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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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zerfaserten.
    Es waren seine eigenen …
     
    Kari eilte durch die in den schwarzen, kalten Fels von Island gehauene Burg Isenstein, ein Tross von Dienerinnen hinter sich, die aufgeregt schnatterten. Sie waren es nicht gewohnt, dass die Königin so in Eile war und so besorgt. Besonders die treue Renata versuchte, mit der Herrin Schritt zu halten. »Meine Königin, er ist nur fischen. Wenn Ihr Euch um sein Wohl sorgt, so haltet stilles Zwiegespräch mit dem Herrgott in der Kapelle …«
    Kari von Island ließ sich nicht aus dem Tritt bringen. »Ich suche meinen Seelenfrieden lieber in der Tat, vielen Dank.«
    Wächter ohne Waffen - denn wer sollte Island schon übelwollen? - standen an der doppelflügeligen Holztür, die vom Westen her in den großen Thronsaal führte. Sie
schafften es gerade noch rechtzeitig, an den schmiedeeisernen Ringen zu zerren, damit die Königin bei ihrem Eintritt ihre Schritte nicht verlangsamen musste.
    König Christer saß mit seinen Beratern zusammen, am großen Ratstisch, über dem das Banner Islands hing und gleich daneben das Kreuz des Christentums. Auf seinen Thron setzte sich der Regent nur noch, wenn es Gäste zu empfangen gab. Und das kam nicht allzu häufig vor. Islands Wetter galt als deutlich unfreundlicher als seine Herrscherfamilie.
    Christer sah auf, als er seine vor Gott Angetraute hereineilen sah. Erfreut, vom öden Tagesgeschäft Islands erlöst zu werden, verlangte er nicht Duldsamkeit von ihr, sondern beendete die Beratungen. »Nichts drängt, wie es scheint. Lasst uns morgen weitersprechen.«
    Seine Ratgeber zogen sich ebenso leise zurück wie die Dienerinnen der Königin. König Christer war ein stattlicher Mann, auch wenn das Wohlleben der Friedenszeit ihn mehr in die Breite als in die Höhe hatte wachsen lassen. Seine langen blonden Haare, zu einem Zopf gebunden, verloren ihre Farbe, wurden von Monat zu Monat weißer. Seine Fähigkeiten, Island in Wohlstand zu führen, waren weithin geachtet. Das glich seine Unerfahrenheit auf dem Schlachtfeld aus - Christer hatte nie ein Heer führen müssen, das Reich nie mit dem Schwert verteidigt.
    »Was treibt dich um, meine Königin?«, fragte er, denn Karis Gesichtsausdruck war düster und dem nasskalten isländischen Herbst durchaus angemessen.
    »Sigfinn ist mit seinen Mannen auf das Meer gefahren!«, sprach seine Gattin unangemessen laut, in ihrer vogelgleichen Zierlichkeit ein seltsamer Kontrast zum wohlbeleibten König. »Der Hafenmeister sagt, er wollte fischen.«

    Christer erhob sich mit einem leichten Ächzen, das dem Alter geschuldet war, ging zu einem der Fenster und öffnete den Laden, so dass die Kälte in den Thronsaal drang. Er sah über den von einem Felsring geschützten Hafen von Island auf das Meer hinaus, wo die Naturgewalten ein beträchtliches Spektakel veranstalteten. »Bei diesem Wetter?«
    »Ich möchte, dass du dem Jungen verbietest, sich solchen Gefahren auszusetzen!«
    Christer musterte seine Frau. Er wusste, dass er nicht auf seine königliche Autorität pochen konnte, um diesen Zwist zu beenden. »Sigfinn ist ein Mann von sechzehn Jahren. Er will sich beweisen. Missgönne es ihm nicht.«
    Kari trat zu ihm, entschlossen, ihre Furcht nicht auf dem Altar von Christers Weisheit zu opfern. »Er ist unser einziger Sohn, unser einziges Kind - unser einziger Thronfolger! Wenn er bei einer solchen Narretei sein Leben lässt, was dann?«
    Der König nahm sie in den Arm und drückte ihren zarten Leib fest an sich. »Christus wird unseren Sigfinn schon beschützen. Vertraue unserem Herrn.«
    »Du weißt, dass ich dir keinen weiteren Sohn geben kann«, flüsterte Kari, und es lag Trauer in ihrer Stimme. »Wenn ihm etwas zustößt, musst du eine neue Königin wählen, eine Jüngere.«
    Christer schob sie von sich, um ihr ernst in die Augen zu sehen. »Kari, nun schweig! Es wird Sigfinn nichts geschehen, und ich werde mir keine neue Königin suchen. Der Himmel weiß, diese eine macht mir schon genügend Mühe.«
    Kari zwang sich zu einem Lächeln. »Entschuldige meine Torheit, aber ich … ich …«
    Der König strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht,
die unter ihrem Kopftuch keck hervorschaute. »Ich weiß, Kari. Aber hadere nicht mit dem, was nicht zu ändern ist. Bereite lieber die Feier zu Brynjas Ehren vor. Ihre Ankunft wird Sigfinn gewiss auf andere Gedanken bringen. Und dich auch.«
    Kari wusste, dass Christer Recht hatte - der Besuch von Sigfinns Cousine würde genügend Abwechslung, Geschenke und

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