Das Erbe Der Nibelungen
dunklen Haaren, heller Haut und edler Seele. Ein Mädchen, das so rein gewesen war, dass es den blutigen Strom der Drachenjahre überstanden hatte und schließlich sein Glück in Island fand, an
der Seite eines Prinzen, der sie mehr liebte als sein eigenes Leben.
Die Seherin suchte in Elea dieses Mädchen und fand nur die adelige Hure, die ihre Tage der Langeweile mit Boshaftigkeit und Blasphemie verbrachte.
Irgendwann schickte Elea ihre drei Liebessklaven fort und wusch sich in einem Zuber mit warmem, wohlriechenden Wasser, wie es die Menschen von Worms seit Jahrzehnten nicht mehr genossen hatten. »Ich kann dich sehen, blinde Frau.«
Sie sagte es ohne Ansatz, ohne Überraschung. Die Seherin trat aus dem Schatten und war wütend über sich selbst - Elea hatte immer schon einen Hang zu den schwarzen Künsten gehabt und konnte die Welt ohne die Schleier sehen, die die Götter den Sterblichen überlegten.
»Es wird ein Sturm kommen«, sagte die Seherin.
Die Prinzessin ließ sich von düsteren Worten nicht einschüchtern und sah die Seherin provozierend an. »Wir sind der Sturm, blinde Frau. Wir haben den Kontinent genommen und keinen Stein auf dem anderen gelassen. Unsere Macht ist allumfassend.«
»Es ist die Macht über die Machtlosen«, hielt die Seherin dagegen. »Was für ein Reiz liegt darin, die zu unterjochen, die keinen Widerstand mehr leisten können? Du spürst die Leere in deinem Herzen, Elea.«
»Ich könnte dich töten«, antwortete die Prinzessin. »Das würde mir sicher Freude bereiten - für einige Stunden.«
»Hurgan wird fallen. Die Tage deines Vaters sind gezählt.«
Elea hielt inne - das war eine gewagte Aussage, deren Wahrheit es sorgfältig zu erforschen galt. »Entstammt das deinem Wissen oder deinem Wunsch?«
»Was zu lange steht, fällt«, erklärte die Seherin. »Ob Baum, Haus, Mensch - oder Imperium. Die Natur verlangt nach Erneuerung, nach einem neuen Zyklus. Hurgans Zeit geht zu Ende, auch wenn sein Geist sich weigert, es zu sehen.«
»Was wird danach sein?«, wollte Elea wissen.
»Die Antwort darauf ist das Einzige, was die Götter ungewiss gelassen haben - sie versprachen Hurgan ein ewiges Reich. Mit seinem Tod wird alles neu. Alles ungewiss.«
Elea dachte ohne falsches Mitleid darüber nach, wie sie vom Tode ihres Vaters profitieren konnte. Schon der Gedanke, dass der morgige Tag nicht mehr sein müsste wie der gestrige, ließ wohlige Schauer durch ihren Körper laufen.
Rahels Augen wurden groß. »Schwanger?«
Sie sagte es etwas zu laut, und Brynja zischte, sie solle leise sein, während sie gemeinsam nebeneinander auf dem Feld hockten und Rüben aus dem Boden zerrten. »Wenn ich es dir sage.«
»Lass das nicht die Horden-Krieger wissen«, flüsterte Rahel. »Mit Kind bist du eine Last, und das wird man nicht hinnehmen.«
»Wie meinst du das?«
Rahel drehte sich vorsichtig um und sprach noch leiser. »Es gab schon Sklavinnen, die hier schwanger wurden. Einige hat man gleich erschlagen, anderen wurde das Kind genommen, lange bevor es geboren werden sollte - die wenigsten Frauen haben es überlebt.«
Es war eine furchtbare Vorstellung, doch Brynja blieb erstaunlich ruhig. Das zweite Leben in ihrem Körper hatte etwas verändert. Tief in ihr war es ganz still, und ihre Seele
war wie ein Stein, dessen Gewicht verhinderte, dass sie in Gedanken schwankte. Alles war klar und jedes Ziel vorgegeben: Das Kind behalten. Aus dem Lager fliehen. Sigfinn finden. Hurgan töten.
Der Tag ging zu Ende und mit ihm die Fronarbeit der Frauen. Die Horden-Krieger führten sie an einem kleinen Fluss vorbei, in dem sie sich waschen konnten und der ihnen ein wenig Erfrischung gab und Wasser für ihre Kehlen. Viele der Sklavinnen zogen für dieses Ritual ihre Hemden aus, um die geschundenen Körper in den kühlen Strom zu tauchen.
Brynja behielt ihr Hemd an. Man musste zwar sehr genau hinsehen, um den Ansatz eines Bauches zu erkennen, aber sie war sicher, dass einige der Frauen in diesen Dingen sehr bewandert waren.
Irgendwann stand Walda neben Brynja. Sie war schon lange hier, und ihre zähen Muskeln waren ein Beweis, dass ihr Körper sich nicht brechen lassen würde. Das rote Haar ließ sich von einem Lederband kaum bändigen, und an Größe kam sie manchem Horden-Krieger nahe. Unter den Sklavinnen war sie so etwas wie eine Anführerin, und Rahel hatte Brynja früh nahegelegt, sich nicht mit ihr anzulegen.
»Die Grenzherren sollen bald kommen«, sagte Walda knapp.
Brynja wusste, was
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