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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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sie abstieg. Der Ritt hatte sie erschöpft, und zwei Leichen in einer Nacht waren mehr, als sie ertragen konnte. Ihre Sinne schwankten zwischen bleierner Müdigkeit und verängstigter Aufmerksamkeit. »Er wollte uns nur helfen, und nun ist er tot«, bemerkte sie bitter, als Sigfinn die Felle in das Wurzelwerk einer riesigen Eiche legte, unter deren Krone sie geschützt würden schlafen können.
    »Vielleicht hatte er Recht, als er sagte, dass dies keine
Welt für Freundschaft ist«, antwortete Sigfinn. »Er hat nicht auf seinen eigenen Rat gehört.«
    Er legte seinen Gürtel ab, öffnete die Riemen seiner Stiefel ein wenig und legte sich hin. Brynja kam an seine Seite, und an diesem Abend suchte ihre Hand die Wärme seiner Brust, ihr Kopf den Platz an seiner Schulter. Sigfinn spürte ihren Atem an seinem Hals, und zum ersten Mal seit Tagen erlaubte sein Körper sich eine Regung darauf. Er drehte sich leicht von ihr weg, damit sie es nicht merkte.
    »Ich möchte einschlafen und morgen wieder in meiner Welt aufwachen«, sagte Brynja, ihre Gedanken langsam der Nacht überlassend.
    Sigfinn legte seinen Arm um sie und wollte das Begehren unterdrücken, ihr über den schlanken Leib zu streichen. Es gelang ihm nicht. Seine Hand fand ihren Rücken und glitt langsam daran herunter. Brynja seufzte leise, und ihr Gesicht grub sich sanft in seine Halsbeuge. Ihre Lippen berührten seine Haut.
    Der Gedanke an den toten Zwerg war das Einzige, was Sigfinn von der Übermacht der körperlichen Lust abhielt, und so besann er sich mühsam auf die Worte des seltsamen kleinen Mannes: »Das schwarze Jahrhundert, das mit dem Fall von Worms begann …«
    In der Hektik der Ereignisse waren Sigfinn die Worte fast entgangen. Worms gefallen? Vor hundert Jahren schon? Diese Behauptung höhnte die Geschichtsbücher, wie überhaupt die ganze Welt, in der sie sich befanden.
    »Worms«, flüsterte Sigfinn. Irgendetwas an dem Wort war wichtig. Er konnte spüren, wie das halbe Amulett auf seiner Brust sich erwärmte, als teile es seine Erregung. »Worms.«

5
    Hurgan und der Hof der Angst

    Statthalter Maginulf aus Constantia bettelte um sein Leben, ohne ein Wort zu sagen. Er fiel vor Hurgan auf die Knie, senkte den Kopf und legte sein Schwert vor sich auf den Boden. Der massige Körper zitterte, und der Brustpanzer knirschte leise. Nicht, weil der Mann Angst hatte - er mühte sich nur, seine Gestalt zu behalten, was ihm in diesem Moment sehr schwerfiel. Wenn ein Krieger der Horde stark erregt war, übernahm der Dämon in ihm die Führung. Dann dehnte und bog sich das Menschenfleisch, wurden Zähne zu Hauern und Hände zu Klauen. Blutdurst regierte, und gerade das machte das Heer so unbesiegbar und so furchteinflößend.
    Doch hier, vor seinem König, wollte Maginulf sich nicht wandeln, wollte in menschlicher Form um Gnade für sein Versagen betteln. Wo dem Volke nichts geblieben war, war es ihm nicht gelungen, den Menschen noch mehr abzupressen. Was er Worms als Tribut geliefert hatte, entsprach nicht den Forderungen Hurgans - und dafür gab es nur eine Strafe …
    Hurgan gähnte vernehmlich, während sein Statthalter
vor ihm kniete. Er wusste natürlich, dass nichts mehr aus dem Volk zu pressen war, dass das ganze Reich fror, hungerte und siech war. Er wusste auch, dass Maginulf jedem Erstgeborenen den Kopf abgeschlagen hätte, wenn sich dadurch die Möglichkeit geboten hätte, seinen Herrscher zufriedenzustellen. Maginulf war loyal, bis zum Tod und weit darüber hinaus.
    Allein - es nutzte nichts.
    Wenn Hurgan sein dunkles Reich auf etwas gebaut hatte, dann auf die Gewissheit der Menschen, dass es keine Gnade gab. Für nichts. Für niemanden. Er hatte Gnade ausgerottet, ebenso wie Hoffnung und Mitleid.
    »Du warst ein treuer Gefährte, hast Blut gebracht, wo Blut verlangt war«, knurrte er.
    »Und ich will es weiter tun«, sagte Maginulf, ohne den Blick zu heben. »Für Euch und für das Reich.«
    »Als ob ich dich leben lassen könnte, nachdem du versagt hast. Welches Beispiel würde das geben?«
    Nun wagte der Statthalter es doch, seinen Herrn anzusehen. »Wird mein Nachfolger Euch mehr dienen können als ich? Bin ich lebend nicht mehr wert als tot?«
    Hurgan lachte kurz und schmutzig. »Du bist gar nichts wert. Lebend wie tot.«
    Er schnippte mit den Fingern, und das Tier hörte sein Kommando. Es brüllte, hungrig und wild. Wahrscheinlich war dies das einzige Geräusch, das einem Krieger der Horde Angst machen konnte. Hurgan löste die Kette vom

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