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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Tochter nicht vor seiner Burg Schlange standen! Sie musste unbedingt herausfinden, was da vorgefallen war, auch damit die Sterne den Grafen von Toulouse im Zweifelsfall warnen konnten. Er stand ohnehin schon unter Kirchenbann. Die Freundschaft mit einem Raubritter oder was immer sonst Sophias Vater sein mochte, würde ihm da nicht gerade helfen.
    Sophia folgte Miriam in den Stall. Unterwegs nahmen sie sich etwas gebratenes Huhn mit, das unter vielem anderen für die Ritter und Turnierbesucher in einer der Garküchen angeboten wurde. Hunderte von Gockeln brieten am Spieß, es gab Fleisch aller Art, frisches Brot und Brei – der Bischof und der König würden das Volk noch tagelang großzügig verköstigen. Sophia knabberte schüchtern an einem Hühnerflügel. Entgegen ihren Behauptungen war sie sichtlich hungrig.
    »Wir wohnen in einer schrecklichen Herberge«, gab sie Auskunft, als Miriam sie fragte, ob und wo sie denn gefrühstückt habe. »Dort ist es verlaust und verwanzt – ich mag es gar nicht laut sagen, Herrin, aber ich habe vorhin einen Floh in meinem Ärmel gefunden!«
    Miriam lachte. »Ach, wenn’s nur einer ist, Kind …« Ihr war da auf den Reisen mit Martinus Magentius Schlimmeres widerfahren.
    Sophia allerdings schüttelte sich. »Es ist grauenvoll. Ich musste mit Mutter und Vater ein Bett teilen – na ja, Vater ist dann ja nicht heimgekommen, der zechte wohl mit Herrn Raymond. Aber es gibt überhaupt nur einen Raum für alle Gäste. Und die Ritter …«
    Miriam konnte es sich denken. Sophia hatte die Nacht zweifellos unter einer Decke versteckt in der äußersten Ecke ihres Alkovens zugebracht. An sich unzumutbar für adlige Frauen, aber es bestärkte Miriam in ihrem unguten Gefühl. Der Bischof hätte dieser Familie ein Obdach geben können, selbst wenn es nur ein einfaches Gemach gewesen wäre. Aber das Mädchen und seine Eltern wurden gemieden.
    Sophia schlang ein weiteres Stück Huhn herunter, während Miriam ihren Reisemantel für sie heraussuchte. Das junge Mädchen nahm ihn etwas misstrauisch in Empfang, aber er roch nicht muffig nach dem Transport auf dem Pferd, sondern duftete nach einem exotischen Parfüm. Sophia hatte so etwas noch nie gerochen, aber es vertrieb aufs Angenehmste die Erinnerung an die Bier- und Fettdünste und den Gestank der ungewaschenen Leiber in ihrer Herberge. Miriam lächelte ihr verständnisvoll zu.
    »Hier, Kleines«, sagte sie, während sie den weiten Umhang um Sophias zierlichen Körper drapierte. Der weite Schleier verdeckte ihr goldblondes Haar vollständig, aber Miriam verzichtete darauf, ihn auch noch um ihre untere Gesichtshälfte zu winden. »Jetzt seid Ihr grau wie ein Mäuschen, und wärmer sollte Euch auch sein. Euer Kleid ist ja wunderschön, aber auch nicht gemacht für einen Tag auf dem Turnierplatz. Habt Ihr denn nichts Wärmeres anzuziehen?«
    Miriam, die ein wollenes Kleid und einen ebensolchen Umhang trug, hatte bemerkt, dass ihr Schützling fror.
    Sophia zuckte die Schultern. »Doch, natürlich, aber mein Vater hieß mich, mich festlich zu kleiden.«
    Miriam lächelte. »Der hat sicher noch nie stundenlang unter einem Ehrenbaldachin gesessen und den Rittern beim Tjost zugeschaut«, meinte sie.
    Sophia nickte ganz ernsthaft. »Nein, Herrin, mein Vater reitet mit. Er ist ein starker Ritter, er hofft, sich auszuzeichnen.«
    Also war der Vater des jungen Mädchens zumindest seiner Ritterwürde nicht verlustig gegangen. Miriam fiel ein Stein vom Herzen. Kein Kirchenräuber also, kein Vergewaltiger und kein Mörder. Jedenfalls keiner, der sich hatte fangen lassen.
    Sophia streichelte Miriams weißes Maultier und wechselte das Thema, bevor sie weitersprechen konnte. »Das ist eine feine Stute. Ich wünschte mir auch ein eigenes Pferd oder Maultier. Aber ich habe niemanden, der mit mir ausreitet.« Wieder wirkte sie traurig.
    Miriam beschloss, vorerst nicht weiter nachzuhaken. »Dann mögt Ihr vielleicht einen Gang über den Pferdemarkt machen«, schlug sie vor. »Wir haben noch viel Zeit. Und vielleicht findest sich ja ein Zelter, der Euch gefällt.«
    Dietmar hatte einige Pferde gefunden, die ihm gefallen hätten. Die Ritter, die im Turnier verloren, büßten traditionell ihre Pferde und Rüstungen ein – die meisten lösten sie gleich wieder beim Sieger aus, einigen fehlte dafür jedoch das Geld, und dann kamen die Pferde auf den Markt. Was sollte der Sieger schließlich mit einem fremden Streithengst? Schmunzelnd erkannte Dietmar auch den Schecken,

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