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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Geschichten bringen, so dass Sigfinn für Wochen die Burg nicht verlassen musste. Das Mädchen vom Hofe Edelrieds war immer ein gern gesehener Gast, seit Jahren schon. Es war nicht weniger als angemessen, sie mit einem rauschenden Fest zu empfangen.
    Die Königin stellte sich auf die Zehenspitzen, um an ihrem Mann vorbei durch das Fenster auf das Meer zu sehen. Christer zog den schweren Laden zu, damit der Anblick des Gewitters sie nicht noch nervöser machte. »Sei unbesorgt, meine Liebe. Sigfinn ist nicht in Gefahr, da bin ich ganz sicher.«
     
    Sigfinns Körper war nicht mehr bereit, sich gegen den Schmerz und das kalte Meerwasser zu wehren, nur sein Geist strampelte noch verzweifelt, trat um sich, verlangte Tat und Widerstand. Ein vielleicht letztes Mal riss er die Augen auf - und schaute ins Angesicht des riesigen Fischwesens, das ihn so gierig wie leichtsinnig hatte ins Meer springen lassen, um es zu erlegen. Das Maul des Fischs öffnete sich, und in drei Reihen umstanden daumendicke Zähne eine fleischige Zunge. Selbst in der Nähe der Bewusstlosigkeit fiel Sigfinn beruhigend ein, dass Fische keine Menschen fraßen, zumindest nicht in den Gewässern rund um Island.
    »Bald«, sagte der Fisch.
    Aber das war sicher nur Einbildung, dachte Sigfinn mit
immer bleierner werdenden Gedanken, während die letzte Luft aus seinem hilflos treibenden Körper schwand. Fische konnten nicht reden.
    Etwas ruckte um ihn herum, ein zerschnittenes Seil streifte sein Bein, schlängelte sich weg von seinem Fuß, gab ihn frei.
    »Was ist, muss sein«, sagte der Fisch nun, ohne dabei erkennbar das Maul zu bewegen.
    Eine Faust bohrte sich in Sigfinns Rücken, griff die Reste seines Wamses und zerrte ihn in Richtung Wasseroberfläche.
    »Was ist, muss immer sein«, wiederholte der Fisch.
    Sigfinn dachte darüber nach, ob er etwas erwidern solle, aber es erschien ihm unvorsichtig, im schäumenden Meer seinen Mund zu öffnen.
    Borans starker Arm zog den Prinzen erst aus dem Wasser, dann auf das Boot. Die harte Landung auf dem Holz holte Sigfinn schneller in die Wirklichkeit zurück, als er für möglich gehalten hatte, und er erbrach einen Schwall Salzwasser auf das Deck. Dabei gaben seine Arme nach, und sein Oberkörper sackte nach vorne. Das aufgequollene Holz unter seinen Händen war ihm in diesem Moment heilig. Es war fester Boden in einer Welt, in der nur Narren sich dem Meer hingaben. Er wollte es küssen, es liebkosen, ihm tausend Male danken.
    Sein treuer Retter hatte sich schon wieder den Männern zugewandt, die damit beschäftigt waren, das Boot mit langen Stangen so gut es ging vom Fels abzustoßen, während andere mit Schwertern das Netz kappten.
    »Ich … Boran … ich …«, krächzte Sigfinn mühsam hervor, den Geschmack bitterer Galle noch auf der Zunge.
    »Lasst gut sein, Prinz«, beschied ihn sein Beschützer und
zog ein beeindruckendes Langschwert aus einer kleinen Truhe, die fest auf das Deck genagelt war. »Wenn wir das Biest schon nicht nach Island bringen können, so wird sein Kadaver wenigstens Zeugnis ablegen von Eurer Heldentat.«
    Sigfinn kannte das schon - Boran würde dafür sorgen, dass jeder Mann auf dem Schiff davon berichtete, wie der Prinz mit Mut und Stärke das schreckliche Ungetüm erlegt hatte. Niemand würde es infrage stellen. Es hatte auch keiner einen Vorteil davon.
    Mühsam kam Sigfinn auf die Füße, gerade rechtzeitig, um Boran erschöpft in den Schwertarm zu fallen. »Lass es, treuer Freund! Mit unserem Schwert wird heute keine Ehre errungen.«
    Er blickte über Bord und sah den seltsamen Fisch, der sich mühte, die Reste des Netzes von sich zu schütteln. Der Prinz nahm das Schwert nun selbst und hackte jene Stränge durch, die das Tier noch hielten. Ruckartig schwappte das Boot zurück in die aufrechte Position, und was immer sie noch zum Fels gedrängt hatte, ließ davon ab.
    Ein letztes Mal durchbrach der Fisch die Wasseroberfläche direkt unter der Stelle, an der Sigfinn stand. Er öffnete das Maul, als wäre noch etwas zu sagen - tauchte dann aber doch wortlos ab und verschwand in der Dunkelheit des Meeres.
    Boran kratzte sich den Bart. »Welche Zauberkraft war hier am Werk, mein Prinz?«
    Sigfinn hatte keine Antwort. Er entschied, niemandem von den Worten des Tieres zu erzählen, die er sich vermutlich nur eingebildet hatte. Stattdessen legte er den Kopf in den Nacken und schaute zum Himmel. Die Wolken streckten sich nun dünner, heller, und der Regen hatte nachgelassen.
Auch das Meer

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