Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
gewusst.« Ajana schluckte schwer. Mit einem Schlag war alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen. Hilfe suchend schaut sie zu Inahwen hinüber, in der Hoffnung, sie würde der Magun widersprechen. Doch die Elbin nickte nur und schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln. »Es ist leider nur allzu wahr«, stimmte sie der Magun zu. »Lange konnte niemand sagen, wo die Uzoma den Stab versteckten, nachdem sie ihn gestohlen hatten. Doch mit dem Versuch, euch auf dem Weg zum Fluss aufzuhalten, hat Vhara sich selbst verraten. Allein mit seiner Hilfe hat sie euch so schnell finden können.«
»Demnach kann ich noch gar nicht nach Hause zurückkehren?«, fragte Ajana erschüttert. Plötzlich fühlte sie sich ausgenutzt und betrogen, und sie spürte, wie eine heiße Woge der Enttäuschung in ihr aufstieg. »Warum habt Ihr mir das nicht gesagt?«, fuhr sie Inahwen erbost an. »Warum habt Ihr mich in dem Glauben gelassen, ich könne jederzeit heimkehren, sobald ich meine Aufgabe erfüllt habe?«
»Als wir uns am Pass trennten, ahnte noch niemand, dass Vhara den Mondstein für sich zu nutzen weiß«, erwiderte Inahwen ruhig. »Erst als wir hier in diesem Raum auf dich warteten, wurde uns klar, dass der Angriff der Uzoma am Arnad und Mayleas Entführung ohne die Kräfte des Mondsteins niemals möglich gewesen wären.«
»Ist das wahr?«, wandte sich Ajana an Maylea.
»Es ist, wie Inahwen sagt. Emo.« Maylea nickte. »Ich habe den anderen von meiner Entführung berichtet. Dabei wurde offensichtlich, dass die Priesterin des dunklen Gottes dich und nicht mich entfuhren wollte. Sie war sehr zornig, als sie den Irrtum der Krieger bemerkte.« Sie schaute Ajana betrübt an. »Ich fürchte, die Magun hat Recht. Solange Vhara den Stab besitzt, bist du in großer Gefahr.«
Ajana schwieg. Sie wusste nicht mehr, was sie sagen oder denken sollte, und war völlig verwirrt. Der einzige klare Gedanke, der in dem Chaos ihrer Gefühle immer wieder auftauchte, war so grausam und unerbittlich, dass sie glaubte, ihn nicht länger ertragen zu können: Ich kann nicht nach Hause.
»Die Verbindung zwischen den beiden Mondsteinhälften, so tragisch sie uns jetzt auch erscheinen mag, birgt eine große Hoffnung in sich.« Nur undeutlich durchdrang die Stimme der Magun den Sturm der Gefühle, der in Ajana tobte. Doch sie wollte nichts mehr hören. In einer reflexartigen Bewegung hob sie die Hände an den Kopf, um sich die Ohren zuzuhalten, als das Wort Hoffnung sie aufhorchen ließ.
»Wenn es Vhara gelungen ist, Ajana mit Hilfe des Mondsteins zu finden, so kann Ajana uns auf dieselbe Weise auch zu ihr führen«, erklärte die Magun weiter. »Wo auch immer sie sich verbergen mag, wir werden sie finden. Schnell und ohne kostbare Zeit zu verlieren.«
»Beim Barte des Asnar, ich fürchtete schon, alle Höhlen der Orma-Hereth nach dieser Schlange absuchen zu müssen«, rief Bayard erleichtert aus und wandte sich an Ajana. »Es tut mir aufrichtig Leid, dass sich Eure Heimreise auf so tragische Weise verzögert«, sagte er in ehrlichem Mitgefühl. »Aber wir alle sind nur Figuren im großen Spiel des Schicksals. Niemand kann vorhersehen, wohin es ihn fuhren mag. Doch seid gewiss, dass ich nicht zögern werde, mein Leben dafür geben, dass die verlorene Mondsteinhälfte wieder nach Nymath zurückkehrt und Ihr sicher und unbesorgt heimkehren könnt.«
»Das ist sehr freundlich von Euch.« Ajana schenkte Bayard ein zögerndes Lächeln. »Aber erwartet nicht zu viel von mir. Niemand hat mich darin unterwiesen, wie ich das Amulett anrufen muss, damit es uns den Weg zur zweiten Mondsteinhälfte zeigt. Ich fürchte, ich werde es nicht ohne Gaelithil …«
»Sei unbesorgt«, unterbrach Inahwen sie sanft. »Alle Elben wissen die Kräfte des Mondsteins wohl zu nutzen, und auch du kannst es erlernen. Ich werde euch begleiten und dich darin unterweisen, sobald wir die Wüste erreicht haben.«
»So sei es denn!« Die Magun schien über den Verlauf der Beratung sichtlich erleichtert zu sein. »Ein Wegfinder der Vaughn wird euch beim ersten Licht des Morgens zu dem geheimen Weg durch die Höhlenwelt des Pandarasgebirges bringen. Er wird euch hindurchführen und auf die andere Seite des Arnad geleiten. Nutzt die Zeit bis dorthin, um euch zu stärken, ein wenig zu ruhen und eure Habe zusammenzusuchen. Eine weitere beschwerliche Aufgabe liegt vor euch – und die Hoffnung eines ganzen Volkes ruht auf euren Schultern.«
»Aber was wird aus dem Tribunal?«, wagte Oona, die die
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