das Bett. Ich wollte sie besuchen, aber Lady Rochford sagt, es sei sicherer für das Mädchen, wenn es allein gelassen werde. Sie

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