Das Erbe Der Loge: Roman
kontrastierte mit schwarzen Ebenholz-Statuetten. Alles war mit der Präzision aufeinander abgestimmt, mit der Dr. Seid meine Attacken immer wieder abgewehrt hatte.
Von hier führten fünf ebenfalls schwarze Türen mit silbernen Türklinken ins Innere.
Kögel öffnete jede und schaute kurz in den Raum.
»Was suchen wir?«
»Bücher«, murmelte er und öffnete die nächste Tür, die in einen Gang führte.
Hier zweigten nochmals fünf Zimmer ab, die allesamt nach hinten zum Garten lagen.
»Hier ist es.«
Wir betraten einen Raum, der wie ein Zwischending von Wohn- und Arbeitsraum eingerichtet war. Auch hier herrschte Schwarz-Weiß gepaart mit Chrom vor.
Eine Wand wurde vom Boden bis zur Decke von einem Bücherregal beherrscht.
»In dem Kasten war doch ein Buch.« Kögel prüfte die Reihen der sich darbietenden Rücken. »Sehen Sie hier ein Vergleichbares?«
»Wie kommen Sie auf die absurde Idee, dass es dieses Buch noch einmal gibt, und dann ausgerechnet hier?«
Er zuckte mit den Schultern und begann seiner Größe entsprechend mit der Durchsuchung der unteren Buchreihen.
»Ein kluger Mann hat mal gesagt, eine Idee ist nur eine gute Idee, wenn man anfangs nicht glaubt, dass sie funktioniert«, brummte er. »Überlegen Sie doch mal. Es macht Sinn, Rohdiamanten zu verstecken. Auch Soldbücher verstehe ich noch, wenn man eine nicht ganz hasenreine Vergangenheit hat. Aber ein Buch und ein Satz Tarotkarten...? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Verstanden?«
»Kein Wort«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Ist auch egal. Suchen wir weiter.«
Meine Finger liefen über die Buchrücken, um ein Leder zu ertasten, wie ich es in Erinnerung hatte. Solch eine Qualität wurde heute nicht mehr verarbeitet. Weich wie Samt und doch von speckiger Konsistenz.
Was ich aber berührte, ließ mein Gehirn nicht anspringen und rufen: Das ist es!
»Erinnern Sie sich, ob das Dreieck erhaben geprägt war?«, fragte Kögel und hielt ein schwarzes Buch in der Hand.
»Ich glaube, ja«, kramte ich in meinem geistigen Speicher. War mir aber nicht sicher.
»Dann war es hier. Sehen Sie ...« Er hielt mir ein Buch hin. Der Staub, der sich zwischen die Bücher gesetzt hatte, hatte auf der Vorderseite des Nachbarbuches die Umrisse eines Dreiecks hinterlassen.
»Es war Mord«, konstatierte der Kommissar. »Der Wagenheber ist nicht defekt. Er wurde abgelassen, als Dr. Seid unter dem Wagen lag. Und das schon vor über vierundzwanzig Stunden, sagt der Mediziner.«
Ich muss wohl ein ziemlich dummes Gesicht gemacht haben, denn Kögel verzog das erste Mal seine Mundwinkel zu einem Lächeln.
»Sie können mir schon glauben. Dem Mörder ging es nur um das Buch. Und das ist in Hebräisch geschrieben.«
Er verstand es, mich fassungslos zu machen. Wie konnte er das wissen?
»Ganz einfach«, sagte er und stellte das Buch an seinen Platz zurück. »Der Staub ist auf dem vorderen Deckel dieses Buches. Wenn das verschwundene Buch nicht auf dem Kopf gestanden hat - wovon ich bei der Pingeligkeit des Toten ausgehe -, dann trug es das Dreieck auf der Rückseite. Und die ist bei hebräischen Büchern nun mal die Vorderseite, da diese Schrift von rechts nach links geschrieben wird.«
»Aha«, war alles, was ich im Moment dazu sagen konnte.
Seine Schlüsse waren mir zu schnell, als dass dies selbst ein alter Hauptkommissar so einfach aus dem Ärmel seiner Intuition schütteln konnte.
»Warum muss dann ein Mensch sterben, wenn er ein Exemplar von diesem Buch hat? Ich bringe doch auch niemand um, weil er die gleiche Bibel wie ich hat.«
Kögel kratzte sich am Kopf. »Keine Ahnung. Aber Sie sind gar nicht so dumm. Vielleicht steht in beiden Büchern etwas, was zusammengehört. Vorausgesetzt, der Kastendieb und der Mörder sind ein und dieselbe Person. Was ich allerdings vermute.«
Obwohl es warm war, schüttelte mich ein Schauer. Was folgerten wir beiden hier eigentlich? Es waren alles nur Hypothesen, die wir aber betrachteten, als sei es die größte Selbstverständlichkeit der Welt, dass es so war und nicht anders.
Der tote Hahn fiel mir wieder ein. Aber das passte nun wirklich nicht ins Bild. Obwohl...
Er war am Tag meines Artikels über den Fund am Nordturm vor meine Tür gelegt worden.
»Fang jetzt nicht an zu spinnen!«, rief ich mich zur Ordnung.
3
Der Artikel über das heute Gesehene fiel mir schwerer, als ich gedacht hatte. Stunde um Stunde quälte ich mich mit neuen Anläufen, die ich wieder verwarf.
Obwohl ich Dr. Seid manches Mal die
Weitere Kostenlose Bücher